Der gegenwärtige Zustand meines Geistes

Mein Geist versucht, eine so universale Perspektive zu entwickeln wie nur möglich. Das Universale ist konnotiert mit dem Ganzen, und das Ganze ist zum einen das Eigene und zum anderen das Andere. Es ist gut, dass ich das Andere so leicht zu erfassen und ergreifen imstande bin, denn so ergreife ich progressiv das Universale. Um das Universale tatsächlich zu erfassen und ergreifen, sollte es ein osmotisches Verhältnis zwischen dem Eigenen und dem Anderen geben: so wird das Eigene, über die Osmose mit dem Anderen, progressiv universaler. Es ist gut, dass ich zu solchen osmotischen Verbindungen mit dem Anderen fähig bin. Und vielleicht wäre es gut, wenn auch andere Menschen in vergleichbarer Intensität und Ernsthaftigkeit zu solchen osmotischen Verbindungen mit dem Anderen fähig wären: Man sollte daher mein Hirn erforschen, wieso es diese spezifischen Qualitäten aufweist, und die Gehirne der anderen daran anpassen. Das Eigene und das ganze Andere ist schließlich das Ganze, und die Erfassung und Ergreifung des Ganzen ist das Universale. Die Sprache des Universalen kann schlecht eine reguläre Sprache sein, sein Ausdruck schlecht ein herkömmlicher Ausdruck. Das Eigene lernt man wesentlich über das Andere kennen. Das Andere ist einerseits beredt, andererseits schweigsam und drittens sendet es bisweilen rätselhafte Zeichen aus, und es steht vor demselben Problem hinsichtlich seiner Selbstvergegenwärtigung wie das Eigene. So ist die Sprache des Ganzen – das Universale – ein zum Teil verständlicher Text, zum Teil ein Fluss von Anekdoten, Sinnsprüchen, Witzen von unterschiedlicher Qualität, Abschweifungen, Ritualistiken und Höflichkeitsformeln, Beschwörungen etc., und zu einem weiteren Teil ist sie schwer verständlich, elliptisch, zerklüftet, inkommensurabel, stellt Blöcke gegeneinander auf, errichtet Mauern. Und so übernehme ich mittlerweile diese Sprache ganz natürlich, die Sprache des Universalen; in der es Helles – grell Helles – gibt; und absichtlich Dunkles. Die Welt ist Licht und Schatten. Diese Sprache sollte zum Mitdenken einladen, zur weiteren Errichtung und Fortschreibung des Universalen. Diese erfordert eine gewisse Anstrengung, denn das Universale ist nicht das unmittelbar Gegebene, sondern muss aufgespürt werden.

Der hingeschiedene Ex-Papst erinnert mich an das ehrwürdig Hierarchische, das teilweise Schroffe und Unzugängliche, das der Katholizismus verkörpert, und das ich teilweise gut finde. Das Universale ist tiefer im Sein, älter und übergeordnet. Die eigene Subjektivität ist kleiner und unwichtiger: kann sich jedoch an das Universale annähern. Das ist die Aufgabe, ist Imperativ für die Subjektivität. Das Universale ist das Göttliche. (Das Göttliche ist dabei noch nicht Gott, sondern imitiert ihn nur.) Das Sein hat Koordinaten. Da ist zum einen eben diese Achse der Ordnung, des Starren, Erhabenen, Ehrwürdigen. Zum anderen verläuft da die Achse des Chaos, der Revolution, letztendlich auch der Auflösung. Gemeinsam spannen sie den Raum der Freiheit und der sinnvollen Beschränkungen der Freiheit auf. Freiheit ist für mich, so stelle ich bei der Gelegenheit fest, im Übrigen aber keine allzu relevante Kategorie. Auch meine Philosophie handelt kaum von der Freiheit. Vielleicht, weil meine innere Freiheit so groß ist, dass ich sie nicht einmal als solche empfinde. Beziehungsweise, weil Freiheit und die Erlangung von Freiheit für mich keine Probleme sind. Vielleicht, weil ich weniger einem Impuls der Freiheit zu folgen empfinde, sondern einer Konsequenz und Folgerichtigkeit, die sich nicht unmittelbar am Eigenen orientiert: dem Impuls, das Universale zu erfassen, und damit das Gerade, Richtige, Unumstößliche und Unkaputtbare; das, was den höchsten Wahrheitswert hat.

Ebensowenig, wie ich weiß, was Freiheit genau ist, und was daran so wichtig sein sollte, weiß ich auch nicht so recht, was Macht ist. Folgerichtig weiß ich auch nicht so recht, was Angst ist. Folgerichtig auch nicht, was Unsicherheit ist; außerdem nicht Neid, Hass, oder Kränkungen. Kränkungen sind Spuren, die sich in das Eigene, in ein Ego einschreiben. Wo keine solche Schreibfläche vorhanden ist, kann sich also keine Kränkung einschreiben. Kränkungen sind ein lokales Ereignis, das Universale aber ist nicht-lokal. Daher empfehle ich auch deswegen, sich vom Eigenen und dem Egoischen abzuwenden, und eine universale Perspektive anzustreben: schon einmal allein aus Eigennutz.

Überhaupt scheint diese Konsequenz des Impulses, das Universale zu erfassen, als das vielleicht Befreiendste von allem: denn es befreit vom Gefängnis der eigenen Subjektivität, indem es eine transzendente Perspektive anpeilt. Es übersetzt das Eigene unmittelbar in das Andere, bzw. ins Allgemeine und Objektive. Das Eigene ist ein lokales Ereignis, das Universale aber ist nicht-lokal. Das Universale bezieht sich auf die geistige Erfassung des Ganzen.

Durch das Universale zieht sich eine eherne gerade Linie: der Maßstab der richtigen Kritik. Kritik, das heißt: Trennen und Unterscheidungen treffen um einzelne Qualitäten, und ihr Verhältnis zueinander, richtig zu bestimmen. Vieles, vielleicht das Meiste von dem, was in dieser Welt Kritik ist oder sein will, ist ein ziemlicher subjektiver Mischmasch. Daher scheint es mir notwendig, den ehernen Maßstab der richtigen Kritik zu ergreifen. Hin und wieder passiert das in der Welt, das eine:r das tut. Um diesen ehernen Maßstab der richtigen Kritik und des Treffens von richtigen Unterscheidungen zu ergreifen und zu schwingen, ist es wohl notwendig, möglichst viel zu verstehen: also das Universale. Um das Einzelne zu verstehen, muss man zuerst alles verstehen.

Um richtig zu kritisieren, ist es notwendig, das zu erreichen, was Adorno mit seiner Negativen Dialektik anstrebt: so sehr zu differenzieren, dass es an das Kleinste heranreicht und das Individuellste erfasst. Die postmoderne Differenz ist weder universal noch individuell. Sie ist allein durch Differenz bestimmt und dadurch keine Entität, ein Mängelwesen.

Die postmoderne Differenz sollte überholt werden von einem Denken und Empfinden, einem denkenden Empfinden, einem empfindenden Denken, das also ins Kleinste und Individuellste hineinreicht. Und gleichzeitig ins Allgemeinste und eben ins Universale. Es scheint mir glücklicherweise so zu sein, dass sich dieses Eine und jenes Andere sowieso gegenseitig bedingen, wenn es richtig vonstatten gehen will.

Der Geist will differenzieren und synthetisieren. Mit der Differenz allein kann er nicht leben, denn die Differenz allein ist ein Mängelwesen. Der Geist will sinnvolle Grenzen ziehen. Das Universale ist letztendlich auch eine sinnvolle Grenzziehung. Es handelt sich beim Universalen um eine paradoxe Grenzziehung, denn die universale Grenzziehung arrondiert einerseits, andererseits bleibt sie offen und öffnet den Raum. Es ist eben eine durchlässige Scheidewand, eine semipermeable Trennschicht.

Es ist gegenwärtig zu einer Sache einer mittelmäßigen Intelligenz herabgesunken, das Universale zu verwerfen und es als totalisierend, implizit oder explizit als totalitär zu begreifen. Früher habe ich das auch spannend gefunden, heute aber nicht mehr so. Sache des Geistes ist es ja nicht, partikular und different zu werden – oder ewig „dialektisch“ zu bleiben – sondern universal. Wenn der Geist eine durchlässige Scheidewand, eine semipermeable Trennschicht bleibt, ist alles gut. Er erfüllt damit seine eigentliche Bestimmung: die Entwicklung des Universalen, das sich über Osmose vollzieht.

Mein philosophisches System vom Chaosmos kann nicht totalitär sein, denn neben der herrlichen Ordnung des kosmischen Prinzipes wirkt das chaotische Prinzip Totalisierungen und primitiven Vereinfachungen ganz genau entgegen. Es handelt sich beim Chaosmos und dem Universalen außerdem um kein „Wertesystem“, das sich der Welt aufoktroyieren will. Sondern um einen richtigen Gebrauch des Geistes. Auch wenn sein Raum offen ist, hindert ihn das nicht, in sich logisch und einheitlich zu sein und zu wirken, ein großer Kritiker und ein großer Aufräumer zu sein. Ein großer Sichvergegenwärtiger des Ganzen, das er also als das Universale erfasst. Das Ganze liegt möglicherweise nicht einmal da draußen in der Welt: die Welt ist womöglich nicht „ganz“. Das Universale – als Anschauung und Vergegenwärtigung des Ganzen (oder seiner Imitation) – aber liegt im Geist. Ich will weiter daran arbeiten, diese Einheitlichkeit und Logik des Universalen mir zu vergegenwärtigen.

Das ist der gegenwärtige Zustand meines Geistes, über den ich nun also erneut Zeugnis abgelegt habe, um mir und anderen zu helfen, ihn genauer zu verstehen und nachzuvollziehen und damit mir und anderen, wie ich hoffe, zu helfen, den Geist an sich zu verstehen, nachzuvollziehen und richtig zu gebrauchen; aus einem fernen Land, Anfang des Jahres 2023.

R.I.P. Benedikt XVI.

Gut finde ich am Katholizismus, dass er eine hierarchische Tiefengestaffeltheit der Welt andeutet, eine übergeordnete Instanz eines Gesetzes, das einerseits beschützt und Behausung bietet und anziehend wirkt, andererseits aber unnahbar ist, unkommunikativ, selbstgenügsam und deutlich von uns getrennt, von anderer, höherer Qualität. Das Erbauliche des Gedankens, dass wir gegen Gott immer unrecht haben, wie Kierkegaard das schon empfindet. Laut Pseudo-Dionysius ist Gott ein dunkles Licht. Anders gesagt, ist es die gleichzeitige Deutlichkeit wie Rätselhaftigkeit der moralischen Gesetze, die älter sind als wir und uns übergeordnet. Um diese radikale, inkommensurable, autonome Objektivität angemessen zu verstehen und zu würdigen und mit ihr koexistieren zu können, braucht es wahrscheinlich eine radikale, inkommensurable, autonome Subjektivität, wie schon Kierkegaard sie hatte und der das menschliche Maß wenig begegnen kann, sonst verfällt sie ins Rigorose. Ratzinger hatte diese radikale Subjektivität eben nicht; der Argentinier ist näher an ihr dran. Kierkegaard hat seine Subjektivität hauptsächlich in Gedanken ausgelebt, war weltabgewandt und nie in Argentinien. Außerdem war er eitel und selbstbezogen und hat Nebensächlichkeiten seines Lebens, wie die Lösung seiner Verlobung mit Regine, zu gigantischer Bedeutung aufgebläht bzw. sich selbst z.B. als “Verführer” quasi satanischen Zuschnitts. So ist auch er dem Rigorismus verfallen. Die Gegengewichte zum moralischen und intellektuellen Rigorismus – die guten und die schlechten – liegen glücklicherweise überall in der Welt, sofern man sie empfinden und genießen kann. Vielleicht ist das der Sinn der Schöpfung. Das posthume Paradies und Reich Gottes ist schließlich reiner Genuss – der in seiner höchsten Form in der genießenden Anschauung der höchsten Idee und Objektivität, also eben dem Göttlichen besteht.

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2022-12/joseph-ratzinger-papst-benedikt-xvi-freiburger-rede-2011

The Mystery of Banksy

Banksy time and again creates tasty and adequate images like that of Leanne the chambermaid, the Bomb Hugger, the Radar Rat or the black girl that overpaints the swastika on the wall that Banksy had painted there before. He is quick and handy to react to stuff like the corona crisis and he wants to show to people in distress that someone is there, someone cares for them, someone wants to bring a little relief to them. Occassionally he creates iconic images like the Balloon Girl. He acts like a very good publicity agency. One of that kind that time and again receives prizes for very good and creative adverstisements and advertisement stunts. What he does is creative, but not abysmally creative. It is a bit superficial, but not very superficial. This is a trap he skillfully avoids. If there are complex global or social issues, Banksy will adress them in a simplistic way. He acts like a world conscience. Like a single individual that cleans the atmosphere. Jeff Koons said that when he had to visit a modern art exhibition at school it had irritated him so much that he felt he never would want to have anything to do with art in his life. Based on that, he later decided to do art that will not unsettle people and will never make them uncomfortable with themselves. Banksy does not seem to be far from that either. As it appears, Banksy, in general, wants to make people feel good and comfortable with themselves. In a way that they do not really need to change or to grow: they are more or less super just the way they are. Including their aptitude to be concerned over global problems, war, racism or inequality. People, in general, are very concerned over global problems, war, racism or inequality. Never underestimate their capacity of people to be concerned over such issues. If this still does not make you feel good and feel very, very comfortable with yourself, then, well, it is quite likely that Banksy will start sucking your dick or give you a foot masssage. He will do everything in his power to make you feel good. Like his graffitis are often showing children, Banksy also does art that is interesting for children, and for the whole family. His Dismaland – A Family Theme Park Unsuitable for Children is particularly enteraining for children. That is no mean achievement, of course. Banksy is also good to the art world. In somehow mysterious and therefore interesting ways that can be talked about (without the need for more sophiticated intellectual analysis nor knowledge) he acts like a sparring partner to the art industry. Today´s art world likes to question, critisise and subvert itself (especially it delights on „institutional critique“) because it is insecure as the true creative potency within art (that is identical to itself and complex enough in order not to permanently need to „critisise“ and „question“ itself) has withered for some unknown reasons. Therefore the art world is in need to do something else. Not least as there is a lot of money involved in it. Banksy´s  stunt to have his own artwork destroyed at a Sotheby´s auction further increased its market value. Not a bad desicion. There´s a film about Banksy called Exit Through the Gift Shop. I haven´t seen it, but I have seen the gift shop at the current Banksy Wanderzirkus exhibition. It´s a huge gift shop, and you can buy even a Banksy lavatory seat there. If you´re an artist and people like your stuff and want to buy it, that´s cool. Turn it into a commodity, no problem. However, and especially if you drive it to such extends, it will interfere a bit with your anti-capitalist aura and contaminate it. If you willfully accumulate riches that way in order to donate it to charity, then it´s, of course, cool again. Banksy is nice to everyone. There is not so much mystery about Banksy actually. It is a well-dosed, meticulously constructed mystery, as it may occasionally appear. The true identity of Banksy is unknown. We will assume that Banksy deeply cares for people and their problems. Of course, he will also need to care for himself. There is nothing wrong with caring for yourself too. The mystery of Banksy however is that it can also be seen – in a non-contradictory way – as a publicity agency and a machinery that is exclusively devoted to increasing its own market value and widen its spheres of circulation. That is probably not what it is. But that is the true mystery that it poses.

Recently I have been to the Moco Museum in Amsterdam. The Moco Museum is devoted to the most contemporary art, notably to that of Banksy, and to present this art to the younger generation. It is full of stupidities, but I have to say that I liked the museum. It was a pleasant experience I still cannot, however, fully decypher. It took me more by surprise than the Rijksmuseum. I cannot finally decypher contemporary art either, but finally I like this age of apparently mindless oddities and idiosyncracies that colonise the museum space and that make today´s art. It is probably better than the age of Abstract Expressionism or Surrealism. Modern art was mysterious, but it was also identical to itself. Today the atmosphere is more fluid and probably also more enigmatic. Maybe art has never been as mysterious as it is today. It is probably that mixture between bluntness and underdeterminedness that makes it cosy and immersive. That it resists to be truly immersive although art usually calls for immersion. Its mysterious superficiality that gives it a light weight. It is an intellectual riddle and it opens the space of imagination, actually wider than ever before. A society that can afford to render its art so ineffective must have reached a very high level of civilisation, sophistication, rationality and complexity. It must be a very interesting and stimulating society. As always, I have failed to thoroughly describe it. Such is the essence of mysteries. Mysteries invite us to an ongoing journey.

Helmut Newton and the Beauty and the Objecthood of Women

I like subjectivities. When I look around, I actually only see subjectivities, that blossom, that vibrate, that shake. That are very alive. Like a five year old child live in a de facto animistic world. I have trouble identifying what an object is, since also objects appear to want to speak to me or try to establish a relation with me; which, by definition, objects don´t do. I stand permanently under impressions and I am permanently impressed. And impressions are subjective. They invoke the most subjective: your glorious mind. The mind does not want to possess. The mind wants to establish relations that make sense, it wants to establish communion of all things, subjects and objects alike. The mind is perfectly sentient, and sentience is the core of subjectivity. Since I strive to be mind, I only see subjectivities.

The perfect illustration for subjectivity and sentience is beauty. The perfect illustration for beauty is the feminine. The feminine blossoms, the feminine is always in bloom. The feminine always thrives and flourishes. I like to look at the feminine because it vitalises, it bubbingly springs from the below like the fountain of youth, like the source of life. I like to look, for example, at ads from the golden age of advertising (1940s-1970s) that depict women. Or pin ups from that time, notably by Gil Elvgren. The feminine is harmless and friendly. The feminine enjoys itself and wants everyone and everything else to enjoy itself alike. The feminine wants to create joyful and beautiful environments. Women are the better human beings, the superior sex. They embody dignity, grace, self-containedness. They enjoy themselves easier, they embody the pleasure principle. While men embody the sober reality principle, women embody the exuberant pleasure principle. They are not as raw and primitive as men: they are women. The elegance of their form; the elegance of their curves. Their bodies do not radiate the violence, the inadequancy and the threat potential male bodies do. While the male body has the surface qualities of wood or of plastic, the female body equals velvet or silk. There are people on Facebook with an eye for idiosyncracies and beauty, many of them women. Yet also these women prefer to post women over men when they try to post beautiful things. The feminine and the female form is the most universal signifier for beauty.

Sometimes – at present, most of the time – there are complaints about a male gaze, which is understood as an objectifying gaze. It is brought into the discourse mostly by women who are feminists and, most recently, also by men who undeniably beam with vanity and who want to show the feminists how progressive and how enlightened they are. I don´t know exactly what a male gaze is, because I am quite feminine, and I like it that way. Since I also only see subjectivity, I also have some difficulties depicting an objectifying gaze. The objectifying gaze is meant to turn something that is allegedly vividly subjective into an object, into something commodified, that is at your disposal. I don´t know how often such a thing happens, and how often men would look on women with such an objectifying gaze, or with such an attitude. Of course, stuff like this will pass, from time to time at least, in this sorry world – I should know this because I have studied sociology – ; but this has little to nothing to do with my personal environment, nor the people I know. It will happen somewhere in the shadow realm, or in the netherworld, etc. To me, it is something very vague. When people think they see some special kind of gaze everywhere, it is most likely so because it´s their own gaze with which they perceive the world and try to make sense out of it. So if someone complains about the omnipresence of an objectifying gaze it may be immiment that this person´s gaze is in itself the agency that abhorrs subjectivity, and instead turns everything into an object at one´s disposal all by itself. For instance, as it appears, the more some individuals care about gender, the less they seem to care about diversity (and the more the care about diversity, the less they seem to care about gender). This may be so because of their objectifying gaze.

In Helmut Newton´s photography, women seem neither objectified nor thriving in subjectivity. They give me a hard time. Because they seem to lack grace. These women seem to be free. They seem to be in possession of themselves. But they are highly unnatural. They are not enjoying themselves. They don´t seem to have any emotions. So, in a way, they are not even images, or icons. Neither way, they seem to function as a reflection on an image, some kind of meta stuff related to the image. (They form an imagery, idiosyncratic and distinct, though: a universe created by Helmut Newton.) They are neither present nor absent. Although Newton´s women are massive, they lack gravity. They are staged to be caught in an instant. Usually, an instant, a moment in art embodies eternity. Yet in Helmut Newton´s photography it is just something fleeting, instantly evaporating, a whiff, air. Helmut Newton´s photographies are not exactly memorable. Your memory will kind of throw them away in an instant as well. Because there also usually are no memorable shapes and forms in his photography. Although Newton is a master photographer, he does not display a language of someone who has systematically meditated about shapes and forms. His stuff is fresh and virgin all alike, yet it also seems that he drags his models into settings that lack any character. It always seems that his settings come ad hoc; such a spontaneity is likeable, admirable; yet finally it seems to lack fixation and being grounded. His models are staged in somehow tasty environments, sometimes elegant ones, sometimes in environments that are in some interesting and tasty way deserted. Your first impression would be that these women are in no way related to their environments, that they are not actually situated in their environments, that they are not rescued, that they do not thrive in their environments. The second impression is that they are perfectly related to these environments: in their mutual unrelatedness, in their mutual detachedness. Aliens in an alien world. So it all adds up to something tasty, something somehow interesting. And something somehow meaningless and senseless. The environments in Helmut Newton´s photography are meaningless and senseless. They´re indifferent; like the women who appear in them. Like the environments are senseless, the women are senseless. Since in Helmut Newton´s photography women seem neither objectified nor thriving in subjectivity, they finally seem senseless. Neither the women nor the environments tell any stories, or carry psychology. Newton says he does not give the models in his shots any psychology. Because the industry is not interested in psychology – as he hesitantly adds. Yet the industry is an omnivore that swallows up and devours anything. Maybe it is Newton who is not interested in giving a psychology to the models in his shots – and to anything in his shots. For one reason or another (maybe for this reason) Helmut Newton´s photography has provoked anger among feminists. That seems counterintuitive, since Helmut Newton´s women are obviously not powerless, rather powerful and determined, almost masculine ones, Tank Girls. They are not exactly objectified. Yet, in another way, due to their lack of psychology they are underdetermined as humans. They are not, and cannot be, exactly objectified since: how would you objectify a robot? That might be a bigger shame. Does Newton adore strong women, or is he actually some kind of necrophiliac? Helmut Newton says that he likes strong women; not necessarily in his life but in his art. When the leading German feminist, the abrasive Alice Schwarzer, accuses Newton (apart from being a fascist, a racist and a sexist) of deriving particular pleasure, an icing-of-the-cake pleasure, from subjugating explicitely powerful women you may find that ridiculous and as one of her usual antics, yet, upon reflection, after immersing a bit more into Newton, you may be more inclined to think twice about that possibility. Consistently, the Newton model´s eyes are unearthly. Their eyes seem to relate to the unearthly gaze that is inflicted on them. One does not know whether Newton´s models are alive or dead, in a world alive or dead. They are un/dead. Being un/dead however is not something that finally adds up. Between an insight into the purely subjective (or, if you may, the Platonic idea(l)s) and the objectifying fe/male gaze there lies the glorious ZWISCHENREICH, Mittelerde, the realm of normal, ordinary human perception. Yet Newton´s realm is so alien that it is not even located in the ZWISCHENREICH; rather, it is a shadow doppelgänger of the ZWISCHENREICH, that reveals itself when you crack open perceptions that manifest in the ZWISCHENREICH. I do not think they are the deeper truth of the ZWISCHENREICH, however. They are something alien to even that. They are situated in a limbo, in a state of suspended animation. Yet, to increase the irritation, they actually seem to be in a limbo of a limbo. Or so. Finally, Newton´s phtography seems to offer glimpses into another planet, with inhabitants even more inauthentic and detached from themselves than the ones that dwell on this planet (and in the ZWISCHENREICH). I like Woman Entering the Ennis-Brown House by Frank Lloyd Wright from 1990 though. It shows a very interesting women, who additionally appears to have perfect breasts. Helmut Newton says he enjoys being a fashion photographer since he likes to photograph women. And being a top fashion photographer gives him the opportunity to photograph the most beautiful and elegeant women of the world, in the most distinguished environments, most expensive clothes, best make-up, etc. And then he does not make out more of it than that! In a way: clever! A comment on the parallel universe of fashion industry and the zombie people who consume Elle, Vogue or Playboy. An unpersonal, an objectified beauty you have in the fashion industry. I usually cannot relate to the beauty of fashion models. My kind of beauty is when objective beauty standards are met by something that is highly personal and idiosyncratic. For this reason, I like, for instance, model Ryonen. Her beauty is very idiosyncratic. She has some 2000 fans worldwide after all. But they are very devoted to her. Ironically, like Helmut Newton´s models, Ryonen never smiles. So her fans call her the most beautiful robot in the world. (Also Billie Eilish hardly ever smiles; and her first compilation album is called Don´t Smile At Me.) The only occasion I ever saw Ryonen smile is when she was looking at a painting of Bouguereau (coincidentally, a master painter of female subjectivity).

Sexism, racism, homo/transphobia, objectification etc. are problems. But there also are other problems like ignorance, directionlessness, weak personalities, self-saturated mediocrity or inferiority. Given an amount of problems like this, ordinary human sanity in itself may be the problem. I therefore advocate hypersanity. Hypersanity means that you are able to see subjects and objects from many different viewpoints and to emotionally and morally relate to them in more complex ways. Likewise, the more you are able to let the outside world in, the less dominant your „ego“ will become and the less objectifying and the more rational your gaze. The supersane gaze, the all-seeing eye, that will also see all virtual aspects of things. With the transcendental gaze you will see a lot of images and virtualities popping up at any given moment; although there will be perfect calmness there will also be a lot of activity. There is one image that is the deepest image of all, the transcendental image that cannot be transgressed, that will pop up all alike in this ordered chaos, before it vanishes again to give way to something else again (but will reappear time and again); that will yet remain a ground, stable and unaffected. It will probably be a pin-up by Gil Elvgren.

Gil Elvgren’s Pin-Up Girls And Their Photo Reference | Amusing Planet

Esther Vilar und der dressierte Mann

Gewidmet … den wenigen Männern, die sich nicht dressieren lassen, den wenigen Frauen, die nicht käuflich sind – und den Glücklichen, die keinen Marktwert haben, weil sie zu alt, zu hässlich oder zu krank sind.

Widmung zu Der dressierte Mann

In meiner argentinischen Familie gibt es viele Frauen aus diversen Generationen. Nicht alle lehnen Chilenen, Chinesen, Brasilianer, Homosexuelle, Kapitalisten, Polizisten oder gegnerische Fußballvereine ab. Aber keine von ihnen mag Feministinnen. Esther Vilar ist Deutschargentinierin. Sie hat 1971 das Buch Der dressierte Mann veröffentlicht. Aus einer Wut auf die Frauen und auf die Frauenbewegung heraus. Oder vielleicht auch aus einer Wut, aus irgendwelchen Gründen, auf sich selbst. 1975 hat sie im Zusammenhang mit ihren provokaten Thesen ein legendäres TV-Duell mit Alice Schwarzer ausgetragen, das Alice Schwarzer berühmt gemacht hat (Esther Vilar war schon vorher berühmt). Während Alice Schwarzer fünfstellige Eurobeträge an Steuern hinterzogen und ins Ausland geschafft hat, mit der (für Dikatatoren üblichen) Begründung, dort einen Finanzpolster zu haben, falls sie außer Landes fliehen muss, hat Esther Vilar Deutschland tatsächlich im jenem Jahr verlassen, da sie über Jahre hinweg Drohungen und Morddrohungen erhalten hat, Lesungen von ihr nur unter Polizeischutz stattfinden konnten, und sie dauernd von Feministinnen auf Damentoiletten zusammengeschlagen wurde (die von der Schwarzer aktuell in der Transdebatte wieder mit der üblichen Wut und medienwirksamen Vehemenz als Rückzugs- und Schutzräume für Frauen verteidigt werden). Eine mutige Frau; eine integre Frau! Die sich nicht davor gescheut hat, erfolgreich ihren Weg zu gehen und unbequeme Wahrheiten auszusprechen. An und für sich die Vorlage für einen Idolstatus unter der Frauenbewegung. Mit ihrer Wut auf die Frauen und auf die Frauenbewegung hat Esther aber eben auch einen Haufen Wut auf sich gezogen, vor allem von Seiten der Frauenbewegung.

Kernthese vom dressierten Mann ist dabei, dass es nicht der Mann sei, der die Frau unterdrückt, sondern umgekehrt die Frau, die den Mann unterdrückt und ihn, zu ihrem eigenen Vorteil, dressiert – um von ihm versorgt, gefüttert und beschützt zu werden:  Die Frau lässt den Mann – nur aufgrund der Tatsache, dass er ein Mann ist und sie etwas anderes, nämlich eine Frau – bedenkenlos für sich arbeiten, wann immer es eine Gelegenheit dazu gibt. Selber tut die Frau dabei fast nichts, und besteht daher also auch aus fast nichts. Sie muss sich ja nichts aneignen, außer eben einen Mann, der sie heiratet und der alles für sie tut. Wir haben gesagt, die Frau sei, im Gegensatz zum Mann, ein Mensch, der nicht arbeitet. Man könnte hier die Definition der Frau schon abschließen – viel mehr lässt sich wirklich nicht über sie sagen –, wäre nicht der Begriff Mensch ein zu umfassender, zu ungenauer Begriff, um Mann und Frau damit gleichzeitig zu definieren. … Das menschliche Dasein bietet die Wahl zwischen einer mehr animalischen – also tierähnlichen, niederen – Existenz und einer geistigen. Die Frau wählt fraglos die animalische. Körperliches Wohlbefinden, ein Nest und die Möglichkeit, darin ungehindert ihren Brutregeln nachzugehen, sind ihr das höchste. Na Potzblitz! Wir Männer fragen uns ja immer und rätseln: was wollen die Frauen?? (und eine witzige Antwort unter uns Männern darauf lautet: mehr!). Aber da scheinen wir die Antwort endlich zu haben – wird sie doch noch dazu von einer dieser rätselhaften, allgemein in Nebel und in Schweigen – oder aber in belangloses, Nebelgranaten werfendes Sprechen – sich hüllenden Frauen ausgesprochen! Denn Esther Vilar ist eine Frau und kennt sich daher. Also muss das dann ja stimmen! Und wir denken immer, die Frauen hätten schwere Kämpfe auszufechten! Aber: Die Frau kennt keinen Kampf. Wenn sie ihr Studium abbricht und einen Universitätsdozenten heiratet, hat sie ohne Anstrengung das gleiche erreicht wie er … als Frau hat sie immer den Lebensstandard und das Sozialprestige ihres Mannes und muss nichts tun, um diesen Standard und dieses Prestige zu erhalten – das tut er. Der kürzeste Weg zum Erfolg ist deshalb für sie immer noch die Heirat mit einem erfolgreichen Mann.

Wenn ich mich recht erinnere, hatte meine Mutter den Dressierten Mann in ihrem Bücherregal stehen – während mein Vater tausende von Büchern in seinen Regalen hatte, die sich fast ausschließlich auf die Möglichkeiten der Befreiung der Arbeiter und allgemein der Entrechteten und Unterdrücken bezogen haben. Männer sind, nach meiner Erfahrung, geradezu besessen davon, die Entrechteten und Unterdrückten zu befreien – und also auch die Frauen zu befreien, die sie ebenfalls für entrechtet und unterdrückt halten. Als was sie erscheinen, wenn sie denn nach den Maßstäben der Männer gemessen werden: Es ist ganz logisch, dass der Mann, der die Frau für seinesgleichen hält und dabei mitansehen muss, was für ein stupides Leben sie neben ihm führt, glaubt er unterdrücke sie. Doch solange man sich erinnert, ist die Frau nicht mehr zu irgendeiner Unterwerfung unter den Willen des Mannes gezwungen worden, im Gegenteil: Es sind ihr alle Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, sich unabhängig zu machen. Wenn sich also die Frau in dieser langen Zeit nicht von ihrem „Joch“ befreit hat, dann gibt es dafür nur eine Erklärung: Sie hat keins. Also so was, also so was! Als Mann muss ich an dieser Stelle sagen: das hätten wir nie für möglich gehalten. Die Frau ist also nicht unterdrückt und steht unter keinem Joch! Aber Esther Vilar ist eine Frau. Die muss es ja wissen!

Da der Mann – im Gegensatz zur Frau – technikbegeistert ist und begeistert von den Möglichkeiten, eine bessere Welt zu schaffen, lässt er sich jedoch nicht beirren in seinem optimistischen, fröhlichen Drang, auch für Frauen eine bessere Welt zu schaffen. Er konstruiert – neben Autos, Hubschraubern oder Raumschiffen – Staubsauger, Waschmaschinen, Fernseher oder Geschirrspüler, um der Frau das Leben zuhause einfacher zu machen und ihr viel mehr freie Zeit und Muße zu verschaffen. Aber: Statt dass die Frau jetzt anfängt, ein Leben des Geistes zu führen, sich um Politik, Geschichte oder die Erforschung des Weltraums zu kümmern, verwendet sie die gewonnene Zeit darauf, Kuchen zu backen, Unterwäsche zu bügeln, Rüschchen zu nähen oder, wenn sie ganz unternehmungslustig ist, die sanitären Einrichtungen des Badezimmers mit Blumengirlanden zu bekleiden. Ja, also wenn ich das jetzt versuche, mir zu überlegen und meine Eindrücke und Erfahrungen zu ordnen: dann ist das immer genau so gewesen; wenngleich es in ganz allerjüngster Zeit ein paar hauchzarte Veränderungen zu geben scheint, die allerdings, wie es ja in erster Linie die Feministinnen selbst sind, die das sagen, zu unbedeutend sind, um ernst genommen werden zu können und um von einer bloßen emphemeren statistischen Schwankung, wie sie sich dauernd ereignen, tatsächlich unterschieden werden zu können. (Berufstätigkeit und Studium der Frau verfälschen also nur die Statistik und dienen außerdem dazu, den Mann noch hoffnungsloser zu versklaven – denn sowohl Beruf als auch Ausbildung sind für Mann und Frau etwas völlig verschiedenes.)

Für Technik interessieren sich Frauen auf jeden Fall nicht, weder in Ausbildung, noch im Beruf. Man muss nur einmal an einer Baustelle vorbekommen, an der irgendein neues Arbeitsgerät eingesetzt wird, zum Beispiel eine neue Art Bagger. Es gibt kaum einen Mann – ganz gleich, welcher sozialen Schicht –, der daran vorbeigeht, ohne zumindest einen längeren Blick darauf geworfen zu haben. Viele aber bleiben stehen, sehen zu und unterhalten sich darüber, welche Eigenschaften die neue Maschine besitzt, wie viel sie leistet, warum sie es leistet und inwiefern sie sich von herkömmlichen Modellen unterscheidet. Einer Frau würde es nicht einfallen, an einer Baustelle stehenzubleiben, es sei denn, die Menschenansammlung wäre so groß, dass sie glauben müsste, eine prickelnde Sensation („Arbeiter von Planierraupe zermalmt“) zu versäumen. In einem solchen Fall würde sie sich erkundigen und sich dann sofort wieder abwenden. Das wurde im Dressierten Mann 1971 gesagt. Heute, 50 Jahre und das bedeutendste halbe Jahrhundert der politischen, ideologischen und lebenspraktischen Frauenemanzipation der Weltgeschichte später verfolge ich auf Facebook die Seite Awesome Earthmovers, gemeinsam mit einer knappen Million anderen Menschen aus aller Welt, obwohl mich Bagger nur ganz, ganz peripher interessieren und sie mit meinem Leben und meinem Beruf nichts zu tun haben. Frauen sind dort allerdings so selten, dass sich ihre Anwesenheit fast noch kurioser und sensationeller ausmacht als die außerirdischen, weltraumrechnologieähnlichen Riesenmaschinen, die dort präsentiert werden. Kurios, aber was der Mann nicht weiß, ist, dass die Frauen diese Neugier, diesen Ehrgeiz, diesen Tatendrang, die ihm so selbstverständlich erscheinen, nicht kennen. Wenn sie nicht an der Welt der Männer teilnehmen, dann deshalb, weil sie nicht wollen: Sie haben kein Bedürfnis nach dieser Welt. Die Art Unabhängigkeit der Männer wäre für sie vollkommen wertlos, sie fühlen sich nicht abhängig. Die geistige Überlegenheit des Mannes schüchtert sie nicht ein, Ehrgeiz in geistigen Dingen kennen sie ja nicht. Eine sehr gescheite Frau, Esther Vilar! Sie lässt sich von niemandem einschüchtern: außer von der Intelligenz des Mannes! Und eine sehr gebildete, ungwöhnlich interessierte und informierte Frau! Einmal erwähnt sie im Dressierten Mann sogar Samuel Beckett (mit der doppelbödigen Bemerkung, dass er vielleicht einmal eine Komödie schreiben sollte, in der eine Frau bis zur Taille in einem Erdhügel steckt und nach ihrer Zahnbürste sucht, wie in „Glückliche Tage“. Vielleicht hätte er damit sogar Erfolg beim Publikum.) Sie hat sicher einen IQ von 142, und ist damit eine der intelligentesten und wissendsten Frauen der Erde, denn recht viel höher werden die Intelligenzquotienten (bei Männern hin und wieder, aber) bei Frauen nur mehr ganz, ganz, ganz, ganz selten. Esther Vilar muss es also wissen. Sie blickt praktisch vom Gipfel auf alles herab.

Wenn die Frau aber schon nicht arbeiten will und auch nicht sich bilden – wollen die Männer doch wenigstens erreichen, dass sich die Frauen zumindest vergnügen können. Wieder können sie intellektuell nicht verarbeiten, was sie mit ihren ungläubigen Augen doch ganz klar sehen müssten: Frauen vergnügen sich die ganze Zeit, Frauen sind vergnügungssüchtig und interessieren sich für überhaupt nichts anderes als für ihr Vergnügen. Diese Vergnügungen aber sind: Kuchenbacken, Wäschebügeln, Kleidernähen, Fensterputzen, Löckchendrehen, Fußnägel lackieren und zuweilen – bei hochentwickelten Frauen, wir werden später noch auf sie zu sprechen kommen – auch Maschineschreiben und Stenographieren. Haha, gut gebrüllt, Löwin! Eine kluge Frau, wie die das durchschaut! Und wie die unbequeme Wahrheiten ausspricht! Noch klüger, und vor allem stringenter, als diese Lisa Eckhart. Was täten wir Männer ohne solche vereinzelten, isoliert auftretenden Frauen, die den Vorhang wegziehen vom Mysterium ihrer Geschlechtsgenossinen, vom Mysterium Frau?? Als geistiges, verantwortungsbewusstes Wesen wird es der Mann nämlich kaum fassen können, dass jemand in so etwas Vergnügen finden könnte – aber die Frau eben tut es, permanent. Sie ist damit nicht unterdrückt, sondern glücklich: Auf diese Weise schwelgt sie mit ihrer Clique in einem großen, permanenten Fest, lebt in einer Welt der Freiheit, Verantwortungslosigkeit und des rationalen Glücks, von der ein Mann für sich nicht einmal zu träumen wagt und die er allenfalls bei Hippies oder Südseeinsulanern vermuten würde, aber nie in seiner eigenen Umgebung.

Das liegt daran, dass die Welten der Männer und die der Frauen so verschieden sind, dass sie, trotz geographischer Nähe bzw. Identität, keine gegenseitigen Umgebungen bilden: Tatsache ist, dass die Männer sich wirklich dafür interessieren, ob es auf dem Mars primitive Lebensformen gibt oder nicht oder ob die Argumente der Chinesen im russisch-chinesischen Grenzkonflikt stichhaltiger sind als die der Russen, und dass solche Probleme die Frauen absolut kalt lassen. Sie interessieren sich dafür, wie man braune Häschen stickt, Kleider häkelt oder ob sich eine bestimmte Filmschauspielerin scheiden lässt oder nicht. So leben beide schön voneinander getrennt, jeder mit seinem eigenen Horizont und ohne jemals mit dem anderen in wirkliche Berührung zu kommen. Das einzige Thema, das sie beide interessiert, ist die Frau. Weil sich Männer für Frauen interessieren (bzw. wie man mit Esther Vilar wohl sagen könnte: weil Männer sich überhaupt für was interessieren – oder, Frau Vilar?) glauben sie auch, dass umgekehrt Frauen sich für Männer interessieren. Außerdem glauben Männer, dass Frauen ihnen berechtigterweise die kalte Schulter zeigen würden, wenn sie das denn tun, weil sie, in ihrer Tollpatschigkeit und ihrem plumpen Fokus auf die Technik, immer wieder so unsensibel wären, den Frauen gegenüber. Wie sie sich irren: Die Frau fühlt sich durch den Mann alles andere als bevormundet. Eine der vielen deprimierenden Wahrheiten im Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist einfach die, dass in der Welt der Frauen der Mann praktisch nicht existiert. Der Mann ist der Frau nicht wichtig genug, dass sie sich gegen ihn auflehnt. Ihre Abhängigkeit von ihm ist ja nur materieller, gewissermaßen „physikalischer“ Art. Es ist die Abhängigkeit eines Touristen von seiner Fluggesellschaft, eines Wirtes von seiner Kaffemaschine, eines Autos von Benzin, eines Fernsehgeräts von Strom. Solche Abhängigkeiten bereiten keine Seelenqualen. Frauen interessieren sich nicht für Männer; sie interessieren sich für andere Frauen, mit denen sie wetteifern, bei denen sie sich was abgucken wollen, bei denen sie schauen, dass keine ihr überlegen ist bzw., wenn sie überlegen ist, dann zu dem Zweck, dass sie sie imitieren können, im Hinblick auf Schminken, Mode und Schönheit der Erscheinung.

(Worauf Der dressierte Mann auch hinweist: während Frauen darauf achten, sich gegenseitig im äußeren Erscheinungsbild zu übertreffen, scheinen Männer fast eher darauf bedacht, sich gegenseitig zu unterbieten, oder aber in Gleichförmigkeit zu erstarren: auf jeden Fall sich nichts anzuziehen und nichts zu kultivieren, was sie selber schön oder gar individuell machen würde. Abgesehen davon, dass Männer kaum Bedürfnisse haben und genügsam sind, würde ein modischer Look sie beim harten Arbeiten stören – und ihren Erfolg bei Frauen in keinster Weise erhöhen. Und selbst wenn er sie trüge und sie ihm gut stünden, würden sie seinen Erfolg bei den Frauen gewiss nicht vergrößern, denn Frauen beurteilen Männer – ganz anders als Männer Frauen – niemals nach ästhetischen Gesichtspunkten. Männer, die vorübergehend individualistischen Haarschnitt tragen, merken das meist nach einiger Zeit von selbst und kehren zu einer der zwei bis drei Varianten der männlichen Kurz- oder Langhaar-Standardfrisuren zurück. Ja, das kenne ich gut. Aber ich behalte diese Dinge halt mal bei, da ich gut gewählt aus der Art fallende, vor allem schöne Dinge mag. Oder halt, weil ich Künstler bin – und damit eigentlich zähle zu einer Amüsiertruppe für Frauen (da ich aber ein echter Künstler und ein tiefsinniger Humorist bin und kein bloß farbenprächtiger Clown, wissen sie nicht, wie sie daran amüsant oder interessant finden sollten). Hin und wieder bekomme ich für meinen roten Anzug, meinen Joop-Anzug, meinen Yukata, mein farbenprächtiges afrikanisches Hemd, mein philippinisches Barong-Hemd oder meine Unikat-Hose, die eine Kostümbildnerin angefertigt hat, auch Anerkennung. In Wirklichkeit sehr selten natürlich, denn praktisch alle laufen in ihrem Zombiewalk trotzdem auch an so was unbeteiligt vorbei. Aber hin und wieder bekomme ich auch Zuspruch und es erregt Begeisterung, Wärme und Interesse – hauptsächlich allerdings von Seiten von Männern. Da ich aber gut gewählt aus der Art fallende Dinge mag, bewundere immer wieder einmal ich es spontan, wenn eine Frau besonders gut und individuell angezogen und gestyled ist (was allerdings ebenfalls selten passiert). Dann lacht sie auf und bedankt sich, in ihrer typischen weiblichen Mischung aus einem knallharten, mit sich selbst identischen Narzissmus und einer idiotischen Verlegenheit und Verschämtheit, bevor sie wieder mit ihrem eiskalten Blick und ihrem leblosen Gesichtsausdruck weiterzieht.)

Aber Frauen interessieren sich eben nur für andere Frauen. Das ist für Frauenmagazine einerseits gut, andererseits schlecht, da sich der mögliche Stoff, über den berichtet werden kann, sich an und für sich schnell erschöpft. Andererseits aber auch auf ein ungeheuer breites Reservoir zurückgegriffen kann, wenn es in einer bestimmten Weise geschieht: Jeder Artikel muss den Eindruck erwecken, als handle es sich um einen Bericht über Frauen. Nur unter einer Überschrift wie „Frauen waren mein Ruin“ könnte über einen gealterten Boxer berichtet werden, ein Komponist muss während des Interviews zumindest einmal sagen, dass ihn Frauen inspiriert haben und dass ja auch ein schönes Mädchen wie eine Melodie sei – nur noch schöner. Wenn diese Tarnung gut gelingt, ist es durchaus möglich, die entferntesten Themen an die Frauen heranzutragen. Hey, was für ein intelligentes Machwerk! Oh Mann, sind diese Frauen blöd! Nicht einmal für gealterte Boxer interessieren sie sich! Es haut einen einfach um. Die Dummheit der Frauen ist so überwältigend, dass alles, womit sie in Berührung kommen, gleichsam wie von ihr durchtränkt wird. Sie fällt nur deshalb nicht auf, weil ihr jeder von der ersten Sekunde seines Lebens an ausgeliefert war und sich so unmerklich an sie gewöhnen konnte. Gut, dass es Esther Vilar gibt. Der dressierte Mann ist wohl das auklärendste Buch, das ich – unter zehntausenden von anderen – je gelesen habe. Unter anderem Bücher von Feministinnen und Emanzen. Denen habe ich immer geglaubt. Nur in letzter Zeit ist das ein ganz klein wenig brüchig geworden, sind da der eine und andere Zweifel aufgetreten; den Esther Vilar im dressierten Mann eigentlich schon 1971 ausgeräumt hätte: Die emanzipierte Frau ist genauso dumm wie die anderen, aber sie möchte nicht für so dumm gehalten werden: Von Hausfrauen spricht sie nur auf die abfälligste Art. Ja, das stimmt. Das ist eigentlich alles, was in The Psychic Life of Power oder Revolt, She Said drinnensteht.

Wie sollte die Emanzipation je gelingen – wenn das überhaupt eine Kategorie für eineN ist – wenn — naja, wie Esther Vilar es ausdrückt: Bei den Frauen selbst übrigens haben sich die Emanzipationsbestrebungen wie üblich in einer modischen Variante erschöpft: Eine Zeitlang gefielen sie sich in der oft belächelten Maskerade der Suffragetten. Einen ähnlich tiefen Eindruck hat später die Philosophie Sartres auf die Frauen gemacht. Zum Beweis, dass sie alles verstanden hatten, ließen sie sich die Haare bis zur Taille wachsen und trugen dazu Hosen und schwarze Pullover. Das gleiche wiederfuhr kürzlich den Lehren des Kommunistenführers Mao Tse-tung; für die Dauer einer Saison war der „Mao-Look“ in Mode. Haha, sehr gut! Studiert die Werke des Vorsitzenden Mao Tse-tung, hört auf seine Worte und handelt nach seinen Weisungen!, hat da damals noch Lin Biao (ein Mann) gefordert. Lasst hundert Blumen blühen, lasst hundert Schulen miteinander wetteifern, hat der Große Steuermann selbst ausgerufen (bevor ihm die Konsequenzen davon aber schnell zu anstrengend geworden sind) (wobei Mao Tse-tung (etwas einseitig) als rücksichtsloser Machtmensch in Erinnerung geblieben ist: aber erinnert sich noch wer an Madame Mao, von der Viererbande?? Lmao) (im Hinblick auf den Kommunismus übrigens ist Esther Vilar seinerzeit auch als Karl Marx der Männer angepriesen worden). Wie sollte auf einer so versengten Erde aber jemals etwas aufblühen? Eben gar nicht!, wie Esther Vilar den Dressierten Mann beschließt, da eine solche Revolution ein Subjekt benötigt, das aber im emanzipatorischen Sinn gar nicht da ist: Nur Frauen könnten den Teufelskreis von Dressur und Ausbeutung brechen. Sie werden es nicht tun, es gibt dafür keinen rationalen Grund. Auf ihre Gefühle darf man schon gar nicht hoffen –, Frauen sind gefühlskalt und ohne jedes Mitleid. Die Welt wird also immer weiter in diesem Kitsch, in dieser Barbarei, in diesem Schwachsinn Weiblichkeit versinken, und die Männer, diese wunderbaren Träumer, werden niemals aus ihren Träumen erwachen. Na, haha, das endet ja fast so pessimistisch und nihilistisch wie das Down Girl Buch von Kate Manne (einer Feminazi)! Eines aber ist die Träumerei und die Verschwommenheit und ein Zweites ist Wachheit und Klarheit; ein Drittes und ein Viertes ist diese gleichermaßen kolossal luzide wie kolossal seltsame Frau: Esther Vilar.

Ich will daher noch mehr Bücher lesen von Esther Vilar. Sie hat auch noch andere Sachen geschrieben, unter anderem eine umgedrehte Version von Ibsens Nora – Ein Puppenheim. Jetzt muss ich aber mal nach Argentinien. Ich werde mir unter anderem ein Buch über die Geschichte des Feminismus mitnehmen, das ich mir besorgt habe, und werde meinen Frauen dann dort daraus vorlesen um sie aufzuklären. Anzunehmenderweise wird das auf genauso fruchtbaren Boden fallen, wie von Esther Vilar beschrieben. Mittelfristig will ich auch Sachen von radikalen Feministinnen wie Andrea Dworkin oder Catherine MacKinnon studieren. Da werde ich dann wohl auch oft reagieren von wegen: Gut gebrüllt, Löwin! oder: Eine kluge Frau! Fast so klug wie Lisa Eckhart! Mein Ziel ist es, mich so sehr zu vergeistigen und so viele Ebenen aufzumachen, dass ich dem Rest der Menschheit als geistloses Chaos erscheinen muss. Das wird mir im Leben sehr weiterhelfen, besonders bei den Wei –

Versuche zu Alice Schwarzer

Machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen – und für die Tiere und die Natur gleich dazu.

Alice Schwarzer, 2010

Wenn man die EMMA eine Weile mitverfolgt, bemerkt manfrau, dass das gesamte Denken und Empfinden (und ausgedrückt dann eben in ihrer beklemmend eindimensionalen und hauptsächlich aus Drohgebärden bestehenden Sprache) von Alice Schwarzer um Macht, (sexuelle) Gewalt, Erhöhung und Erniedrigung, (realen, zwischenmenschlichen) Sadomasochismus, Vergewaltigung, Missbrauch und Kastration kreist. Und um vorgetäuschte Persönlichkeiten. Von wegen: Männer würden vorgeben, für Frauen nur das Beste zu wollen; aber alles, was sie in Wirklichkeit wollen würden: sei sie zu beherrschen. Männer seien permanent damit beschäftigt, das andere Geschlecht beherrschen zu wollen, und voller Nervosität, dass ihnen das, aufgrund von dessen Spontaneität und Eigenmächtigkeit, nicht gelingen könnte. Wie sie auf dieses Männerbild und diese Fixierung auf Vorgetäuschtheit wohl kommt? Eigentlich sind Männer ja nicht so. Aber manfrau tendiert halt dazu, andere so einzuschätzen, wie manfrau selbst ist. Kein Wunder, dass sie sich mit Putin solidarisiert. Dessen Psychologie ist ja ähnlich.

Wenn man die EMMA eine Weile mitverfolgt, bemerkt manfrau: In der Seele der EMMA kommt manfrau schnell von A nach B, und wieder zurück. Recht viel mehr Stationen gibt es da nicht. Man hat da nur ein obsessives, neurotisches Ohnmachtsgefühl und einen paranoiden Opferkult auf der einen Seite und einen Größenwahn und Allmachtsansprüche auf der anderen. Dazwischen gibt es nichts. Keine Harmonie, keinen Ausgleich; also das, wo sich das eigentliche Leben, die Normalität abspielt. Dazu sagen sie dann Feminismus. Ein krankhaft schwaches, instabiles, störungsanfälliges Ego hat man da – das als unglaublich stark, glorreich, grandios und als so unantastbar dastehen will, dass keineR auch nur auf die Idee kommen könnte, daran zu rütteln oder auch nur anzustreifen. Das ist auch notwendig: Denn wenn man auch nur ein bisschen daran anstreift, bricht alles wieder zusammen und es tut so, als ob es einem höchst aggressiven Brandbombenanschlag ausgesetzt sei, von einer Bomberstaffel von oben, im Zuge eines erbarmungslosen Krieges, den das Patriarchat gegen eine führt. Kein Wunder, dass sich die EMMA mit Putin solidarisiert. Dessen Psychologie ist ja ähnlich.

Im Zusammenhang mit diesem krankhaft schwachen Ego ist EMMA darauf fixiert, dass es das Männliche und das Weibliche gleichsam als Essenzen gibt. Zumindest wird sie hochgradig nervös, wenn irgendwas diese Essenzhaftigkeit – und die Stabilität, die diese Essenzhaftigkeit verleiht – subvertieren könnte. So zum Beispiel der Genderdekonstruktivismus Butlerscher Prägung oder die Heuristik der Genderfluidität der neuzeitlichen Tunten. In denen wittert die EMMA eine letale Bedrohung der Frauen und des Feminismus. Nicht, dass die EMMA mit der Ablehnung davon ganz oder wesentlich unrecht hätte. Aber wenn Alice Schwarzer als zweitwichtigste weibliche Intellektuelle Deutschlands gilt, müsste ihr doch ein geschmeidigerer, raffinierterer Umgang mit anderen intellektuellen Positionen möglich sein, anstelle von einer panisch-apodiktischen Abwehrhaltung, die sie dann stets hegt und pflegt. Ob die Essenz FRAU die bessere Essenz ist als MANN lässt die EMMA immer offen, in einem gleichsam beredten (scheinbar brütenden) Schweigen (vielleicht ist sie nicht darauf aus, dass das so wäre; vielleicht will sie das schon, kann aber nicht daran glauben: daher die Intransigenz, mit der sie ihren Feminismus formuliert, als innere (und äußere) Abwehr dagegen).

Die EMMA lebt davon, sich dauernd bedroht zu fühlen. Und zieht ihren höchsten Genuss daraus, anderen zu drohen und auf andere bedrohlich zu wirken. Dabei geht es dauernd um Macht. Und wenn man die EMMA eine Weile mitverfolgt, merkt manfrau: um absolute Macht, die man entweder hat oder nicht. Wenn man (bzw. in dem Fall: frau) keine absolute Macht hat, hat frau keine und lebt absolut bedroht durch die absolute oder auch nur relative Macht anderer. Und wenn frau keine absolute Macht hat, sei das nicht nur relativ, sondern absolut ungerecht. Die EMMA hasst alles, oder findet es zumindest bedenklich, wenn irgendwer anderer Macht oder Einfluss hat als sie. Junge Influencerinnen zum Beispiel, vor allem wenn sie Werbung für Damenunterwäsche machen o. dergl. Das vermittle ein falsches Frauenbild, auch wenn Frauen gerade ein solches Frauenbild lieben (unter anderem, da es ihnen maßlose Macht verleiht über Männer: allerdings in einer Weise, über die die EMMA keine Macht hat und an der sie nicht beteiligt ist). Frauen haben sich aber einzureihen als keusche Soldatinnen hinter Frau Generalissimus Alice Schwarzer, damit die ihren ewigen, letztendlich persönlich motivierten Krieg, ihr ewiges Machtspiel gegen das Patriarchat und gegen die Männer führen kann. Weil sie so beleidigt ist, dass sie selbst kein Mann ist. Bzw. die dem Mann angeblich zuteilwerdenden Privilegien nicht hat, wie vorgeblich die totale Macht über die ganze Welt u. dergl. mehr. Kein Wunder, dass sich die EMMA mit Putin solidarisiert. Dessen Psychologie ist ja ähnlich. Und der lebt auch dauernd im Krieg.

Im Zuge des Erfolges der durch den Feminismus vorbereiteten #MeToo-Bewegung segelt manfrau derzeit mit dem Wind, wenn manXfrau sich als Opfer deklariert, das jetzt einzufordern berechtigt sei. Und im Zuge dessen scheinen einige transaktivistische Tunten recht aggressiv zu sein und recht weitreichende Forderungen zu stellen. Diese TransaktivistXn scheinen sich auch eher mit heterosexuellen Männern zu solidarisieren, hingegen auf Homosexuelle und auf Frauen vorwiegend herabzublicken. Das wirkt kontraintuitiv, ist aber doch naheliegend: denn heterosexuelle Männer haben mehr Macht. Und das, was die aggressiven Tunten wollen, ist auch Macht. Aus scheinbar (bzw. nach außen hin vorgegebenen) defensiven Motiven, in Wahrheit wohl aber eher aus offensiven. Denn es gibt Menschen, die lieben die Macht, und die Selbsterhöhung; und die Möglichkeit, auf andere herabblicken zu können. Vor allem wenn es sich um narzisstisch und histrionisch gestörte Tunten handelt, die sich für eine Art supersexy genderfluide Übermenschen halten.  Da ist ein Kollisionskurs unvermeidlich zu gewissen Femistinnen – Feminazis, female supremacists oder eben den EMMA-Frauen – hinter deren eigenen Anliegen sich genau dieselbe Motivation verbirgt. Radikale Transaktivistxn und TERFs lieben sich oder ziehen einander zumindest magisch an, da (zumindest einige unter ihnen) einen Außenfeind brauchen und auch gar nichts anderes als das wollen. Sie sind daran interessiert, dass ihre Feindbilder bestehen bleiben. Würden ihre Feindbilder umfallen, würde sich herausstellen, dass sie selbst der Feind sind.

Alice Schwarzer hat auch was gegen den Frauentag jedes Jahr am 8. März. Denn woher kommt der? Von der Frauenbewegung auf jeden Fall nicht. Dieser skurrile 8. März komme von den Sozialisten – genau gesagt: er kommt also nicht von ihr selbst – und ist somit ein Witz; der reinste Hohn; eine galante Geste – und wie jede Galanterie gönnerhaft, ja eigentlich verächtlich. Denn gerade die Frauenbewegung entstand bekanntermaßen Anfang der 1970er Jahre im Westen nicht zuletzt aus Protest gegen die patriarchale Linke. Frauenbewegungen gibt es bekanntermaßen seit Jahrhunderten, und die Frauenfrage wurde schon im Mittelalter gestellt (z.B. zur Zeit von Christine de Pizan). So gönnerhaft, das zuzugeben, und auch, dass die Idee zum internationalen Frauentag von den Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas aus dem Jahr 1908 gekommen ist, ist sie aber nicht. Da sie zu eigentlich verächtlich ist gegen Eine Linke, die zwar noch die letzten bolivianischen Bauern befreien wollte, die eigenen Frauen und Freundinnen aber weiter Kaffee kochen, Flugblätter tippen und Kinder versorgen ließ. Wo die Frauen also täglich ein, zwei Stunden Hausarbeit machen und den Rest des Tages vor dem Fernseher verschimmeln, zwischendurch halt vielleicht ein paar Flugblätter tippen, bevor sie sich – nachdem es sich um Linksextreme handelt – wieder den nächsten Ofen zusammenpicken: während die bolivianischen Bauern im Schweiße ihres Angesichts, bemüht, beladen, entrechtet – etc. Wenn die Freundinnen der Sozialisten was anderes gewollt hätten, hätten sie es ja nur sagen brauchen, oder eben revoltieren. Schaffen wir ihn also endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März!, spricht also Alice. Und fordert (denn ohne (großangelegtes) Einfordern kann sie ja auch nicht sein): Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen – und für die Tiere und die Natur gleich dazu. Freilich begibt sie sich mit dieser idiotischen Forderung doch ganz in die Nähe der Sozialisten! Deren schmutzige Fantasien lauten ja auch: machen wir die antikapitalistische Revolution, führen wir den Sozialismus ein – und dann kommt jeden Tag der Weihnachtsmann! Dann leben wir im Schlaraffenland! Und alle wilden Tiere werden friedlich etc. Kein Menschenfreund, der tatsächlich eine_x_R ist, würde daherkommen mit: Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen – und für die Tiere und die Natur gleich dazu; eher ist das was für getarnte Misanthropen. Das kann nur jemand, der sich für andere Menschen bestenfalls nicht interessiert.

Wenn eine Frau aus eigener Kraft Erfolg hat, begeistert sich die EMMA dafür und berichtet dann darüber (und man sieht: sie identifiziert sich gerne damit). Das ist einer Frauenzeitschrift auch angemessen. Aber sie tut das immer mit unglaublich gerührten, beinahe tränenerfüllten Kinderaugen, mit der sie diese erfolgreichen Frauen dann anblickt (oder hat das zumindest bei den erfolgreichen deutschen Fußballerinnen und ihrer Trainerin bei der letzten EM getan). Das ist einerseits gut, denn das scheint die einzige Gelegenheit, bei der die EMMA zärtlich ist. Andererseits ist es verwirrend. Abgesehen davon, dass es ja nicht in einem Fall unter einer Million einmal passiert, ist es eine so große Sache auch wieder nicht, wenn eine Frau (oder ein Mann) erfolgreich ist, und gegen alle Widerstände einen eigenen Weg gegangen ist, der sich als der richtige erwiesen hat. Es sind diese gerührten Kinderaugen, mit denen die EMMA erfolgreiche Frauen anstaunt, die „gegen alle Widerstände ihren eigenen Weg gehen“, die letztendlich was Beklemmendes haben. Die Gesellschaft ist ja seit Jahrzehnten zumindest nicht mehr so; nur die EMMA ist seit Jahrzehnten so. So als ob die EMMA letztendlich in einer frühen menschlichen Entwicklungsphase arretiert ist. Sich von einem übermächtigen und irrationalen Erwachsenen unterdrückt fühlt – dabei aber kurz vor dem großen Durchbruch steht, kurz davor ist, aus dem Gefängnis auszubrechen und es dem Erwachsenen dann endlich zu zeigen, dass sie auch was kann, oder noch mehr kann. Wenn die dreijährige, ansonsten todherzige Ana immer zum Schreien und Quengeln anfängt, weil sie vom Papa nicht alles bekommt, was sie will, fragen wir sie dann immer im Scherz, ob sie später einmal Feministin werden wird.

Wenn in irgendeinem Winkel der Welt Frauen schlecht behandelt werden, schreibt die EMMA darüber, und vergisst dann nie die Frage hinzustellen Und wo bleibt der deutsche Aufschrei?? oder Und warum unternimmt die Regierung nichts dagegen?? Das ist gut, und zu so was ist der Feminismus ja da. Trotzdem provoziert sie damit dann immer auch Fragen bei ihren eigenen Leserinnen, was die deutsche Regierung denn dagegen tun sollte oder was sie diesbezüglich für ein Mandat hätte? Die EMMA setzt aber eben gerne die eigene Gesellschaft ins Unrecht – denn sie liebt es, die Gesellschaft vor sich herzutreiben. Oder, im Speziellen, die deutsche Außenministerin Baerbock, die eine „feministische Außenpolitik“ (lmao) machen will, die der EMMA aber nicht feministisch genug ist. Um die Gesellschaft vor sich hertreiben zu können, stellt die EMMA und stellt Alice Schwarzer immer wieder politische Forderungen, die im Hinblick auf ihre Vernünftigkeit und Angemessenheit oder dem Gegenteil davon über die Zeit hinweg wie ein random walk erscheinen. Manfrau fragt sich bekanntlich immer wieder, ob Alice mit ihrem Feminismus in den 1970er Jahren steckengeblieben ist. Aber ihr Feminismus ist ja nicht auf Entwicklung angelegt, sondern ist eher eine fortwährende statische Berechnung, damit das eigene instabile Gebäude nicht zusammenkracht. Im Hinblick auf das dauernde Einfordern hat man da also einen polternden Machtmenschen, der immer wieder in Fettnäpfchen der Unvernunft und der Inadäquanz tritt; der sich wie eine Elefantenkuh durch den gesellschaftlichen Porzellanladen bewegt. Eine die Nähe der Boulevardmedien suchende attention whore, die Prostitution und Pornographie verbieten will, weil da nicht Frau nicht eindeutig oben ist (der Mann freilich auch nicht) und vor allem, weil sie damit Männer bestrafen und kastrieren kann – und Frauen, die „mit dem Feind“ kollaborieren, gleich dazu.

Es gibt da Frauen und Feministinnen, die nicht finden, dass Alice Schwarzer für den Feminismus stünde. Alice Schwarzer stehe in erster Linie für sich selbst. Das ist wohl so. Aber: der Feminismus ist Teil ihres Selbst. Das muss man ihr schon lassen. Und der Feminismus ist ja, im Großen und Ganzen, gut und notwendig. Daher ist es gut, dass es Feministinnen gibt, und es ist gut, dass es Alice Schwarzer gibt, die Frauenanliegen ihre nicht unterzukriegende Stimme leiht. Sollte sie einmal gestorben sein, müsste man ihr feministisches Mundwerk sicher extra erschlagen. Ob sie überhaupt stirbt, ist fragwürdig: denn Alice Schwarzer strotzt nur so vor Vitalität. Für einige Frauen – im erweiterten Sinne sogar für alle Frauen – machen die Narrative und die Kampfanleitungen der EMMA sicher Sinn. Wie ein Bollwerk richtet sich die Schwarzer auf gegen die woken Wahnsinnigen aus Berlin-Kreuzberg und ihre artifizielle Lebensweise, die diese allen aufdrängen und mit der sie alles verseuchen wollen. Ein „Halt!“ der tapferen, ehern und aufrecht stehenden Polizistin und Hüterin des Gesetzes, die gewisse Biotope vor anderen schützt, hat man da.  Die Schwarzer benennt unangenehme Aspekte am Islam. Zwar tut sie das nicht in einer Weise, die einer Völkerverständigung zuträglich wäre; aber Völkerverständigung oder Verständigung zwischen den Geschlechtern ist ja auch nichts was die Schwarzer will. Was sie will, ist Ärger machen; überall und permanent. Wo Alice Schwarzer ist, da gibt es Ärger. Und Ärger finde ich selber ja gut. Ärger ist mir was durchaus Willkommenes. Ich bin zwar harmonieorientiert und hänge am Ideal einer harmonischen Gesellschaft, aber ich mag (zu diesem Zweck) auch das Disruptive. Ich haue mich gern mit diversen Arschlöchern auf ein Packl und dann freuen wir uns, wenn es eine Menge Ärger gibt. Und, aus diversen Perspektiven betrachtet, ist Alice Schwarzer ein ganz gutes, ganz brauchbares Arschloch. Damit will auch ich ihr alles Gute wünschen und gratulieren zu ihrem 80. Geburtstag!

Helen Frankenthaler/Why Have There Been No Great Women Artists?

I feel there was a time when I experienced loftier minds, relatively unloaded with politics, fashion and chic. They encouraged the endurance of a great tradition and protected important development in the arts. I recall spirited, productive discussions and arguments (…) Raise the level. We need more connoisseurs of culture.

Helen Frankenthaler, 1989

Helen Frankenthaler (1928-2011) was a very good-looking woman. She also was the leading female figure in Abstract Expressionism. Frankenthaler was a pioneer of colorfield painting. In contrast to the strict, formal or energetic painting of fellow Abstract Expressionists her signature style (as the specific innovation she brought into the domain), was light, lyrical and seemingly lacking „finish“. Fellow female artist Elaine de Kooning referred to her specific style actually as „Abstract Impressionism“, and Frankenthaler´s art also bridged Abstract Expressionism with Art Informel. Other Abstract Expressionists – like Joan Mitchell – were more critical and rejected Frankenthaler´s art as unserious and incoherent. Helen Frankenthaler had studied under the auspice of Hans Hoffman and had produced substantial paintings, yet her initial ignition she would receive from the explosive innovations by (the then little known) Jackson Pollock (whom she had met in private). She wanted to do something similar. At the same time, in the early 1950s, she dated Clement Greenberg, the art critic that provided an intellectual framework for the (self-) understanding of Abstract Expressionism. Greenberg, Hofmann, Pollock and many other men (including her father) had been fond of Helen Frankenthaler as an artistic spirit. In 1952 she achieved her own artistic breakthrough with Mountains and Sea. Her specific soak stain technique would then be adapted and further developed specifically by Morris Louis. In contrast to the often complicated and/or short lives and tortured personalities the Abstract Expressionists often had, Helen Frankenthaler´s career spanned decades and seemingly was more in line with the light touch and the lyricism of her paintings.

Abstract Expressionism had been a good and a heroic undertaking. It was deeply introspective and an investigation into the deep structure, the deep possibilities and virtualities of paining, and of art in general. It was meant to produce something significant – and it finally did. There is great room for romanticism in the history of Abstract Expressionism. The artists that would develop Abstract Expressionism gathered in New York in the 1940s and 1950s. They were a small scene, and they formed informal relationships to each other and inspired each other (as at least it would later turn out, they also competed with each other a lot and despised each other a lot). It was a quiet scene, as Lee Krasner noted in retrospect. Many of them came from humble backgrounds or from places completely unappreciative, if not antithetical, to modern art like Wyoming (in the case of Jackson Pollock). Many of them lived and worked in extreme poverty for many years (an exception being Helen Frankenthaler who came from a well-to-do family). Yet the spirit of avant-gardism was in the air and would electrify them. They longed for a breakthrough innovation, which finally came with the drip paintings by Jackson Pollock around 1950. Pollock´s work expressed exuberant, vivid creative energy, a radical and relentless approach and a grand and precise intelligence that provided an intellectual framework for the art. Within that framework the Abstract Expressionists found room to operate and to develop their own specific, and quite diverse, solutions, some of higher significance, some more derivative. The relentless intellectual propaganda efforts by Clement Greenberg had made at least Pollock moderately popular (tough not rich) with time, yet it was the tragic death of Pollock in 1954 that suddenly elevated Abstract Expressionism to mythic proportions and created a sense of the extreme importance and gravity of the movement in a wider audience. With Abstract Expressionism, America seemed to have managed to also become a leader in the arts; the center of the Avant-Garde seemed to have shifted from Europe to America, from Paris to New York. Abstract Expressionism became the next big thing, on a world scale. Yet many of the Abstract Expressionists remained tortured souls. In a way, their radical gesture and quest for the divine, even if it is culturally approved, does not match with society. The Abstract Expressionists had been concerned with the seemingly decreasing room for maneuver to come up with genuine stylistic innovations and to produce something meaningful in modern painting. With Abstract Expressionism, they then thought, they had laid a foundation for genuine ways of painting „for the next thousand years“. They seemed to have been in error. Pop art, that followed after Abstract Expressionism, was the last movement within modern art that was unquestionably significant and intellectually superior. From the 1970s on things have become more blurry.

The most significant figures within Abstract Expressionism were Jackson Pollock, Barnett Newman, Willem de Kooning, Robert Motherwell (to whom Helen Frankenthaler was married from 1958 to 1971), Mark Rothko and (as a more shadowy figure) Clyfford Still. Yet there was also a significant number of female Abstract Expressionists, apart from Helen Frankenthaler they were Elaine de Kooning, Joan Mitchell, Lee Krasner, Grace Hartigan or Hedda Stone. The (male) Abstract Expressionists are said to have cultivated a macho-attitude, including an attitude to look down on women. However, no clear picture emerges concerning a clear racism or sexism within the scene. The (male) Abstract Expressionists longed for a viewpoint of the most elevated order, and so they consciously strived for a „white male“ intellectuality – as the supposedly clearest intellectuality and the least entangeled one in mundanity – and they rejected particularities and the voices from the „others“ (so it has been said about them). That is actually not stupid or evil, especially if you can, after all, keep your shit together nevertheless. At least inside the scene the woman of Abstract Expressionism obviously did not find themselves truly belittled by the male Abstract Expressionists, who often were their husbands or their friends. Some years ago I read a book, Abstract Expressionism: Other Politics, by Ann Eden Gibson (from the 1990s) that tries to shed light on artists of that era excluded or forgotten because of their race, gender or sexuality. It introduced me to an actually practically forgotten artist who made some astonishing work (and achieved success at her time with it), the afroamerican Rose Piper (aunt of the more prominent performace artist Adrian Piper). At the recent exhibitions on Helen Frankenthaler (Kunsthalle Krems) and Abstract Expressionism and Art Informel (Albertina Modern) I got me biographies about Jackson Pollock, Lee Krasner and Helen Frankenthaler. Especially delighted I am about a 700 page biography about the Ninth Street Women, the leading women of Abstract Expressionism (written by Mary Gabriel). I am very interested in that exciting, artistically relevant period and how especially women thrived in it. I also need to study the modern jazz scene that thrived in New York as well, more or less at the same time.

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Women in the arts. In 1971 the ARTnews magazine came to publish a special edition on women artists. It also contained an essay written by art historian Linda Nochlin, Why Have There Been No Great Women Artists?, that tries to explore the reasons for the absence of women in the canons of great art. It is said to have had a great impact on feminist art criticism, and it has been republished, as a 50th anniversary edition, by Thames & Hudson last year. The question about the (relative, actually absolute) absence of women in the canons of (great) art is indeed a striking one. Have there been fewer female artists than male ones throughout history (i.e. a smaller pool of female artists of whom only a tiny fraction would rise to greatness at any rate in relation to male ones)? Apparently yes. But how much does it matter? Have women artists been neglected and underappreciated within („male dominated“) art history? Likely yes; yet also likely not in a way that art history would need to revolutionised and profoundly reconsidered if women artists finally got their fair share when significance is attributed. Is it „the institution“ or „gender stereotypes“ that pose insurmountable obstacles to women if they want to become (great) artists? Likely yes, yet likely they are not insurmountable. Or have there been great women artists that have remained completely unknown? If there had been more than just some very isolated few, then likely not. At the end of the day, it seems, there have been no great women artists in art history because there have been no great women artists.  As Linda Nochlin admits: The fact, dear sisters, is that there are no women equivalents to Michelangelo or Rembrandt, Delacroix or Cézanne, Picasso or Matisse, or even, in very recent times, for de Kooning or Warhol, any more than there are Black American equivalents for the same.

If there actually were large numbers of „hidden“ great women artists, or if there really should be different standards for women´s art as opposed to men´s – and one can´t have it both ways – then what are the feminists fighting for?, she then asks.Well, feminists fight for the empowerment of women; plain and simple. They fight for balance between the sexes. The first line of Linda Nochlin´s argumentation about why have there been no great women artists is that is has been made institutionally impossible for women to achieve artistic excellence. For instance, nude models were unavailable to women artists. Yet much more examples – or any examples – for why it should have been institutionally impossible for women to achieve artistic excellence she does not offer. While institutions may discriminate against people they do not make an individual success impossible (notably greatness and genius are not institutionally tought and they are, intrinsically, anti-institutional and iconoclastic and develop, for the greatest part, autodidactically). She rather goes on in suggesting that women are generally oppressed by patriarchy and therefore hindered to achieve equal successes like men. Yet how generally oppressed women are in patriarchy seems not that clear either. Patriarchy needs not be that oppressive, monolithic, determined, malicious and identical to itself that it flat out denies women the possibility to engage as artists (or in other domains). Feminism though, or at least feminists, tend to see patriarchy in that fashion more often than not. In a way, they tend to accumulate assets of oppressedness on women´s behalf, if they don´t try to monopolise the privilege of being oppressed quite exclusively for women. Also Linda Nochlin identifies the „victim“ as patriarchy´s favorite position for women. Although, after you have observed it for a while, it rather appears as the favorite position for women in the feminist discourse. But if the artist in question happens to be a woman, 1,000 years of guilt, self-doubt and objecthood have been added to the undeniable difficulties to being an artist in the modern world. I understand what she wants to say. But first and foremost I would like to see a thousand year old woman artist that has never experienced anything else but guilt, self-doubt and objecthood. (Repeatedly Linda Nochlin talks about women being plagued specifically with guilt. Why?)

There is also a second line of argumentation in the essay: „deconstructing“ greatness. As Linda Nochlin cannot find „hidden champions“ of great art who are women she can uplift, she decides for another strategy to balance the sexes: to subvert and downplay, if not to demolish what is behind that disturbing „Greatness“. For instance, she considers „genius“ and „greatness“ as fuzzy categories. While „great“ may be a shorthand way of talking about high importance in art, it seems to me always to run the risk of obscurantism and mystification. How does the same term „great“  – or „genius“, for that matter – account for the particular qualities or virtues of an artist like Michelangelo and one like Duchamp, or, for that matter, within a narrower perimeter, Manet and Cézanne? (she writes in the 2006 reappraisal to her initial essay). To be honest, the shorthandedness and the intention to obscure and mystify „greatness“ rather lies in her own (weak, pathetic) argument. It is your task to sort that „mystery“ out. Genius and greatness she considers overly as qualities attributed by others, by the outside world (for instance the man´s world attributing genius and greatness mostly to other men), and that one is mostly able to develop in oneself due to privileges (for instance being born into an artist family, a rich family, or being born a boy, not a girl). Stories about the prodigousness of great artists at an early age (or thereafter) she suggests as being fairy tales of the Boy Wonder or as such stories, which probably have some truth in them. She derides „common“ notions of genius that consider it as something „innate“ or a „golden nugget“ inside someone, that is immutable and impossible to supress (i.e., in the case of women, also not by „patriarchy“). Instead, she insists, genius and achievement are much rather dynamic activities, something that needs to be developed – and some environments are more supportive and provide more development opportunities than others.

Yet that genius still needs to be developed is something no serious voice would truly deny (and actually genius and greatness are not something that is shorthandedly conceived and obfuscated as something „divine“ and little else; they are subjects that have been extensively studied and written about. And as a professor for art history at Yale, Linda Nochlin should actually know about that.) And granted: there is a role of the environment – but it is still the individual that develops to higher or lower levels. If greatness or genius is something that, primarily, has to be developed (as opposed to being a static essence or „gold nugget“) why did not more painters reach the height of Picasso or Caravaggio (since this is what they usually strive for (at least in former times))? Why did not other artists – of any sex – who were not that super good at painting come up with other strategies to make profound artistic statements, as did Marcel Duchamp? (S)cholars will have to abandon the notion, consciously articulated or not, of individual genius as innate, and as primary to the creation of art, hopes Linda Nochlin. Yet, for that matter, genius is, primarily, eventually, innate, a static essence, and (for that matter) a „golden nugget“. In order to be developed, or for the development process to reach it, it needs to be there in the first place. Maybe, after all, genius is a quality that appears more often in men than in women. (In the enlightened discourse it is easily considered antediluvian to attribute actual differences between the sexes to anything else than to („socially constructed“) „gender roles“ and „stereotypes“ (that need to be, or can be, overcome). But there is no reason to rule out the possibility that differences between the sexes are not innate, eventually invariant and firmly rooted (in „biology“)). Creative individuals, though, as they say, are „genderfluid“, and usually radiate both masculine and feminine qualities: Creative women are more assertive, rational and determined than average women; creative males are more intuitive, gentle and empathetic than their male peers. I actually don´t know how much patriarchy can „fuck“ with a truly creative woman – and how much the rest of society actually wants to have her subjugated; and not, much rather, elevated.

It is irritating how much (a certain branch of) feminists likes to see little else in genius and greatness than arrogant masculinity. Maybe to attribute (neutral) qualities like greatness and genius to the „phallic“ and to the masculine is less a problem within the „official“ („male-dominated/centered“) discourse, but rather a problem within the feminist discourse. A genius and a great person is also not someone concerned with masculine erectness or with being a powerful, godlike creator that creates ex nihilo. A genius usually is someone who – highly independently from what´s going on or is indicated around him – gets immersed into something, develops a need to explore that domain and to know everything about it, who will identify deep problems within the domain that sHe wants to adress and to solve. This sHe will also see as a moral duty. With the extremely playful intellect of the genius, sHe will maybe rather try to arrange and rearrange things within the domain (rather than to „create“ – and what is „creation“ anyway?). From this comes the selflessness, the extreme independence and the determinedness of the genius (as a genius: as a person sHe might be driven by more mundane motives like money, fame or ego-gratification all the same). I happen to like these qualities, since they simply are greater than the indifference, the opportunism, careerism and the neglect that prevails in the human realm. In some others, these qualities might cause jealousy and disdain, and they might even like the genius (and its beneficial nature) not to unfold. They might mask it under the guise of feminism, for example.

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Life is a mystery. Genius, as they say, too. Why there have been no great woman artists seems a mystery as well. Light may be casted on this mystery though if we think of the male:female ratio in the audiences of extreme metal, noise, or free jazz concerts. Extreme metal, noise or free jazz concerts usually enjoy an audience with a male:female ratio of 13:1 (and concerning the artists who play such types of music the imbalance is distinctly more pronounced). That may seem insignificant, but maybe is not. Stuff that truly happens outside society, attracts outcasts and introverts, is highly experimental and performs beauty in (an abrasive) disguise – i.e. true, complex beauty – marks territory that, for some reasons, is not a sucker for females. The abyss of very abrasive, non-conformist creativity is a place where few females dwell. Why is this so (and still remains so)?

We may consider: extreme metal is fearsome. And women are frightened and intimitated. Women like to be frightened and intimitated all day long. They make a cult out of it (a twisted branch of that is feminism). Heavy metal, noise, free jazz are abrasive, and women loathe the abrasive. This may be because women likely score particularly higher (or are more pronounced) than men on the (Big Five) personality trait of agreeableness. Women are more dedicated to fit into a society, respectively to create environments that are friendly, non-confrontational and non-violent. There is perfect reason to that because if archaic violence breaks out women are more likely to become overpowered by it than men. Women are more „sociable“ because they more strongly rely on others (males and females) for their self defense, and more „empathetic“ since they want to reduce the potential for aggression and violence that could turn against them. Most importantly, they are more sociable and empathetic because they need to raise (and protect) children and establish stronger bonds to them. Women are also mothers, whereas fathers are („technically“) more distant figures in the reproduction process. Women are actually a dualistic, a dyadic sex, they psychologically and mentally live in a duality, in a dyade with their (prospective) children. An artist, Georg Baselitz, once suggested that women actually may not be that interested in men. They are interested in their (prospective) children.

In their dedication to create non-violent environments women develop and incorporate their well-known gimmicks like hugging, kissing and complimenting everyone, chit-chating about trivial, inoffensive (above all: interpersonal) subjects, giggling and laughing and seductively touching others (notably males). It is true that the empathy of women is empowering, but first and foremost, in their survial instinct, they try to weaken everyone. In trying to signal they are deserving of protection they weaken themselves and make themselves smaller than they are: in order to vice versa weaken others (men and women) and to weaken the entire collective. Especially loving and sympathetic they are when a fellow woman has qualities to receive (a status enhancing) protection by the collective (e.g. women being much more obsessed and willing to kiss ass of a distinctly beautiful and shiny girl than actually may be men); especially fiece (and, often, fiercer than men) they become when a fellow woman tries to break out of the collective or challenge its (hallucinated) integrity. They are so obsessed with the upkeep and maintainance of „patriarchy“ that, upon reflection, one does not know whether they are only the accomplices of patriarchy, or its true creators.

Whereas men´s methods and weapons of self defense lie in tool-making and strategy, women´s methods and weapons of self defense lie in psychological manipulation. Tool-making and strategic thinking require a sense for abstraction and a dedication to (inanimate) stuff that truly is different from oneself (therein, it requires intellectual transcendence). Psychological manipulation lies in the manipulator trying to convince a fellow human being that they are (in an intimate way) „the same“. And it practically needs to stay away from intellectualism and abstraction, since introducing intellectualism and abstraction basically ruins psychological manipulation (psychological manipulation needs to appear/be distinctly identical to itself; intellectuality/rationality introduce additional layers within a process that confuse, reveal, or cast doubt). Psychological manipulation requires that those intented to fall prey to it remain unreflected and abstain from rationally analysing what is inflicted upon them. Therefore, women abhorr abstract and analytical thinking, intellectual reflection and trying to establish a meta perspective on something. When they encounter such qualities, they feel pulverised and they´ve got to get away from the situation. Yet all these qualities are necessary if you want to do great art.

Among heavy metal fans, there are females too. It is just that the more extreme or the more progressive or experimental a metal act gets, the less it usually attracts (also male, yet in relation to them) female metal fans. Whereas differences in approach seem to reveal themselves already on the general level. Metal is a music to get immersed into and to become very dedicated to. I remember how we, the metal dudes, were analysing with great passion certain guitar soli, song structures or the specific innovations in style drummers like Dave Lombardo or Vinnie Paul brought into Thrash Metal. We learned the lyrics by heart (and many of them I still know, although I may not have heard the specific record for over 20 years). We wanted to know everything about our favorite bands (just like, granted, girls want to know everything about Nick Cave or Adam Lambert et al.). Yet the metal girls, in general, used to remain (what would appear as:) more superficial. They did not dive that deep into the matter, and they did not form bonds to it by graving for a more abstract as well as a more concrete, a theoretical as well as a practical understanding of it. So, it is not surprising that they hardly became musicians (artists!) themselves.

(Also, women do not form bands. Because women do not form groups. Although they seemingly have less osmotic personalities, men are more casual at becoming buddies and at collaborating in a friendly, casual way. They have a greater group instinct. Women have (girl)friends or they may form cliques. But they do not, exactly, form groups. This is maybe so because women are a dualistic/dyadic sex, and so they form dualistic/dyadic bonds (i.e. projecting themselves and their (prospective) children in others). They have less tolerance, or appreciation, less instinct for (unity in) diversity, e pluribus unum: and that is the essence of groups. They have a greater (egocentric) power instinct and they can become frighteningly more competetive against each other than men. (Likely since they are less inclined to see stuff at a more abstract level) they take everything more personal and therefore are more easy to fall out, in intransigence. It has been said (not least in Linda Nochlin´s Why Have There Been No Great Women Artists?) that women are hindered in their careers because they confront powerful networks of men. But women do not form networks.)

Why Have There Been No Great Women Artists? has inspired publications on the absence of women in diverse professional areas. There is also a publication about Why Have There Been No Great Women Chefs? I could not read it, but it has also always bewildered me, why – although traditional patriarchy identifies a woman´s status as being a mother whose place is the domestic kitchen at least – the great chefs, as well as the intellectuals on pedagogy, overly are still males. I recall, in my childhood, in the 1980s, the great chef had been Paul Bocuse. Today it seems to be a guy named Jamie Olivier. Although women cook „with love“, they still do not seem to cook „with profession“. They may cook with the heart, but still not with the intellect (and therefore only with a semi-passion that does not open new perspectives on the subject in question). (Paul Bocuse I remember because it was my dad who regularly liked to watch Bocuse à la carte on TV, not my ma.)

In their dedication to tool-making and developing strategy, men need to think in abstract terms. In abstraction (and in tool-making and strategy) there is proximity to the inanimate. Therefore one might be inclined to think that males are necrophiliacs who love the dead. Whereas females are biophiliacs who are drawn to humans, animals, nature, harmony, the divine, genesis and birth. According to Helen Frankenthaler, the greatest thing art can do is to convey a sense for being alive at a certain time. Yet if there is no sense for abstraction and a need to theorise on something and to view things from a meta perspective, it is doubtful how robust and reliable, how comprehensive your interest and your attractedness to something actually can be. In order to establish „object stability“ I guess it is required that there is not only an emotional bond to it but also an intellectual bond, that you develop a mental representation of something – that actually confirms the others´ proximity to oneself, but also its seperateness and containedness in itself. Such mental representations are necessary for intellectual pursuit and for the creation of (true) art (in fact, (great) art is about delivering mental representations about stuff). If you do not experience the world on such a level, (great) art, and, more profoundly, interpersonal/object stability becomes a more difficult exercise. On that account, women actually may not be truly drawn to other humans, animals, or nature. They only experience it as an extension of themselves. Women are not interested in art; or anything. Women are, through their empathetic and sociable disguise, only interested in themselves (and their (prospective) children).

Because women are only interested in themselves (and their (prospective) children), they are not truly rescued in the object world; and neither in themselves. That women live in a state of fear due to the violence of men is only part of the issue. Since they are deceptive and manipulative in nature, women do not even trust themselves. They are frickle and the reason for what, on the outside, frequently appears as a pure random walk through life they call and mystify as „female intuition“. The „now you see me, now you don´t“ behaviour of women is part of their manipulation toolbox, creating a backlash against themselves, imprisoning them in a permanent state of emotional confusion and an insecurity of their inner selves. As an apparent consequence, … the voice of the feminine mystique with its potpurri of ambivalent narcissism and guilt, internalized, subtly dilutes and subverts that total inner confidence, that absolute certitude and self-determination, moral and esthetic, demanded by the highest and most innovative work in art. Such is the deep answer Linda Nochlin eventually provides on the question for Why Have There Been No Great Women Artists?

(It is, by the way, striking how (certain) feminists are drawn, if not addicted, to the notion of masculinity as something frighteningly monolithic, shielded by total inner confidence, absolute certitude and the like (although total inner confidence, absolute certitude and self-determination probably has never existed in any person, man or woman, alive or dead). They are fond of this, and they are intimitated, feel crushed by this. The next moment, they feel compelled to ridicule and undermine, if not destroy that idea, envisioning the male sex as colossaly frail, and men´s total inner confidence as a fake identity, an actual blunt arrogance that just masks a deep inner insecurity. Their views on their own sex are, then, a mirror image to that; envisioning women as strong, powerful, intimitating etc. on the one hand, and weak(ened), intimitated and dependent on the other. An in-between, balance, there is none. There just is this oscillation between ambivalent narcissism and guilt. Yet between such extremes, in balance, this is where life actually dwells, and where there is normality. (Granted, true balance is an abnormality again. Normality is actually: „so, so“. Yet life in itself means and brings about: „win some, lose some“. The more balanced („wise“) an individual is, the more sHe will adapt to that.) (A certain branch of) feminists, by contrast, seems very much in love with the idea and the emotions of total inner confidence, absolute certitude and self-determination that they want to establish/maintain in themselves; notably by weakening the total inner confidence, absolute certitude and self-determination in others (notably in their „adversaries“: males). It is yet the archaic female strategy to „establish balance“ by weakening everyone, and so – and although they strive for masculinity (or at least for the „privileges“ that masculinity brings) – feminists appear, in a way, as the most effeminate women of all.)

The point she is obviously missing is that genius – or any accomplishment – is not a matter „inner confidence“. As an illustrative example, the greatest writer of the 20th century, Kafka, had pathologically low self confidence (he obviously suffered from an avoidant personality disorder). Which is why he wanted to have his ouvre destroyed before his death. Yet he had created it in the first place; like Emily Dickinson or Emily Bronte had. He had been aware of, and haunted/plagued by the enormous significance of his thoughts and visions even before he had written his major works, which he then created in a considerably hostile or neglectful environment. Yet he also had friends like Max Brod, and in a circle of established writers and cultural figures he was, despite having published little and being practically unknown, treated like some kind of god.  Most, practically all, people have other people who are (highly) supportive. At least in private environments (in which we end up living all the same) individuals, and also „lonely“ geniuses, usually find protection; fuck the world. The loneliness of geniuses and Great individuals yet is something inherent to them. Great artists, so it says, radiate an aura of profound solitude.

(Total) inner confidence or (absolute) certitude are not required to do something great or genius (maybe they are rather a hindrance to it). Confidence is matter of the personality. Genius is a matter of the mind. The genius mind is a very good mind, and so geniuses do have very good personalities. Yet, empirically, only partially. Apart from their incandescence, they may be as neurotic, frail, unloving, competetive, disordered or even psychopathic as anyone else may be. Developing genius and greatness in oneself, developing (new ways in doing) great art, is painful, is born with pain, for anyone. The path of the loner is full of horrors, Agnes Martin, a fellow female poineer of Abstract Expressionism and Minimal Art and a contemporary to Helen Frankenthaler, noted. It is, likely, not so much a matter of how „confident“ and „determined“ you are while you are walking this path, but whether how much it is your path that you walk, driven by a consequence that lies inside you (and that may haunt you). (Total) inner confidence or (absolute) certitude is something that you obtain with time – when you have created something great, genius, or of substance. Then you live in the realm of ideals – respectively your mind does. The world does not look the same anymore, and the struggles in this world become more distant to you. The realm of ideals is pacified and timeless. Yet, living and succeding in the material world may just become more alienating and a greater struggle. 

Geniuses and artistic souls are isolated and alienated from their environments, yet they are also distinctly more connected to it and sympathetic to it (i.e. there are factors of great instability in their lives, but also of great stability). The characteristic of genius is probably not extreme creativity, but that it is an extremely penetrating mind, being able to come to unique insights, or establish unique connections (and their confidence, certitude and self-determination actually is their stubbornly penetrating, restless mind). The genius and the artistic soul lives in a distinctly more connected, more meaningful world, that sHe tries to translate to his fellow humans. From this comes the usual sweetness, tenderness and friendliness, the tolerance and the mellowness of the genius (as a genius: as a person sHe may be quite different). Since they are so much more receptive to (inner and outer) stimuli, and a need to create, geniuses are restless and they live, if we may say so, under permanent stress. They often are „tortured“ and have complicated, uncomfortable lives. People suffer. Yet „genius suffers the most“ (says Schopenhauer). Often, it is other people that make them suffer („hell is other people“ one of them once said lol).

Geniuses may encounter praise and approval in their lives and times, yet they may also, and easily, encounter an enormous amount of ignorance and neglect. Just like women! True artistic creation of any kind is a very lonely process, a totally selfish act, Helen Frankenthaler put it, yet that is also a totally necessary one that can become a gift to others. The true artistic genius, first and foremost, (and therein probably not wanting to make a top-down „gift“ to others, or seeing her work and motivation as „selfish“ but rather as selfless), wants to bring joy and enlightenment to others and wants others to participate in his richer and more meaningful world. Often, this gift is not wanted. In the contemporary era, an annoying disrespect and disapproval for genius comes from the feminist rhetoric, that does not see the sweetness, the importance and the enrichment of the world due to the gifts of the genius and the great artist, but that primarily (if not singularly) views the „white male genius“ as a principle for the erection and maintainance of an ideal of a loveless, self-congratulatory masculinity, which it therefore wants to overthrow (to erect an ideal of their own loveless, self-congratulatory feminity, as it occasionally seems). Because of their uncanny, mixed-at-best experiences through history, I think geniuses should start a #MeToo movement too. Unfortunately, they are too isolated and dispersed over space and time. They cannot even truly found a collective. 

The feminist notion of the greatness of women being squandered or made more difficult to achieve for them due to patriarchy at least does not completely take into account that great people/women are distinctly more competent than society. Why should a great woman succumb to a weak shit like patriarchy, or a completely weak shit like „sexist“ jokes or mansplaining? Greatness, more or less by definition, means that one is bigger than the environment. Geniuses, like psychopaths, are not even actually humans. Like psychopaths, geniuses cannot effectively be intimitated nor controlled by anyone, for their inner lives and motivations are distinctly different from those of ordinary people. Whereas the psychopath follows the drive that comes from his abnormal ego, the genius follows the drive that comes from her abnormal mind; therein, both cannot even effectively control themselves or adapt themselves to social norms and expectations (hence the occasional „tragedy“ of such people). The (occasional) feminist notion on genius also partially fails to take into account that geniuses and Great people, inherently, are addicted to difficulties. And the greater the difficulties they encounter get and the more they get driven into themselves, the more powerful and productive geniuses usually become. (Great) Genius, also more or less by definition, is a mind that wrestles with difficulties no one has been able to overcome so far. Geniuses see a problem, or witness an uncanny atmosphere – others usually also do: but they become immersed in finding a solution to the problem, or coming up with solid stuff that creates other atmospheres. They want to clean and rejuvenate the atmosphere. Geniuses and Great individuals thrive on difficulties.

(Granted, it seems situational whether or how much genius or Greatness may unfold. For instance, a high proportion of geniuses has been Jewish – at least since the 19th century: when Jews did become „liberated“. Yet if I try to figure out Jewish geniuses before that time solely Spinoza would spring to my (partially educated) mind. Geniuses and Greatness seem to appear clustered in space and time, in tandem with unusual historical eras. You may think of ancient Athens around the time of Periclean democracy, the Renaissance, the Age of German Idealism/the Goethezeit, the Golden Age of Islam a thousand years ago or Vienna a century ago; the golden period of Spanish painting or of the Dutch masters (when Spain or Holland had been on the height of their power). Great art and innovation in general is something that does not happen. Art in Latin America/Argentina, for instance, has steadily produced stunning and worthwhile things; yet stubbornly it so far has never managed to transgress the threshold to true innovativeness and high intellectual significance: it has remained epigonic. Not least in our time, and obviously on a worldwide scale, great art there isn´t either. Maybe the postmodern subjectivity actually (on a deep level) isn´t ingenious, or is lost and confused by its own complexities and patchwork character.)

Is genius a quality that is rarer among women than among men? According to research a minimum IQ of 125 is needed in order to exhibit genius. And maybe the threshold is even lower, or does not exist at all. With a more moderate IQ you can be a genius as a comedian, an actor, a pop musician, a sportsperson, a politician, a criminal – or a scientist, artist, philosopher all the like. There are, in absolute numbers, plenty of geniuses around – with plenty of them being female. Maybe one person out of ten thousand truly is a genius (which makes a lot of geniuses in this world). Greatness at intellectual pursuit, i.e. to create something of high intellecual significance, yet requires great intelligence, being very erudite, being able to keep a lot of things together and put them in a perspective, operating at a high level of abstraction and differentiatedness, and genuinely thinking at the level of theorising. Greatness necessitates an intellect that relates to an IQ of, say, 160 or higher (your score at IQ tests may however vastly be different, especially if you are an artist). Greatness can also happen without genius; without genius greatness may then be „eminence“. Greatness, in general, is more associated with a distinct breakthrough and establishing a new level of human understanding (geniuses just may – primarily – remain singularly creative and distinctive). Yet the higher the IQ gets, the smaller is the percentage of females in the respective cohort. Very high IQ societies like Prometheus (IQ 160+) or Mega Society (IQ 175+) have few (if any) female members. In a way, like the historical canons of Greatness. (A common experience among people of this intelligence is, by the way, that they frequently are „not wanted“ and rejected by society. Society is as racist and sexist against them as can be; and in relation to them, society´s oppressive force is not patriarchy or capitalism, but its mob rule.)

Today, many established artists are female. And as far as I can see their outputs are on par with those of male artists. Women thrive in the art world of today. Ok, great. The downside, however, is just that art and the art world today is not Great anymore. There isn´t a IQ 160 level of Greatness that is dominant anymore, but an IQ 140 level of Smartness. Great minds are, for mysterious reasons, absent from today´s art word; it´s „smart“, intelligently adaptive people who run the place. Hence, it is also more easy for women to thrive in the domain. Art is not Great anymore. The disturbing „Greatness“ has been demolished and dethroned. Greatness is a dethroned emperor. And, inside the wire, they even seem to delight on that! Today I believe that it is safe to say that most members of the art world are far less ready to worry about what is great and what is not, nor do they assert as often the necessary connection of important art with virility of the phallus … There has been a change in what counts – from phallic „greatness“ to being innovative, making interesting, provocative work, making an impact, and making one´s voice heard. There is less and less emphasis on the masterpiece, more on the piece, Linda Nochlin writes in her postsrcipt and reappraisal to her essay 30 Years After, in 2006. Greatness has been effectively subverted by the feminists, and the lobbyists of diversity; and with her essay Why Have There Been No Great Women Artists? Sister Linda has laid a foundation for that. That´s where we stand today. We´re liberated. We don´t have to be Great anymore.

Upon reflection, I actually have to admit: Women, you are cool. Nice, how you played that lol. And actually, you did the greatest job of all. By weakening everything and everyone you, once again, elevated us to a higher level of societal progress. Qualities like beauty, harmony, intellect, stimulation etc. are good when they appear in art. Yet is even better when they appear as characteristics of society! Today we may not live in a peak period of art, but we live in a peak period of society (notably as concerns the position of women and children, non-western cultures, and minorities). The Renaissance produced better art than is produced today. Yet society today is better than in the Renaissance era. Heck, by weakening everything and everyone women, once again, elevated us to a higher level of societal progress! In the labor division between the sexes women´s call may be not to create culture. Women´s call may even be the more noble, the more sublime one: it is women who build civilisation.

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There has been a solo exhibition on Helen Frankenthaler at the Kunsthalle Krems recently which presented artworks from all periods of her career in a chronological order. I have been especially delighted yet by her ultimate works from the 2000s. Now there is another exhibition on Abstract Expressionism and Art Informel at the Alberina Modern which also more extensively presents art by Helen Frankenthaler (and Joan Mitchell and, notably, Lee Krasner). I have to say that I like Helen´s reduced, pacified large canvas color field paintings from the 1960s and 1970s presented in the Albertina better that most of her (signature) paintings (from the 1950s) presented in her solo exhibition. Her latest works from the 2000s still strike me most. They are very reduced, almost monochromous. An art that you may find stupid, but these works display great taste and an exactitude that you feel that it cannot be transgressed. She has reached the gound and became identical with the mysterious abyss of imagination, it appears. There seems nothing „behind“ it anymore. It is like the colour field finally coming to itself. With Rothko, as it has been indicated and as would spring to mind, this has nothing, or only little, to do. It does not have the mannerism and not the intellectual framework (therein the high intellectual significance) of Rothko´s paintings. Yet while it does not have the intellectual gravity and cultural significance, the icon character and the symbolic character, the objective weight and the highly distinctive signature style of Rothko´s art, it does also not have its repetetive mannerism. It shines as subjective and private. Yet it is subjectivity and privateness of the highest order and of the highest (true) self-containedness. It has reached the ground of imagnation and mastery the artistic process is aimed at gaining access to; it has amalgamated with the ground, as it throws up simple, pacified and contained images and visions, aesthetic clarifications of the (frameless) ground; in privacy, in silence, in self-containedness (via having reached the ultimate objectivity), in solitude. It cannot be disturbed by anyone or anything from the outside anymore. Maybe it is beyond the good heroic quest for the absolute that characterised Abstract Expressionism. Maybe it is a more „feminine“ amalgamation with the ultimate principles. Maybe a trajectory leading to such a final result has lied within the calmer, more unagitated style of that artist all along. Eventually, Helen Frankenthaler seemed to have reached the Nirvana. Virgo Heroica Sublima.

Today I believe that it is safe to say that most members of the art world are far less ready to worry about what is great and what is not, nor do they assert as often the necessary connection of important art with virility of the phallus – haha, fuck you. Get a life, (wo)man. Actually Helen Frankenthaler worried about what is great and what is not a lot during her artistic career. She was melancholic (and underwent, like many creative people (and notably the Abstract Expressionists), frequent bouts of depression) as she felt that hers was not a time where art was great, or can be great. The greatness of the Old Masters seemed out of reach, intangible. Rubens was her favorite painter. To her, Rubens was the principal painter of vitality and of the flesh, exuberant, positively and in the most cultivated way indecent and obscene. Helen Frankenthaler´s notion of greatness in art was that great art delivers a charge that strikes the viewer. And, to her, Rubens was supercharged: the greatest painter, and the wettest painter, who had ever lived. Helen Frankenthaler came to the conclusion that art´s greatest purpose is to convey the sense of being alive at a certain time. Yet times are a-changing. While great artists like Rubens or Shakespeare had managed to convey that sense of being alive in their time, the 1950s in New York were a different time, that required the artist to come up with different solutions. Shakespeare and Rubens were probably greater than any other artists, but the 1950s were not their time, in which their specific art could be convincing. Jackson Pollock and Arshile Gorky, in their combination of exuberant creativity and creative virility and a sharp, precise intellect, she though considered great masters of her time – though maybe not as great as the masters of the older times. Alas, men again.

Raise the level. We need more connoisseurs of culture, at any rate. And get a life, (wo)man.

Disclaimer: There is some irony, some bluntness, some exaggerations in this text. They should primarily be understood as reactions to the questions that the essay by Linda Nochlin (unintentionally) leaves open or provokes. I am usually sympathetic with the underdog, but the then-underdog attitude and heuristic expressed in the 1971 article has become quite more powerful today, and the powerful need to be questioned. Also, feminists usually like to „challenge“ patriarchy and the status of men and to become „uncomfortable“ to them. Well, challenge accepted. It´s a heyoka empathy thing.

Disclaimer on disclaimer: The deep irony of the piece however is that the provided explanations for gender differences actually seem quite plausible. Not that I actually want it to be this way. I am rather indifferent on whether one sex is superior, inferior or equal to another. Concerning this human realm, I am mostly a neutral observer.

November 2022

Einfälle zu Mahler und Beethoven

Was haben wir gestern im Seminar von Manfred und mit den Studentinnen uns erarbeitet über die Neunte Sinfonie von Mahler (die mir im Übrigen immer am besten gefallen hat, und dem Kurt Holzinger auch)? Sie ist die Abschiedssinfonie und ist, laut Adorno, „das erste Werk der neuen Musik“. Aber bei Mahler hat man von Anfang an eine Musik, die inhärent schräg ist. Bei Mahler hat man das Gefühl einer Musik und eines künstlerischen Ausdrucks, der scheinbar dauernd neben sich selbst steht. So gesehen hat man bei Mahler über die Zeit hinweg eigentlich keine künstlerische Entwicklung, eher eine Vertiefung und ein Ausloten dessen, was innerhalb einer solcherart begrenzten Arena möglich ist. Damit läuft Mahler dem Antisemitismus geradezu in die Arme, der behauptet: die Juden hätten keine echten  Gefühle und keinen höheren, edlen Sinn; deswegen gelinge ihnen der echte künstlerische Ausdruck nicht, höchstes ein Imitat vom echten künstlerischen Ausdruck. Umgekehrt gilt klarerweise: Gustav Mahler, der lange vielfach (antisemitisch) Geschmähte und Unverstandene, macht die Musik und die Sinfonik der Moderne, d.h.: der Ausdifferenzierung der Lebenssphären, die nicht mehr einheitlich abgerundet werden können. In den Sinfonien von Beethoven hat man da eine große Ausdifferenzierung und ein ständiges Arbeiten und Vorwärtsschreiten; bei Mahler, vor allem im ersten Satz der Neunten Sinfonie, wird das Arbeiten und Fortschreiten manisch und multidimensional; da greifen die Zahnräder ineinander und schnaufen die Kolben: eine ganze Fabrik arbeitet da (in ihrer teilweisen Kakophonie). Man scheint da mit einer Technik und einem Arbeiten konfrontiert zu sein, das das menschliche Maß bereits überschreitet und sich ein eigenes Territorium errichtet, vom Menschen nicht mehr ganz beherrschbar ist. Moderne eben. Was hätte der titanische Abrunder Beethoven zur Zeit Mahlers gemacht? Was würde er heute machen, in unserer zynischen Zeit? Aber bei Mahler hat man ja grundsätzlich das Gefühl einer Musik und eines künstlerischen Ausdrucks, der scheinbar dauernd neben sich selbst steht. Während man das bei Beethoven genau nicht hat. Unabhängig vom biographischen Hintergrund (die Todesahnung Mahlers und der Wunsch nach der Vereinigung mit seiner verstorbenen Tochter im Jenseits) erscheint der letzte Satz der Neunten (Abschieds)Sinfonie als eine schräge Elegie. So vielleicht als wie wenn es letztendlich eine Elegie über die mangelnde Gravität und die Bedeutungslosigkeit von Elegie, den subjektiven Charakter von Elegie ist. So als ob Gefühle etwas höchst Bedeutsames für uns seien, das aber kosmisch bedeutungslos ist, vom Kosmos verhöhnt werden würde; genau gesagt, auch das nicht: denn eine Abwesenheit kann ja nicht verhöhnen. Auf einer Metaebene ist da Hohn: dass man in ein solches Verhältnis eingelassen ist und es begreift. Das eröffnet Raum für Trennung, Spaltung, Ironie, oder eben auch Hohn. Und bei Mahler hat man diese Trennung und die Abarbeitung entlang des Spektrums von Ironie bis Hohn grundsätzlich. Wie es einem letztlich vorkommt, hat man bei Mahler ein reichhaltiges und differenziertes Gefühlsleben, das aber auf einen nihilistischen und depressiven Intellekt trifft, einen beinahe zynischen und sarkastischen, obwohl er das durchaus nicht ist. Einen skeptischen Intellekt, der die Gefühle subvertiert. Das ist, zeitenunabhängig, vielleicht der Schlüssel zu Mahler. Beethoven, der Einzigartigste, hatte ebenso ein reichhaltiges, differenziertes Gefühlsleben, aber (so gesehen vielleicht) einen Intellekt, der mehr – genau gesagt: alle – Register ziehen konnte. In der obersten Instanz war es ein strenger und herrischer Intellekt; aber das ist wahrscheinlich notwendig, wenn er integrativ und alles zusammenfassend sein soll und hohe Formen aufrichtend, die mit sich selbst identisch sind. Wenn sich das Charisma von Beethoven auf einen Punkt und einen einzigen Begriff bringen ließe, dann liegt es wahrscheinlich in seiner übernatürlichen Folgerichtigkeit (deswegen scheint seine Achte Sinfonie so zu stören, wenngleich sie sich, zumindest als intellektuelle Raffinesse, ja großartig einreiht zwischen die Siebte und die Neunte). Die heutige Zeit ist kulturell die einer negativen gekrümmten Raumzeit, bei der alles ins Unendliche, Offene und Indefinite schießt und nicht mehr zu sich selbst zurückgeführt werden kann, und bei der gewisse romantische Naivitäten, wie zu Lebzeiten Beethovens, nicht mehr möglich scheinen. Wie soll man eine negativ gekrümmte Raumzeit titanisch bezwingen und zu einer Einheit zusammenführen? Allerdings ist auch eine negativ gekrümmte Raumzeit einheitlich und logisch, nur die Anschauung davon ist schwieriger. Ich nehme an, Beethoven hätte auch die negativ gekrümmte Kultur beherrscht, denn in einer solchen negativ gekrümmten kreativen Raumzeit hat er ja immer schon wesentlich gelebt. Beethoven hat auch vom Menschen nicht beherrschbare Kräfte wie das Schicksal (Fünfte Sinfonie), die Natur (Sechste) und die Freundschaft/die Diversität der Millionen (Neunte) gebändigt. Er hat Napoleon verworfen (Dritte Sinfonie). Dieser Taube hat die Unendlichkeit gehört, hat Victor Hugo über Beethoven gesagt.

9. November 2022

Professor Habermas geht an die Öffentlichkeit

Die performativ vollzogene Erhellung – zwar vielleicht weniger für sie selbst, dafür aber für andere – bzw. der unfreiwillig ironische Selbstvollzug des Vernunftmodells der ursprünglichen Kritischen Theorie der Frankfurter Schule liegt darin, dass es das einer subjektiven Vernunft ist: und damit auch anfällig ist für subjektivistische Perversionen. Indem sie die moderne Vernunft und die Aufklärung als die Entfaltung einer „instrumentellen“ Vernunft, einer einseitigen Herrschaftstechnik, die schließlich die Herrschaft und das Verständnis über sich selbst und den Bezug zu ihrem eigentlichen („guten“ und „authentischen“) Ursprung verliert und die somit zu einem „Mythos“ degeneriert setzt, verkürzt sie die reale Vernunft und die Aufklärung erheblich und schafft somit selber ein Vernunftmodell, das von einem Mythos nur mehr schwer zu unterscheiden ist. Horkheimer, Adorno et al. beklagen, dass die moderne Vernunft das „Nicht-Identische“ exkludiere, tun das aber selber in erheblichem Maße mit allem, was nicht identisch ist zur Harmonie und zum Narzissmus ihrer beklemmenden, unbequemen Gefühlswelt. Die Dialektik der Aufklärung und die Negative Dialektik sind (als Werke wie als Methoden) einerseits stark, gleißend und öffnen die Perspektive auf ein sensationelles (allerdings auch sensationalistisches) befreiendes Imaginäres, andererseits sind sie konfus, zirkulär und schwach, wenig richtungsweisend. Das liegt daran, dass die Vernunft der frühen Kritischen Theorie subjektiv (und sich subjektiv so ein bisschen magisch bzw. über die Listen des Odysseus selbst konstituierend) und außerdem ziemlich autoritär und unkommunikativ war und daher nicht vor einem subjektivistischen Exzess gefeit. Die philosophische Intervention von Jürgen Habermas besteht darin, dass er Vernunft als grundlegend intersubjektiv begreift: Sie realisiert sich mittels einer anderen Vernunft, indem sie ihre eigenen Standpunkte über die rationale Kommunikation mit einer anderen Vernunft, mit einem anderen Standpunkt (wechselseitig) evaluiert. Vernunft beruht auf (besteht eventuell aus) rationaler Kommunikation bzw. einer kommunikativen Rationalität. Vernunft ist, wenn man so will, öffentlich bzw. was, was sich in einer (abstrakten) Öffentlichkeit vollzieht. Seit seinem Strukturwandel der Öffentlichkeit von 1962 ist Habermas Theoretiker und Propagator der Öffentlichkeit und der Idee, dass die Schaffung einer den Prinzipien der rationalen Kommunikation gehorchenden Öffentlichkeit wesentliches Element der Demokratie sei. Er hat damit die Intention der ursprünglichen Kritischen Theorie der Frankfurter Schule und seines Lehrers Adorno in eine vielleicht weniger charismatische aber funktionalere Form gebracht. Seine Philosophie ist staatstragend. Jetzt hat der 93jährige Jürgen Habermas eine kleine Schrift(ensammlung) vorgelegt, in der er auf den jüngsten Strukturwandel der Öffentlichkeit (über die sozialen Medien) Bezug nimmt; und sie ist nicht optimistisch. Zwar sei „Öffentlichkeit“ immer durchaus agonal und zerfalle in kleine Welten, die sich wenig angehen, oftmals feindselig gegenüberstünden. Wer argumentiert, widerspricht. Das sei nichts Neues. Die sozialen Medien brächten nun aber einen tatsächlichen, erneuten Strukturwandel in der Öffentlichkeit mit sich: indem sie das tradiert Öffentliche und tradiert Private miteinander vermischen – in einem degenerativen Sinn, wie Habermas meint: Nach bisherigen Maßstäben können sie weder als öffentlich noch als privat, sondern am ehesten als eine zur Öffentlichkeit aufgeblähte Sphäre einer bis dahin dem brieflichen Privatverkehr vorbehaltenen Kommunikation begriffen werden (S.62). Damit erhöhe sich die Gefahr, dass diese private, eigene Welt, die Briefverkehrssphäre, mehr und mehr als Öffentlichkeit schlechthin wahrgenommen werde. Vor allem aber nehme der Konsum der traditionellen (Qualitäts)medien ab, die (selbst in ihrer Boulevardausgabe) eine rationale und rationalisierende Gatekeeper-Funktion darüber haben, was berechtigterweise öffentlich rational verhandelt werden sollte und was nicht. Die tradierte Öffentlichkeit zerfalle immer mehr in subjektivistisch-narzisstische, sich voneinander abgrenzende Echokammern und Silos. Das schwäche den Zusammenhalt in der Gesellschaft, das Wir-Gefühl – möglicherweise in ihrem Fundament: der Rationalisierbarkeit des gesellschaftlichen Diskurses und des Gesellschaftsentwurfs. Die Architekten des Internet glaubten, ihre Erfindung sei ein geniales Medium, die Menschen weltweit miteinander zu verbinden; in Wirklichkeit hat es jedoch einen neuen Weg freigemacht, die Menschheit in verfeindete Stämme zu spalten, ist auch ein anderer deutscher Intellektueller, der 99jährige Henry Kissinger, in seinem ebenfalls jüngst erschienen Buch Staatskunst geneigt zu diagnostizieren (S.534). Indem das Internet/die sozialen Medien die Selbstbestätigungsmöglichkeiten des Ich und der eigenen Kultur zu stärken imstande seien, befördern sie den Verlust an Vertrauen in das andere und in andere Kulturen. Eine funktionierende Gesellschaft basiert, wie ein anderer deutscher Denker – der 77jährige Thilo Sarrazin – konstatiert, aber auf Vertrauen. Gesellschaft ist nicht Gemeinschaft; ihre Mitglieder sind atomisiert und anonym: eine Gesellschaft funktioniere aber dann, wenn man das Gefühl hat, Fremden (die der eigenen Gesellschaft angehören) vertrauen zu können. Wenn das Vertrauen zerbrösle, zerbrösle die Funktionalität der Gesellschaft (Gesellschaften, in denen ein solches Vertrauen fehle, sind wahrscheinlich mehrheitlich auf diesem Planeten, und sie sind eben mehr oder weniger dysfunktionale Gesellschaften). Ich selber bin vielleicht zu jung, vor allem aber aus der Gesellschaft ausgeschlossen, um das eventuell angemessen beurteilen zu können; ob sich das Positive oder das Negative am Internet/den sozialen Medien durchsetzen wird. Ich bin lauteren und arglosen Wesens und ich sehe sehr deutlich die Kraft und die Herrlichkeit, die in der Vernunft liegt und in der gesellschaftlichen Solidarität. Allerdings weiß ich auch, dass auf kulturelle Hochblüten Perioden des Verfalls und des langen, vielleicht sogar ewigen Niederganges folgen können. Also kann das auch jetzt der Fall sein. Außerdem ist unsere gesamte Existenz in Wahrheit sowieso ein ständiger Tanz auf dem Vulkan (wenngleich Vulkane die meiste Zeit nicht ausbrechen und wir das mit der Vorhersage mittlerweile gut im Griff haben). Mehr fällt mir gerade eben dazu auch nicht ein. Facebook aber ist, wenn du mich fragst, aber eine der großartigsten Innovationen der Geschichte. Es ist ein globales Gehirn, eine globale Intelligenz, die man anzapfen, in die man sich einloggen kann. Man kann mit Menschen und Kulturen, die wo völlig anders beheimatet sind, in intime Beziehung treten. Allerdings nutzt diese Möglichkeiten fast niemand, und wenn, dann hauptsächlich Leute mit einem sehr hohen Intelligenzquotienten. Schau, wie sich die meisten darüber auslassen, dass Facebook „blöd“ und „voll mit Katzenvideos“ sei – dann aber selber kaum einmal „Freunde“ außerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen haben. Diese gegenseitige Perspektivenübernahme, die notwendig ist, um einen Konflikt unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten zu betrachten, hat zwar eine rein kognitive Funktion, aber die Bereitschaft, sich über große kulturelle Abstände hinweg auf diese anstrengende Operation überhaupt einzulassen, ist der eigentliche Engpass (S.85). Woher diese göttliche Passivität im Menschen kommt, weiß ich auch nicht. Aber es geht mich eigentlich auch gar nichts an. Ferguson, ein Mensch mit einem sehr hohen Intelligenzquotienten, konstatiert, dass es auch für sehr aufgeschlossene und intelligente Menschen Grenzen gebe, über die hinaus sie sich nicht mehr mit dem „Anderen“ zu beschäftigen bereit seien, oder aber überfordert davon seien. (In seinem tendenziell machohaften Habitus, aus dem heraus er gerne „die Linken“ (und andere) ärgert, meint er auch, dass der Zerfall der allgemeinen Öffentlichkeit in Teilöffentlichkeiten zu normal sei, um eigentlich als „schlecht“ gewertet werden zu können: Nachdem es keine „harten“ Probleme (?) in der (westlichen) Gesellschaft mehr gäbe, über die sich eine breite Öffentlichkeit einig sein könnte, kehre die Öffentlichkeit eben in ihren ursprünglicheren Zustand der Segregation und des Nebeneinanderbestehens von Echokammern und Silos zurück – was auch in Ordnung sei, sofern sie nicht gegenseitig versuchen würden, ihre jeweilige Kultur einer anderen aufzuoktroyieren. Vor einiger Zeit habe ich Ferguson aus meiner Freundesliste rausgeschmissen, weil er trotz seiner hohen Intelligenz und der angenehmen Ausformuliertheit von allem, was er vorbringt, bemerkenswert oft im Irrtum ist, was den Kern einer Sache anlangt (aufgrund seines neurotischen Distinktionsbedürfnis gegenüber „Linken“ und Experten heraus) (und außerdem plötzlich nicht mehr sehr „sapiosexuell“ ist, wenn ein anderer gescheiter ist als er). Ausschlaggebend für den Rausschmiss war dann, dass er sich in den Verschwörungsmythos vom angeblichen Wahlbetrug gegen Trump eingeklinkt und den dann mit der ihm eigenen Verve propagiert hat – obwohl auch einem durchschnittlich intelligenten Menschen klar sein sollte, dass eine solche Verschwörung wenig plausibel und unlogisch ist und sich selbst vor kaum zu bewältigende Logistikprobleme stellt. Trotzdem schaue ich immer wieder noch auf seine Seite, da sie vieles Wissenswerte enthält und Denkarbeit leistet. Und mich eben auch andere Kulturen interessieren, auch wenn sie mir deswegen nicht unbedingt sympathisch sind.) Das einzige, das die Öffentlichkeit begreift und sie umfassend integriert, ist der Große Geist! Der Große Geist errichtet sich über die Große Kommunikation und der Öffnung des Eigenen und der eigenen Vernunftmomente hin in Anderes, die subjektiven, die menschlichen Begrenzungen hinter sich lassend. Wo Mensch war, soll Geist werden. Der Geist ist transpersonal und objektiv. Genau gesagt ergreift er das Objektive mit einer subjektiven Leidenschaft. Der Geist ist die Brücke von einem zum anderen. Der Geist ist selber eine Öffentlichkeit, ein Versammlungsort. Und der Große Geist ist die große (kosmische) Öffentlichkeit, der transzendentale Versammlungsort. Schau, wie die Verbindung hergestellt wird, eine Eisenbahntrasse geschlagen über den halben Erdrund, zwischen zwei Vernunftmomenten, zwischen zwei Positionen! Der Große Geist überzieht die Welt mit solchen kommunikativen Eisenbahntrassen. Er ist eine kommunikative Cloud. Die Bedingung dafür, dass das geschieht, ist freilich nicht nur Vernunft allein, sondern auch Sympathie und Liebe (zum Anderen). Der Große Geist ist nur, wenn er auch Liebe ist. In einem Interview zu seinem neunzigsten Geburtstag in El Pais von vor ein paar Jahren konstatiert Jürgen Habermas allerdings, dass große Geister heute nicht mehr sichtbar seien, keine Konjunktur mehr hätten. Wer höre den großen Geistern noch zu? Die Philosophie zerfalle mehr und mehr in Subdisziplinen, die von keinem großen Geist mehr zusammengehalten werden würden. Eigentlich ist es ja der Wunsch der Philosophie, dass großer Geist erscheine, dass Philosophie großer Geist sei, der die Subdisziplinen überschaue. Aber vielleicht ist die Degeneration schon so weit fortgeschritten, dass der Philosophiebetrieb diesen großen Geist (im Namen des „Fortschritts“) gar nicht mehr will! Das sei freilich sehr gut, denn je mehr sich die (Sub)Disziplinen vereinzeln, desto weniger können sie eine Phalanx bilden gegen den Großen Geist, der letztendlich doch kommt, sie zu holen (analog zur gesellschaftlichen Situation, wo ein Mangel an Wir-Gefühl eine gemähte Wiese für (Rechts)Populisten umso mehr darstellen mag). Habermas wird seit Langem vorgehalten, dass er ein wenig antiquiert sei. Trotzdem er sich des agonalen Charakters der Vernunft und der demokratischen Öffentlichkeit bewusst ist, ist der zugrunde liegende Habitus seines Philosophierens doch ein Glauben an die Einheit, die in der Vernunft liegt, und daran, dass die Vernunft das stärkere Prinzip sei als die Unvernunft. Darin erscheint Habermas „modern“ – während die Postmoderne die „Differenz“ als eigentlichen Grund der Welt anzusehen geneigt ist, sowie die Differenz nicht als Epiphänomen, sondern als Grundlage zu begreifen, und Vernunft als Herrschaftsphänomen, das in Konkurrenz mit anderen Herrschaftsphänomenen/versuchen stünde (wenngleich der grundlegende Gedanke zumindest bei dem freundlichen Spinozisten Deleuze (der von seinem kantigeren Freund Foucault übrigens als der „einzige wahre Philosoph in Frankreich“ bezeichnet wurde) ja weniger der von Differenz und Wiederholung ist als der von der Univozität des Seins (was ironischerweise ich in Frage zu stellen geneigt bin – allerdings als zu ungenau/undifferenziert und nicht im Sinn einer Abrede)). Ich weiß nicht genau, was ich von all dem halten soll. Trotzdem aber Vernunft und Rationalität agonal sind bzw. dazu provozieren, trotzdem es moralische Dilemmata gibt, zukünftige Dinge nicht gewusst werden können, logische Unentscheidbarkeiten existieren, weiß ich nicht ob … genau gesagt scheint es mir nicht so, als ob Vernunft auch (grundlegend) konfliktuell ist. Gegenüber der Differenz gibt es eine solche ontologisch begründete Absicherung gegen das grundlegend Konfliktuelle nicht. Was bedeutet (?), dass da, wo Vernunft ist, auch (metaphysische) Einheit ist. Diese metaphysische Einheit kann man vielleicht nicht ganz auf die (Lebens)Welt projizieren, da in der eben auch Nichtvernunft ist (oder zu viele Abstufungen von sich zueinander (leidenschaftlich) agonal verhaltenen Vernünftigkeiten). Wie kann man die Öffentlichkeit, und alles, was damit zusammenhängt, letztendlich als was Gutes und Einheitliches begreifen? Ziehen wir dazu vielleicht einen verstorbenen Denker, der nicht nur ein (sehr starker) diesseitiger Analytiker und Logiker sondern auch ein Metaphysiker war – Alfred North Whitehead – heran. Vielleicht ist es am besten, man begreift die Öffentlichkeit, die Menschheit, die Weltgeschichte nicht als was Harmonisches, Moralisches oder Schönes: sondern – mit Whitehead – eher als ein Gemälde Gottes, das interessant sein will: und vollständig, indem es auch so vieles Unangenehmes enthält. In dem sich die Dinge entlang der Erstarrtheiten und der Freiheitsgrade, entlang der Koordinaten also, die die Welt ausmachen, entfalten und wieder vergehen. Unhintergänglich, denn das Gute, die Versöhnung, die Harmonie gehören zu den letzten Dingen und zur Struktur der Welt, der Verfall, die Trennung und die Perversion aber auch. Gott ist, laut Whitehead, die Instanz, die all dieses Geschehen, und die all diese Einzelereignisse bewahrt, in den Grund, in die Erinnerung, in die sie schließlich fallen. Das ist der einheitliche Grund der Welt. Das ist die Einheit der Welt. Und das ist die Einheit der Öffentlichkeit. Ich gehe jetzt mal in die heiligen Serverhallen von Meta, wo die Informationen der durch die Welt gefallenen Ereignisse bewahrt werden und versuche dort, mich in eine mystische Stimmung reinzukriegen. Menschen wollen Stolz und Würde und Identität und Einheit. Ihr Stolz und ihre Würde und ihre Identität bestehen darin, dass sie schließlich – jede_x_R einzelne –  nach ethischen Maßstäben gemessen und gerichtet werden, und ihnen gemäß mehr oder weniger bestehen können oder nicht; in der Gegenwart und in der Erinnerung. Tiefer unten im Grund werden sie trotzdem alle bewahrt. Der Maßstab des Ethischen gehört auch zu den letzten Dingen in der Welt und selbst die Menschenwelt ist tief davon durchzogen, dass fortwährend (bis teilweise hektisch) ethische Maßstäbe angelegt werden. Auch die sozialen Medien sind voll davon. In den Inhalten, die auf Facebook generiert werden, drückt sich vielleicht viel weniger, als man gemeinhin bekanntlich glaubt, Selbstdarstellung aus als vielmehr ein dauerndes Diskutieren darüber was richtig ist und was falsch. Das hat manchmal einen höheren Ewigkeitswert, und oftmals nicht. Sie finden trotzdem in einem Rahmen statt. Das Internet bewahrt. Das Internet wiederum ist ein Ereignis in der Welt, und es wird bewahrt im Grund der Welt. Es wird bewahrt, so wie alles andere, im Gemälde Gottes. Wer aber schaut das Gemälde Gottes an? Eben der Große Geist.

Möglichkeit einer Kritik an Guy Debord

„Das Unbehagen der modernen Zeit ist das Unbehagen jeder Zeit. Den Menschen fehlt der Zugang zu ihrem Geist … Neunundneunzig Prozent der Menschen haben keinen Zugang zu ihrem Geist … Ich kann das nicht historisch sehen. Die Geschichte ist für mich ein schwarzes Loch. Was zählt, ist der GEIST. Der Rest ist Schnickschnack.”

Samuel Beckett im Gespräch mit Patrick Bowles, Nov. 1955

Gemeinsam mit Genossen M. habe ich in grauer Vergangenheit festgestellt: Wo Baudrillard entfesselt und selbstzweckhaft vom Simulakrum spricht, da offeriert Debord die stärkere Theorie, indem er diese spezifische Form von gesellschaftlicher Entfremdung (der scheinbaren „Losgelöstheit“ ihrer Zeichen) an die Warenwirtschaft bindet, sie als Epiphänomen des Kapitalismus begreift. Was aber bedeutet eigentlich das? Guy Debords Schlüsselwerk Die Gesellschaft des Spektakels erschien 1967, einer Zeit, wo der westliche Kapitalismus scheinbar seinen größten, entscheidendsten, endgültigen Triumph feiern durfte. Armut und Knappheit schienen überwunden, ebenso wie unversöhnliche Klassengegensätze, die Zukunft leuchtete noch verheißungsvoller als die glückliche Gegenwart in diese herein. Ambivalenz und Ambiguität gab es auch; ein Gefühl dafür, dass anonyme Logiken wie die Technik und die Massenproduktion/konsumtion die Herrschaft über den Menschen übernommen hätten und den Menschen nicht nur von sich selbst, sondern auch von seinem Nebenmenschen entfremden würden; ein Gefühl der Irrealität inmitten penetrant schimmernder Oberflächen – bei einer gleichzeitigen Tristesse der wenig spektakulären und entwickelten urbanen Lebenswelten; einerseits ein Verharren in einer sehr konservativen Mentalität, was vor allem für die Jugend einengend war; andererseits ein Verlust von Tradition und tradiertem Sinn sowie tradierten Hierarchien, was vor allem für Konservative alarmierend schien. Die Filmkunst erreichte dafür einen Höhepunkt, indem Meisterregisseure wie Antonioni, Godard, Tati oder Ozu diese Ambivalenzen zu ihren Themen machten. Die moderne (das heißt offenbar bedeutungs- und geistvolle) Kunst schien sich in der Pop Art zum letzten Mal triumphal aufzubäumen – wobei die gesichtslos-ausdrucksvolle Über- und Unterbestimmtheit, die geheimnislose Geheimnishaftigkeit der Warenwelt von Warhol am symptomatischsten registriert und im Übrigen auch in dieser schweigenden Ambiguität belassen wurde. Ökonomiekritiker und Marxisten wollten sich das nicht leisten und riefen angesichts des Siegeszuges des Kapitalismus kritisch eine Ära des „Spätkapitalismus“ aus. Debord sucht die Gesellschaft in seiner als eine Art Aphorismensammlung gehaltenen Schrift als eine „des Spektakels“ festzustellen: Das ganze Leben der Gesellschaften, in welchen die modernen Produktionsbedingungen herrschen, erscheint als eine ungeheure Sammlung von Spektakeln. Alles, was unmittelbar erlebt wurde, ist in die Vorstellung entwichen, setzt sie, an Das Kapital anspielend, ein(Aphorismus 1). Wo es im Kapital allerdings daraufhin heißt: Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware, bleibt bei Debord eine solche tatsächlich aus: Trotzdem er dauernd davon redet, definiert Debord nie, was ein Spektakel eigentlich sei; und seine Untersuchung ist weniger eine solche als eine fortwährende Aneinanderreihung von Proklamationen. Damit könnte man die Auseinandersetzung mit Debord und seiner Gesellschaft des Spektakels gleich wieder als erledigt betrachten.

Solcherart theoretische Unschärfen könnten allerdings genauso gut ein angemessenes Erkenntnisinstrument sein für Feinheiten oder für Gegebenheiten, die sich der Eindeutigkeit entziehen. Am besten, man fasst das Debordsche Spektakel als eine Art Allegorie. Symbole, Allegorien, Mentalitäten, mentale Repräsentationen oder ein Zeitgeist sind allerdings was, was in der Menschenwelt vorhanden und wirkungsmächtig ist. Und Debord (sowie Baudrillard) sind mit ihren (analytischen) theoretischen Proklamationen immerhin dem Zeitgeist gut entgegengekommen. So erscheint das Spektakel als ein Sinnbild für eine Epoche, in der die Wirtschaft sich verselbstständigt hat; als ein Sinnbild dafür, dass Welt in eine Welt der Oberflächen entschwunden ist, in der kein Terror und keine echte Unterdrückung mehr herrschen, sondern die Macht der Werbung, des Kommerzes und des Fernsehens, die bei aller Freundlichkeit gespensterhaft und unecht wirkt, und ein Unbehagen in der Kultur provoziert. Auf einer so trivialen und offensichtlichen Ebene operiert die Debordsche Diagnostik allerdings nicht – zum Preis aber eben, dass weniger offensichtlich ist, was mit Spektakel eigentlich gemeint ist. Debord erläutert das meistens beispielhaft oder anhand von Aspekten, die mit dem Spektakel einhergehen. Selten wird er konkret und versucht, das Phänomen von der Wurzel her zu bestimmen – und wenn, dann in einer Art und Weise, dass sich die Bestimmung schon wieder schnell verflüchtigt, wie z.B. wenn er sagt: Das Spektakel ist das Kapital in einem solchen Grad der Akkumulation, dass es zum Bild wird. (34) Allgemein versteht er unter dem Spektakel eine Form der irrealen Einheitsstiftung, eine halluzinatorische, implizit propagandistische, ich-syntone Anschauungsdoktrin über eine vermeintlich einheitliche, pazifizierte, mit sich selbst identische Gesellschaft, die in Wirklichkeit aber in sich getrennt ist und in der die bestimmenden Kräfte daran interessiert sind, diese Trennungen aufrecht zu erhalten: die also, genau gesagt, eine kapitalistische Klassengesellschaft ist. Die durch das Spektakel ausposaunte irreale Einheit ist die Maske der Klassenteilung, auf der die reale Einheit der kapitalistischen Produktionsweise beruht. (72) Damit ist das Konzept vom Spektakel so was ähnliches wie der Marxsche Warenfetisch oder eben eine Form des „falschen Bewusstseins“. Debords spezifischer Marxismus legt den Fokus der Kritik weniger auf Ausbeutung sondern vielmehr auf Entfremdung innerhalb kapitalistischer Gesellschaften. Das Spektakel fungiere als Hinwegtäuschung über und gleichzeitig Bekräftigung und Vertiefung der zunehmenden Unfähigkeit der Menschen, einander „authentisch zu begegnen“. Das Spektakel ist materiell „der Ausdruck der Trennung und der Entfremdung zwischen Mensch und Mensch“. (215) Es ist … das Spektakel, das als eine systematische Organisation des „Versagens der Begegnungsfunktion“ und als deren Ersatz durch ein halluzinatorisches gesellschaftliches Faktum zu begreifen ist: das falsche Bewusstsein der Begegnung, die „Illusion der Begegnung“. (217) Die Möglichkeiten der Menschen, einander zu begegnen, liegen letztendlich im Menschen selbst. Die Möglichkeiten der Menschen, einander zu begegnen sind einerseits erstaunlich, andererseits enttäuschend. Das weiß jeder, und das weiß auch Debord. Das macht allerdings Kulturkritik und Untersuchung spezifischer sozioökonomischer Konstellationen und wie sich Menschen darunter verhalten nicht nutzlos. Und Debord steht eben dem Marxismus nahe und will den Gesellschaftszustand im Jahre 1967, einem Jahr des größten Triumphes des Kapitalismus feststellen bzw. möglichst vernichtend kritisieren.

Der Marxismus ist ein groß angelegter – und großartiger – Versuch, den Kapitalismus als Ganzes – und das bedeutet auch: in seiner Eingelassenheit in die Gesellschaft und die Geschichte, in die Menschenwelt insgesamt – zu fassen. Allerdings im Wesentlichen bzw. meistens ausschließlich daraufhin reflektiert, dass er was Falsches und Heteronomes, und (daher) auch etwas zum Scheitern und zum Untergang Verurteiltes sei. Für junge Menschen kann der Marxismus mit seinem scheinbar rational fundierten Welterklärungsanspruch was Faszinierendes sein. Das seltsame Charisma des Marxismus (das ihn auch gleichzeitig an seiner Oberfläche charismatisch leicht und in seinem Kern (der Mehrwerttheorie) charismatisch schwer verständlich macht) liegt darin, dass er vermittelt, zu einer Art traumatischen Kern des Weltprozesses, einem Ding an sich hinter den Erscheinungen, einer unabwendbaren Gesetzmäßigkeit vorzustoßen und zu einer (als „Dialektik“ getarnten) Mechanik, gemäß derer der Kapitalismus (und alles gängige Weltverständnis) aus inhärenten Gründen scheitern und durch etwas anderes (furchtbar Aufregendes und Charismatisches) abgelöst werden müsse. Als derartige Gesetzmäßigkeiten, Entwicklungen, Ursünden, Konsequenzen, Entfaltungen von Widersprüchen werden im Rahmen des Marxismus aufgeführt: das Wertgesetz, die Mehrwerttheorie, der Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert, der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktivkräfte und ihrer privatwirtschaftlichen Aneignung, die Trennung des Arbeiters von seinem Produkt, die sogenannte ursprüngliche Akkumulation, die Verelendungsthese, der Warenfetisch, der Kapitalfetisch, der Klassenkampf, der Umschlag von Quantität in Qualität und die Negation der Negation innerhalb des Klassenkampfes, die Überakkumulationsthese, die Unterkonsumtionsthese, das Gesetz vom tendenziellen Fall der Profitrate, die Sprengung der Produktionsverhältnisse durch die Entwicklung der Produktivkräfte, die Determiniertheit des geschichtlichen Verlaufs durch die Ökonomie (in letzter Instanz), die Dialektik zwischen Basis und Überbau, die Konzentration des Kapitals, das Finanzkapital, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, der Spätkapitalismus, der Neoliberalismus, das Empire. Aus all dem lässt sich aber – weder praktisch noch theoretisch – eine Gesetzmäßigkeit begründen, warum „der Kapitalismus“ „scheitern“ müsse. So gesehen ist der charismatisch vermittelte „Kern“ des Marxismus leer, bzw. ist er vielmehr ein traumatischer Kern, der sich als solcher der Selbstaussage entzieht. Dieser traumatische Kern wäre im Fall des Marxismus ein (hilfloser) Hass auf den Kapitalismus oder auf die bestehende Gesellschaft (oder auf irgendwas wie z.B. Autoritäten – oder auch auf real existierende Ungerechtigkeit – der dann auf die Gesellschaft oder den Kapitalismus projiziert wird). – Natürlich kann sein Kern auch Liebe und Interesse sein; der Wunsch, eine bessere Welt zu schaffen. Ob er dem Hass- oder dem Liebe-Pol näher steht, hängt vom individuellen Fall ab.

Wir befinden uns im Jahr 1967 (Gilles Deleuze). Marxisten ist es immer wieder zu eigen, dass wenn ihre spezifischen Vorhersagen und Prognosen in der Wirklichkeit nicht eintreten, sie dann ganz einfach die Wirklichkeit als etwas Falsches abtun. Die Wirklichkeit als etwas Falsches (und daher auch scheinbar beliebig Veränderbares) abzutun, ist, symptomatischer gefasst, eine Art Grundlage des Marxismus. Debord befindet sich im Jahr 1967 und tut die triumphierende kapitalistische Wirklichkeit als Wirklichkeit insgesamt ab. Das Spektakel, das die Verwischung der Grenzen von Ich und Welt durch die Erdrückung des Ichs ist, das von der gleichzeitigen An- und Abwesenheit der Welt belagert wird, ist ebenso die Verwischung der Grenzen zwischen dem Wahren und dem Falschen durch die Verdrängung jeder erlebten Wahrheit unter der von der Organisation des Scheins gewährleisteten reellen Präsenz der Falschheit. (219) Bei der Lektüre von der Gesellschaft des Spektakels fällt auf, dass all das – die Verwischung der Grenzen von Ich und Welt durch die Erdrückung des Ichs, die gleichzeitige An- und Abwesenheit der Welt, die Verwischung der Grenzen zwischen dem Wahren und dem Falschen durch die Verdrängung jeder erlebten Wahrheit und die Gewährleistung der reellen Präsenz der Falschheit unter der Organisation eines Scheins – von Debord und seinem Spektakel(un)begriff selbst gewährleistet und organisiert wird. Die gesamte moderne westliche Kultur fasst Debord als etwas Spektakelhaftes auf: als etwas, das den Schein einer Einheit und Versöhntheit über eine Wirklichkeit organisieren will, die unversöhnt ist und bleibt. Abermals kommt er mit überraschenden, intelligenten Analysen daher, innerhalb eines Verständnisses allerdings, das willkürlich und selektiv ist (und bleibt). Als libertärer Kommunist ist Debord negativ gegen den Sowjetkommunismus eingestellt, in dem er keinen Kommunismus erblicken will, sondern die Herrschaft einer Bürokratie – die sich aber gleichermaßen des Spektakels bediene. Der Inhalt des sowjetischen Spektakels sei es,  die Herrschaft der Bürokratie nach außen hin abzustreiten und die des Kommunismus vorzugaukeln. Ein solches Spektakel ist dann aber was anderes als das „kapitalistische“ Spektakel, das Debord meistens im Blick hat, und ein solcher erweiterter Spektakelbegriff relativiert die Bedeutung und die Skandalträchtigkeit des Spektakels letztendlich: indem es zu etwas den menschlichen Gesellschaften scheinbar mehr oder weniger innewohnendem und zu etwas Natürlichem wird. Als eben libertärer Kommunist strebt Debord deshalb eine ungefilterte Welt an, die sich in Arbeiterräte und Selbstverwaltung organisiert – ohne dass er sich darüber nennenswert auslässt. Das ist nicht verwunderlich, denn die Idealisierung einer solchen Welt als etwas Paradiesisches erscheint naiv. (In seinen zwei Jahrzehnte später erschienenen Kommentaren zur Gesellschaft des Spektakels bezeichnet Debord den „ersten Apologeten des Spektakels“, Marshall McLuhan, mit dessen Vision vom „globalen Dorf“ als den überzeugtesten Dummkopf des Jahrhunderts, denn: Im Gegensatz zu den Städten sind die Dörfer stets von Konformismus, Isolierung, kleinlicher Bespitzelung, Langeweile und dem stets wiedergekäuten Tratsch über einige wenige und immer dieselben Familien beherrscht worden … (XII) Warum sollte das in den Arbeiterräten anders sein? Seine eigene Schrift, Die Gesellschaft des Spektakels, bezeichnet Debord übrigens, schon wieder irgendwie spiegelbildlich dazu, als das wichtigste Buch des Jahrhunderts.) So bleibt Debord dann, in seiner Unfähigkeit irgendwo Wahrheit und Authentizität zu finden, allerdings nichts als die Negation, das Negative als das einzig Wahre anzuerkennen: Die Wahrheit dieser Gesellschaft ist nichts anderes als die Negation dieser Gesellschaft. (199) Sie (die Kritik, Anm.) ist keine Negation des Stils, sondern der Stil der Negation. (204) In der Sprache des Widerspruchs stellt sich die Kritik der Kultur als vereinheitlicht dar: insofern sie das Ganze der Kultur – ihre Erkenntnis wie ihre Poesie – beherrscht und insofern sie sich nicht mehr von der Kritik der gesellschaftlichen Totalität trennt. Diese vereinheitlichte theoretische Kritik allein geht der vereinheitlichten gesellschaftlichen Praxis entgegen. (211) Diese vereinheitlichte gesellschaftliche Praxis führe dann zur „Revolution“. Die Revolution wird jedoch nur triumphieren, wenn sie sich weltweit durchsetzt, ohne irgendeiner noch bestehenden Form der entfremdeten Gesellschaft auch nur den kleinsten Raum zu überlassen. So haben das auch die Roten Khmer verstanden. Der Geist, der stets verneint, ist ja auch bekannt als Mephisto.

Die Gesellschaft des Spektakels ist eine eigentümliche Mischung aus hochintelligenter Diagnostik und Analyse und einem großartigen Sinn, Zusammenhänge herzustellen und Sinn zu stiften und einer brutalen Gleichgültigkeit, anzuerkennen, was objektiv richtig ist und was falsch, was angemessen ist und was nicht, was gut ist und was schlecht. Letzteres ist keine Dummheit, sondern ein obstinater Egoismus und eine dementsprechende emotionale Eingeschränktheit – die dann eben auch auf „den Feind“ übertragen wird bzw. das obstinate Feindbild (als etwas radikal und obstinat Egoistisches) konstituiert und aufrechterhält. Das Spektakel in seiner ganzen Ausdehnung ist sein eigenes „Spiegelzeichen“. (218) Der Egoist sieht im Wesentlichen sich selbst in der Welt bzw. projiziert sein Innenleben in die Welt. Auch wenn es ganz groß angekündigt wird, bleibt das eigentlich Positive, das eigentlich Substanzielle eigentümlich vakant und leer. Es ist ihm schwer anzugeben, wovon er eigentlich redet. Also ist sein Reden ein ständiges Kreisen. Das Spektakel ist absolut dogmatisch, und zugleich ist es ihm unmöglich, zu irgendeinem festen Dogma zu kommen. Für das Spektakel hört nichts auf; dies ist sein natürlicher und dennoch seiner Neigung widrigster Zustand. (71) Debord ist ein eigentümlich offener Geist, der diese Offenheit mit einer radikal geschlossenen Festungsmentalität kombiniert. Sein Hauptthema war, wie authentische Begegnung zwischen Menschen bewerkstelligbar sei – doch wie soll das eben gehen: wenn man in einer Festung haust? In einer Gesellschaft, in der niemand mehr von den anderen anerkannt werden kann, wird jedes Individuum unfähig, seine eigene Realität zu erkennen. Die Ideologie ist zu Hause, die Trennung hat ihre Welt gebaut. (217) Fühlte sich Debord zu wenig anerkannt? Man hat den Eindruck, dass hinter der Entscheidung für eine kommunistische, feministische, antikolonialistische, transaktivistische etc., insgesamt also eine dezidiert herrschaftskritische politische Orientierung ein pathologisches Anerkennungsbedürfnis stecken kann; ein unbedingtes Bedürfnis danach, von „den Mächtigen“ als gleich mächtig oder als noch mächtiger (bzw. als der „eigentlich“ Mächtige) anerkannt zu werden. Da es sich um ein pathologisches Bedürfnis handelt, muss es nicht durch reale (gesellschaftlich vermittelte) Deprivationen provoziert sein (nicht einmal durch reale zwischenmenschlich vermittelte), es mag in diesen aber seine Projektionsfläche finden. In der Regel geht solchen Individuen auch die Empathie für andere ab, so dass sie tatsächlich nicht gut in der Lage sind, andere Menschen und die Gesellschaft insgesamt in ihrer Diversität wahrzunehmen und zu verstehen und ihre eigene Realität zu erkennen. Die Ideologie ist zu Hause, die Trennung hat ihre Welt gebaut. Aufgrund ihrer mangelnden Empathie haben sie auch Schwierigkeiten, anderen Menschen authentisch zu begegnen, und vielleicht weil sie keine Klarheit über sich haben, vermuten sie dieses Unwissen auch bei anderen. Bei den einen und anderen Linken, die frenetisch gegen etablierte Autoritäten anrennen, ist der Wunsch unübersehbar, selbst als Autoritäten anerkannt zu werden. Trotz des Erfolges von Die Gesellschaft des Spektakels hat Guy Debord es abgelehnt, die Rolle einer Autorität einzunehmen. Vielleicht ist das nur eine raffiniertere Eitelkeit, wahrscheinlich aber auch nicht. Das Werk von Guy Debord trägt die Züge eines solitären Denkertums und solitäre Denker lehnen Führungs- oder überhaupt soziale Rollen meistens ab, da sie, sich selbst in andere projizierend, emotional davon ausgehen, dass auch die anderen Menschen selbst denken. Sie merken dann freilich, dass die das (so, in der Form) nicht tun und neigen dann wieder umso mehr dazu, alle anderen deswegen als gehirnamputiert und fremdgesteuert zu verkennen (was sie so, in der Form, nicht sind). Vorher war Guy Debord innerhalb der S.I. eine dominante Figur und ist auch als solche kritisiert worden. Vielleicht hat er sich das zu Herzen genommen. Es ist eventuell schwierig, den Spagat zwischen einem solitären und einem politischen Denkertum zu verwirklichen. Es gibt eine Menge Länder auf der Welt, so Rumsfeld, und eine Menge Menschen. Und jeder ist irgendwie anders und irgendwie für sich. Guy Debord habe ich ja nicht gekannt. Mein Nachbar, W., erinnert sich an die Situationisten als bei bzw. verbunden mit all ihrer Brillanz und historischen Notwendigkeit vielfach einfordernde, größenwahnsinnige und unverschämte Leute. Bei uns in Wien gebe es eine Gruppe von Typen, die nach wie vor auf die Situationisten schwören. Intellektuelle Althippies, die durch ihre Inflexibilität und einen moralischen Rigorismus auffallen – wobei ihre Moralvorstellungen ja insgesamt gut seien. Es ist wahrscheinlich traurig, dass die Welt in einem nur losen Zusammenhang mit diesen Moralvorstellungen steht. Vielleicht war Guy Debord ein trauriger Mensch, und seine Philosophie und Gesellschaftsdiagnose Ausdruck einer elementaren Traurigkeit.