Gewidmet … den wenigen Männern, die sich nicht dressieren lassen, den wenigen Frauen, die nicht käuflich sind – und den Glücklichen, die keinen Marktwert haben, weil sie zu alt, zu hässlich oder zu krank sind.
Widmung zu Der dressierte Mann
In meiner argentinischen Familie gibt es viele Frauen aus diversen Generationen. Nicht alle lehnen Chilenen, Chinesen, Brasilianer, Homosexuelle, Kapitalisten, Polizisten oder gegnerische Fußballvereine ab. Aber keine von ihnen mag Feministinnen. Esther Vilar ist Deutschargentinierin. Sie hat 1971 das Buch Der dressierte Mann veröffentlicht. Aus einer Wut auf die Frauen und auf die Frauenbewegung heraus. Oder vielleicht auch aus einer Wut, aus irgendwelchen Gründen, auf sich selbst. 1975 hat sie im Zusammenhang mit ihren provokaten Thesen ein legendäres TV-Duell mit Alice Schwarzer ausgetragen, das Alice Schwarzer berühmt gemacht hat (Esther Vilar war schon vorher berühmt). Während Alice Schwarzer fünfstellige Eurobeträge an Steuern hinterzogen und ins Ausland geschafft hat, mit der (für Dikatatoren üblichen) Begründung, dort einen Finanzpolster zu haben, falls sie außer Landes fliehen muss, hat Esther Vilar Deutschland tatsächlich im jenem Jahr verlassen, da sie über Jahre hinweg Drohungen und Morddrohungen erhalten hat, Lesungen von ihr nur unter Polizeischutz stattfinden konnten, und sie dauernd von Feministinnen auf Damentoiletten zusammengeschlagen wurde (die von der Schwarzer aktuell in der Transdebatte wieder mit der üblichen Wut und medienwirksamen Vehemenz als Rückzugs- und Schutzräume für Frauen verteidigt werden). Eine mutige Frau; eine integre Frau! Die sich nicht davor gescheut hat, erfolgreich ihren Weg zu gehen und unbequeme Wahrheiten auszusprechen. An und für sich die Vorlage für einen Idolstatus unter der Frauenbewegung. Mit ihrer Wut auf die Frauen und auf die Frauenbewegung hat Esther aber eben auch einen Haufen Wut auf sich gezogen, vor allem von Seiten der Frauenbewegung.
Kernthese vom dressierten Mann ist dabei, dass es nicht der Mann sei, der die Frau unterdrückt, sondern umgekehrt die Frau, die den Mann unterdrückt und ihn, zu ihrem eigenen Vorteil, dressiert – um von ihm versorgt, gefüttert und beschützt zu werden: Die Frau lässt den Mann – nur aufgrund der Tatsache, dass er ein Mann ist und sie etwas anderes, nämlich eine Frau – bedenkenlos für sich arbeiten, wann immer es eine Gelegenheit dazu gibt. Selber tut die Frau dabei fast nichts, und besteht daher also auch aus fast nichts. Sie muss sich ja nichts aneignen, außer eben einen Mann, der sie heiratet und der alles für sie tut. Wir haben gesagt, die Frau sei, im Gegensatz zum Mann, ein Mensch, der nicht arbeitet. Man könnte hier die Definition der Frau schon abschließen – viel mehr lässt sich wirklich nicht über sie sagen –, wäre nicht der Begriff Mensch ein zu umfassender, zu ungenauer Begriff, um Mann und Frau damit gleichzeitig zu definieren. … Das menschliche Dasein bietet die Wahl zwischen einer mehr animalischen – also tierähnlichen, niederen – Existenz und einer geistigen. Die Frau wählt fraglos die animalische. Körperliches Wohlbefinden, ein Nest und die Möglichkeit, darin ungehindert ihren Brutregeln nachzugehen, sind ihr das höchste. Na Potzblitz! Wir Männer fragen uns ja immer und rätseln: was wollen die Frauen?? (und eine witzige Antwort unter uns Männern darauf lautet: mehr!). Aber da scheinen wir die Antwort endlich zu haben – wird sie doch noch dazu von einer dieser rätselhaften, allgemein in Nebel und in Schweigen – oder aber in belangloses, Nebelgranaten werfendes Sprechen – sich hüllenden Frauen ausgesprochen! Denn Esther Vilar ist eine Frau und kennt sich daher. Also muss das dann ja stimmen! Und wir denken immer, die Frauen hätten schwere Kämpfe auszufechten! Aber: Die Frau kennt keinen Kampf. Wenn sie ihr Studium abbricht und einen Universitätsdozenten heiratet, hat sie ohne Anstrengung das gleiche erreicht wie er … als Frau hat sie immer den Lebensstandard und das Sozialprestige ihres Mannes und muss nichts tun, um diesen Standard und dieses Prestige zu erhalten – das tut er. Der kürzeste Weg zum Erfolg ist deshalb für sie immer noch die Heirat mit einem erfolgreichen Mann.
Wenn ich mich recht erinnere, hatte meine Mutter den Dressierten Mann in ihrem Bücherregal stehen – während mein Vater tausende von Büchern in seinen Regalen hatte, die sich fast ausschließlich auf die Möglichkeiten der Befreiung der Arbeiter und allgemein der Entrechteten und Unterdrücken bezogen haben. Männer sind, nach meiner Erfahrung, geradezu besessen davon, die Entrechteten und Unterdrückten zu befreien – und also auch die Frauen zu befreien, die sie ebenfalls für entrechtet und unterdrückt halten. Als was sie erscheinen, wenn sie denn nach den Maßstäben der Männer gemessen werden: Es ist ganz logisch, dass der Mann, der die Frau für seinesgleichen hält und dabei mitansehen muss, was für ein stupides Leben sie neben ihm führt, glaubt er unterdrücke sie. Doch solange man sich erinnert, ist die Frau nicht mehr zu irgendeiner Unterwerfung unter den Willen des Mannes gezwungen worden, im Gegenteil: Es sind ihr alle Möglichkeiten zur Verfügung gestanden, sich unabhängig zu machen. Wenn sich also die Frau in dieser langen Zeit nicht von ihrem „Joch“ befreit hat, dann gibt es dafür nur eine Erklärung: Sie hat keins. Also so was, also so was! Als Mann muss ich an dieser Stelle sagen: das hätten wir nie für möglich gehalten. Die Frau ist also nicht unterdrückt und steht unter keinem Joch! Aber Esther Vilar ist eine Frau. Die muss es ja wissen!
Da der Mann – im Gegensatz zur Frau – technikbegeistert ist und begeistert von den Möglichkeiten, eine bessere Welt zu schaffen, lässt er sich jedoch nicht beirren in seinem optimistischen, fröhlichen Drang, auch für Frauen eine bessere Welt zu schaffen. Er konstruiert – neben Autos, Hubschraubern oder Raumschiffen – Staubsauger, Waschmaschinen, Fernseher oder Geschirrspüler, um der Frau das Leben zuhause einfacher zu machen und ihr viel mehr freie Zeit und Muße zu verschaffen. Aber: Statt dass die Frau jetzt anfängt, ein Leben des Geistes zu führen, sich um Politik, Geschichte oder die Erforschung des Weltraums zu kümmern, verwendet sie die gewonnene Zeit darauf, Kuchen zu backen, Unterwäsche zu bügeln, Rüschchen zu nähen oder, wenn sie ganz unternehmungslustig ist, die sanitären Einrichtungen des Badezimmers mit Blumengirlanden zu bekleiden. Ja, also wenn ich das jetzt versuche, mir zu überlegen und meine Eindrücke und Erfahrungen zu ordnen: dann ist das immer genau so gewesen; wenngleich es in ganz allerjüngster Zeit ein paar hauchzarte Veränderungen zu geben scheint, die allerdings, wie es ja in erster Linie die Feministinnen selbst sind, die das sagen, zu unbedeutend sind, um ernst genommen werden zu können und um von einer bloßen emphemeren statistischen Schwankung, wie sie sich dauernd ereignen, tatsächlich unterschieden werden zu können. (Berufstätigkeit und Studium der Frau verfälschen also nur die Statistik und dienen außerdem dazu, den Mann noch hoffnungsloser zu versklaven – denn sowohl Beruf als auch Ausbildung sind für Mann und Frau etwas völlig verschiedenes.)
Für Technik interessieren sich Frauen auf jeden Fall nicht, weder in Ausbildung, noch im Beruf. Man muss nur einmal an einer Baustelle vorbekommen, an der irgendein neues Arbeitsgerät eingesetzt wird, zum Beispiel eine neue Art Bagger. Es gibt kaum einen Mann – ganz gleich, welcher sozialen Schicht –, der daran vorbeigeht, ohne zumindest einen längeren Blick darauf geworfen zu haben. Viele aber bleiben stehen, sehen zu und unterhalten sich darüber, welche Eigenschaften die neue Maschine besitzt, wie viel sie leistet, warum sie es leistet und inwiefern sie sich von herkömmlichen Modellen unterscheidet. Einer Frau würde es nicht einfallen, an einer Baustelle stehenzubleiben, es sei denn, die Menschenansammlung wäre so groß, dass sie glauben müsste, eine prickelnde Sensation („Arbeiter von Planierraupe zermalmt“) zu versäumen. In einem solchen Fall würde sie sich erkundigen und sich dann sofort wieder abwenden. Das wurde im Dressierten Mann 1971 gesagt. Heute, 50 Jahre und das bedeutendste halbe Jahrhundert der politischen, ideologischen und lebenspraktischen Frauenemanzipation der Weltgeschichte später verfolge ich auf Facebook die Seite Awesome Earthmovers, gemeinsam mit einer knappen Million anderen Menschen aus aller Welt, obwohl mich Bagger nur ganz, ganz peripher interessieren und sie mit meinem Leben und meinem Beruf nichts zu tun haben. Frauen sind dort allerdings so selten, dass sich ihre Anwesenheit fast noch kurioser und sensationeller ausmacht als die außerirdischen, weltraumrechnologieähnlichen Riesenmaschinen, die dort präsentiert werden. Kurios, aber was der Mann nicht weiß, ist, dass die Frauen diese Neugier, diesen Ehrgeiz, diesen Tatendrang, die ihm so selbstverständlich erscheinen, nicht kennen. Wenn sie nicht an der Welt der Männer teilnehmen, dann deshalb, weil sie nicht wollen: Sie haben kein Bedürfnis nach dieser Welt. Die Art Unabhängigkeit der Männer wäre für sie vollkommen wertlos, sie fühlen sich nicht abhängig. Die geistige Überlegenheit des Mannes schüchtert sie nicht ein, Ehrgeiz in geistigen Dingen kennen sie ja nicht. Eine sehr gescheite Frau, Esther Vilar! Sie lässt sich von niemandem einschüchtern: außer von der Intelligenz des Mannes! Und eine sehr gebildete, ungwöhnlich interessierte und informierte Frau! Einmal erwähnt sie im Dressierten Mann sogar Samuel Beckett (mit der doppelbödigen Bemerkung, dass er vielleicht einmal eine Komödie schreiben sollte, in der eine Frau bis zur Taille in einem Erdhügel steckt und nach ihrer Zahnbürste sucht, wie in „Glückliche Tage“. Vielleicht hätte er damit sogar Erfolg beim Publikum.) Sie hat sicher einen IQ von 142, und ist damit eine der intelligentesten und wissendsten Frauen der Erde, denn recht viel höher werden die Intelligenzquotienten (bei Männern hin und wieder, aber) bei Frauen nur mehr ganz, ganz, ganz, ganz selten. Esther Vilar muss es also wissen. Sie blickt praktisch vom Gipfel auf alles herab.



Wenn die Frau aber schon nicht arbeiten will und auch nicht sich bilden – wollen die Männer doch wenigstens erreichen, dass sich die Frauen zumindest vergnügen können. Wieder können sie intellektuell nicht verarbeiten, was sie mit ihren ungläubigen Augen doch ganz klar sehen müssten: Frauen vergnügen sich die ganze Zeit, Frauen sind vergnügungssüchtig und interessieren sich für überhaupt nichts anderes als für ihr Vergnügen. Diese Vergnügungen aber sind: Kuchenbacken, Wäschebügeln, Kleidernähen, Fensterputzen, Löckchendrehen, Fußnägel lackieren und zuweilen – bei hochentwickelten Frauen, wir werden später noch auf sie zu sprechen kommen – auch Maschineschreiben und Stenographieren. Haha, gut gebrüllt, Löwin! Eine kluge Frau, wie die das durchschaut! Und wie die unbequeme Wahrheiten ausspricht! Noch klüger, und vor allem stringenter, als diese Lisa Eckhart. Was täten wir Männer ohne solche vereinzelten, isoliert auftretenden Frauen, die den Vorhang wegziehen vom Mysterium ihrer Geschlechtsgenossinen, vom Mysterium Frau?? Als geistiges, verantwortungsbewusstes Wesen wird es der Mann nämlich kaum fassen können, dass jemand in so etwas Vergnügen finden könnte – aber die Frau eben tut es, permanent. Sie ist damit nicht unterdrückt, sondern glücklich: Auf diese Weise schwelgt sie mit ihrer Clique in einem großen, permanenten Fest, lebt in einer Welt der Freiheit, Verantwortungslosigkeit und des rationalen Glücks, von der ein Mann für sich nicht einmal zu träumen wagt und die er allenfalls bei Hippies oder Südseeinsulanern vermuten würde, aber nie in seiner eigenen Umgebung.
Das liegt daran, dass die Welten der Männer und die der Frauen so verschieden sind, dass sie, trotz geographischer Nähe bzw. Identität, keine gegenseitigen Umgebungen bilden: Tatsache ist, dass die Männer sich wirklich dafür interessieren, ob es auf dem Mars primitive Lebensformen gibt oder nicht oder ob die Argumente der Chinesen im russisch-chinesischen Grenzkonflikt stichhaltiger sind als die der Russen, und dass solche Probleme die Frauen absolut kalt lassen. Sie interessieren sich dafür, wie man braune Häschen stickt, Kleider häkelt oder ob sich eine bestimmte Filmschauspielerin scheiden lässt oder nicht. So leben beide schön voneinander getrennt, jeder mit seinem eigenen Horizont und ohne jemals mit dem anderen in wirkliche Berührung zu kommen. Das einzige Thema, das sie beide interessiert, ist die Frau. Weil sich Männer für Frauen interessieren (bzw. wie man mit Esther Vilar wohl sagen könnte: weil Männer sich überhaupt für was interessieren – oder, Frau Vilar?) glauben sie auch, dass umgekehrt Frauen sich für Männer interessieren. Außerdem glauben Männer, dass Frauen ihnen berechtigterweise die kalte Schulter zeigen würden, wenn sie das denn tun, weil sie, in ihrer Tollpatschigkeit und ihrem plumpen Fokus auf die Technik, immer wieder so unsensibel wären, den Frauen gegenüber. Wie sie sich irren: Die Frau fühlt sich durch den Mann alles andere als bevormundet. Eine der vielen deprimierenden Wahrheiten im Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist einfach die, dass in der Welt der Frauen der Mann praktisch nicht existiert. Der Mann ist der Frau nicht wichtig genug, dass sie sich gegen ihn auflehnt. Ihre Abhängigkeit von ihm ist ja nur materieller, gewissermaßen „physikalischer“ Art. Es ist die Abhängigkeit eines Touristen von seiner Fluggesellschaft, eines Wirtes von seiner Kaffemaschine, eines Autos von Benzin, eines Fernsehgeräts von Strom. Solche Abhängigkeiten bereiten keine Seelenqualen. Frauen interessieren sich nicht für Männer; sie interessieren sich für andere Frauen, mit denen sie wetteifern, bei denen sie sich was abgucken wollen, bei denen sie schauen, dass keine ihr überlegen ist bzw., wenn sie überlegen ist, dann zu dem Zweck, dass sie sie imitieren können, im Hinblick auf Schminken, Mode und Schönheit der Erscheinung.
(Worauf Der dressierte Mann auch hinweist: während Frauen darauf achten, sich gegenseitig im äußeren Erscheinungsbild zu übertreffen, scheinen Männer fast eher darauf bedacht, sich gegenseitig zu unterbieten, oder aber in Gleichförmigkeit zu erstarren: auf jeden Fall sich nichts anzuziehen und nichts zu kultivieren, was sie selber schön oder gar individuell machen würde. Abgesehen davon, dass Männer kaum Bedürfnisse haben und genügsam sind, würde ein modischer Look sie beim harten Arbeiten stören – und ihren Erfolg bei Frauen in keinster Weise erhöhen. Und selbst wenn er sie trüge und sie ihm gut stünden, würden sie seinen Erfolg bei den Frauen gewiss nicht vergrößern, denn Frauen beurteilen Männer – ganz anders als Männer Frauen – niemals nach ästhetischen Gesichtspunkten. Männer, die vorübergehend individualistischen Haarschnitt tragen, merken das meist nach einiger Zeit von selbst und kehren zu einer der zwei bis drei Varianten der männlichen Kurz- oder Langhaar-Standardfrisuren zurück. Ja, das kenne ich gut. Aber ich behalte diese Dinge halt mal bei, da ich gut gewählt aus der Art fallende, vor allem schöne Dinge mag. Oder halt, weil ich Künstler bin – und damit eigentlich zähle zu einer Amüsiertruppe für Frauen (da ich aber ein echter Künstler und ein tiefsinniger Humorist bin und kein bloß farbenprächtiger Clown, wissen sie nicht, wie sie daran amüsant oder interessant finden sollten). Hin und wieder bekomme ich für meinen roten Anzug, meinen Joop-Anzug, meinen Yukata, mein farbenprächtiges afrikanisches Hemd, mein philippinisches Barong-Hemd oder meine Unikat-Hose, die eine Kostümbildnerin angefertigt hat, auch Anerkennung. In Wirklichkeit sehr selten natürlich, denn praktisch alle laufen in ihrem Zombiewalk trotzdem auch an so was unbeteiligt vorbei. Aber hin und wieder bekomme ich auch Zuspruch und es erregt Begeisterung, Wärme und Interesse – hauptsächlich allerdings von Seiten von Männern. Da ich aber gut gewählt aus der Art fallende Dinge mag, bewundere immer wieder einmal ich es spontan, wenn eine Frau besonders gut und individuell angezogen und gestyled ist (was allerdings ebenfalls selten passiert). Dann lacht sie auf und bedankt sich, in ihrer typischen weiblichen Mischung aus einem knallharten, mit sich selbst identischen Narzissmus und einer idiotischen Verlegenheit und Verschämtheit, bevor sie wieder mit ihrem eiskalten Blick und ihrem leblosen Gesichtsausdruck weiterzieht.)
Aber Frauen interessieren sich eben nur für andere Frauen. Das ist für Frauenmagazine einerseits gut, andererseits schlecht, da sich der mögliche Stoff, über den berichtet werden kann, sich an und für sich schnell erschöpft. Andererseits aber auch auf ein ungeheuer breites Reservoir zurückgegriffen kann, wenn es in einer bestimmten Weise geschieht: Jeder Artikel muss den Eindruck erwecken, als handle es sich um einen Bericht über Frauen. Nur unter einer Überschrift wie „Frauen waren mein Ruin“ könnte über einen gealterten Boxer berichtet werden, ein Komponist muss während des Interviews zumindest einmal sagen, dass ihn Frauen inspiriert haben und dass ja auch ein schönes Mädchen wie eine Melodie sei – nur noch schöner. Wenn diese Tarnung gut gelingt, ist es durchaus möglich, die entferntesten Themen an die Frauen heranzutragen. Hey, was für ein intelligentes Machwerk! Oh Mann, sind diese Frauen blöd! Nicht einmal für gealterte Boxer interessieren sie sich! Es haut einen einfach um. Die Dummheit der Frauen ist so überwältigend, dass alles, womit sie in Berührung kommen, gleichsam wie von ihr durchtränkt wird. Sie fällt nur deshalb nicht auf, weil ihr jeder von der ersten Sekunde seines Lebens an ausgeliefert war und sich so unmerklich an sie gewöhnen konnte. Gut, dass es Esther Vilar gibt. Der dressierte Mann ist wohl das auklärendste Buch, das ich – unter zehntausenden von anderen – je gelesen habe. Unter anderem Bücher von Feministinnen und Emanzen. Denen habe ich immer geglaubt. Nur in letzter Zeit ist das ein ganz klein wenig brüchig geworden, sind da der eine und andere Zweifel aufgetreten; den Esther Vilar im dressierten Mann eigentlich schon 1971 ausgeräumt hätte: Die emanzipierte Frau ist genauso dumm wie die anderen, aber sie möchte nicht für so dumm gehalten werden: Von Hausfrauen spricht sie nur auf die abfälligste Art. Ja, das stimmt. Das ist eigentlich alles, was in The Psychic Life of Power oder Revolt, She Said drinnensteht.
Wie sollte die Emanzipation je gelingen – wenn das überhaupt eine Kategorie für eineN ist – wenn — naja, wie Esther Vilar es ausdrückt: Bei den Frauen selbst übrigens haben sich die Emanzipationsbestrebungen wie üblich in einer modischen Variante erschöpft: Eine Zeitlang gefielen sie sich in der oft belächelten Maskerade der Suffragetten. Einen ähnlich tiefen Eindruck hat später die Philosophie Sartres auf die Frauen gemacht. Zum Beweis, dass sie alles verstanden hatten, ließen sie sich die Haare bis zur Taille wachsen und trugen dazu Hosen und schwarze Pullover. Das gleiche wiederfuhr kürzlich den Lehren des Kommunistenführers Mao Tse-tung; für die Dauer einer Saison war der „Mao-Look“ in Mode. Haha, sehr gut! Studiert die Werke des Vorsitzenden Mao Tse-tung, hört auf seine Worte und handelt nach seinen Weisungen!, hat da damals noch Lin Biao (ein Mann) gefordert. Lasst hundert Blumen blühen, lasst hundert Schulen miteinander wetteifern, hat der Große Steuermann selbst ausgerufen (bevor ihm die Konsequenzen davon aber schnell zu anstrengend geworden sind) (wobei Mao Tse-tung (etwas einseitig) als rücksichtsloser Machtmensch in Erinnerung geblieben ist: aber erinnert sich noch wer an Madame Mao, von der Viererbande?? Lmao) (im Hinblick auf den Kommunismus übrigens ist Esther Vilar seinerzeit auch als Karl Marx der Männer angepriesen worden). Wie sollte auf einer so versengten Erde aber jemals etwas aufblühen? Eben gar nicht!, wie Esther Vilar den Dressierten Mann beschließt, da eine solche Revolution ein Subjekt benötigt, das aber im emanzipatorischen Sinn gar nicht da ist: Nur Frauen könnten den Teufelskreis von Dressur und Ausbeutung brechen. Sie werden es nicht tun, es gibt dafür keinen rationalen Grund. Auf ihre Gefühle darf man schon gar nicht hoffen –, Frauen sind gefühlskalt und ohne jedes Mitleid. Die Welt wird also immer weiter in diesem Kitsch, in dieser Barbarei, in diesem Schwachsinn Weiblichkeit versinken, und die Männer, diese wunderbaren Träumer, werden niemals aus ihren Träumen erwachen. Na, haha, das endet ja fast so pessimistisch und nihilistisch wie das Down Girl Buch von Kate Manne (einer Feminazi)! Eines aber ist die Träumerei und die Verschwommenheit und ein Zweites ist Wachheit und Klarheit; ein Drittes und ein Viertes ist diese gleichermaßen kolossal luzide wie kolossal seltsame Frau: Esther Vilar.
Ich will daher noch mehr Bücher lesen von Esther Vilar. Sie hat auch noch andere Sachen geschrieben, unter anderem eine umgedrehte Version von Ibsens Nora – Ein Puppenheim. Jetzt muss ich aber mal nach Argentinien. Ich werde mir unter anderem ein Buch über die Geschichte des Feminismus mitnehmen, das ich mir besorgt habe, und werde meinen Frauen dann dort daraus vorlesen um sie aufzuklären. Anzunehmenderweise wird das auf genauso fruchtbaren Boden fallen, wie von Esther Vilar beschrieben. Mittelfristig will ich auch Sachen von radikalen Feministinnen wie Andrea Dworkin oder Catherine MacKinnon studieren. Da werde ich dann wohl auch oft reagieren von wegen: Gut gebrüllt, Löwin! oder: Eine kluge Frau! Fast so klug wie Lisa Eckhart! Mein Ziel ist es, mich so sehr zu vergeistigen und so viele Ebenen aufzumachen, dass ich dem Rest der Menschheit als geistloses Chaos erscheinen muss. Das wird mir im Leben sehr weiterhelfen, besonders bei den Wei –