Zeitlichkeit und Ewigkeit

Petrarca war sehr ruhmsüchtig, und er war, wie ich finde, ein schlechter Dichter. Pessoa hat gemeint, eine Art abstrakter Unsterblichkeit wäre ihm lieber, und er war, wie ich finde, ein guter Dichter. Petrarca hat sich viele Sorgen um die mangelnde Beständigkeit des Ruhms gemacht, Pessoa hat zu seinen Lebzeiten kaum was veröffentlicht. Ruhm erscheint als etwas Unbeständiges, da auch die Ruhmseligkeit eine subjektive Motivation ist, und daher, so scheint es, als geradezu notwendiges Korrelat, von fremder subjektiver Motivation erhalten, zerstört oder zumindest erheblich gefördert oder beschädigt werden kann. Die abstrakte Unsterblichkeit, die Ewigkeit hingegen, kann einem keiner mehr nehmen. Es ist daher besser, in der Ewigkeit anzulangen und dort vollkommen in sich zu ruhen, als nach Ruhm, der eine Sache der Zeitlichkeit und der subjektiven Motivation ist, zu streben.

Die Zeitlichkeit ist etwas Fragmentiertes und Relatives, vom Ewigen erhofft man Objektivität und erzerne Beständigkeit. Somit verweist auch die Zeitlichkeit auf das Leben, und die Ewigkeit auf den Tod, oder, hoffentlich, auf das ewige Leben; auf jeden Fall aber auf einen Seinsbezirk, der mit der Zeitlichkeit in keinem direkten Kontakt steht, nicht direkt mit ihr kommuniziert, sondern, irgendwie, jenseitig ist. Somit ist zwar das Zeitliche möglicherweise was Lächerliches und Eitles, das Ewige aber auch möglicherweise etwas Morbides und (subjektiv) nicht eben Erstrebenswertes. Wenn man, primär, die Zeichen der Ewigkeit sieht, so wie Pessoa, wird man von der Zeitlichkeit gerne ignoriert, und man hat dann halt nur seine kleine Ewigkeit. Die Zeitlichkeit hofft aber auf die Ewigkeit, um in ihr die Möglichkeit ihrer Transzendenz zu erblicken. Zeitlichkeit und Ewigkeit stehen in einem Wechselverhältnis und sind nur über dieses einigermaßen begreifbar.

Zeitlichkeit und Ewigkeit ist, scheinbar, das Zusammentreffen von Subjektivität und Objektivtät. Die Subjektivität wird im Objektiven (positiv oder negativ) aufgehoben und in ihr geborgen, die Objektivtät aktualisiert sich notwendigerweise aber eben im Subjektiven. Wenn das Subjektive so bedeutsam wird, dass es objektive Bedeutsamkeit und Gültigkeit erlangt, erreicht man die Sphäre des Ideals. Das Ideal ruht in sich selbst und ist unzerstörbar und ist ewig. Es ist geronnen und erstarrt, und es geht durch die Zeit und es ist lebendig. Es ist der Ort, wo die zeitliche Subjektivität und eine eherne, ewige Objektivität sich treffen. Das Ideal hat keine feste Form und es ist unvorhersehbar. Wer aber in der Sphäre des Ideals angelangt ist, ist, zumindest dort, frei. Es kann aber durchaus sein, dass es von dort aus komisch aussieht. Die Ewigkeit können ungute Räume sein (nichtsdestoweniger aber trotzdem interessante Räume).

„Ich sehe die wirklichen Genies und Sieger – die großen wie die kleinen – durch die Nacht der Dinge segeln, nicht wissend, was ihre stolzen Buge durchpflügen in dieser Sargassosee aus Verpackungsstroh und Korkresten.“

„Eure Argonauten trotzten Ungeheuern und Ängsten. Auch ich musste auf der Reise meines Denkens Ungeheuern und Ängsten trotzen. Auf dem Weg zu abstraken Abgrund, auf dem Grund aller Dinge, gilt es Schrecknisse zu durchstehen, unvorstellbar für die Menschen unserer Welt, und Ängste, fremd aller menschlichen Erfahrung; das Kap des gemeinen Meers, das zum Unbestimmten führt, ist menschlicher vielleicht als der abstrakte Weg zum Vakuum der Welt.

Der Heimatstatt beraubt, vom Heimweg vertrieben, Witwer für immer der Annehmlichkeit eines immergleichen Lebens, erreichten eure Sendboten endlich – ihr wart schon verstorben – das ozeanische Ende der Welt. Sie schauten – stofflich – einen neuen Himmel und eine neue Erde.

Ich, fern der Wege meiner selbst, blind vom Sehen des Lebens, das ich liebe, (…), habe endlich auch das leere Ende der Dinge erreicht, das unwägbare Ufer der Grenze aller Wesen, die Pforte ohne Ort zum abstraken Abgrund der Welt. Ich trat, Herr, durch diese Pforte. Ich irrte, Herr, über dieses Meer. Ich starrte, Herr, in diesen unsichtbaren Abgrund.“

„Der Wert der Kunst besteht darin, dass sie uns aus dem Hier holt.“

(Fernando Pessoa: Das Buch der Unruhe)

Die Möglichkeit, die Ewigkeit zu sehen, liegt im Geist, und sie liegt in der Seele. Sie liegt, am Besten, im Zusammenspiel von Geist und Seele. Der Geist durchdringt sich selbst und frisst sich in die Dinge. Das ist sein Wesen. Er vertieft sich in sich selbst. Er korrodiert die Dinge und relativiert ihre Bedeutung und schafft neue Dinge. Durch die Reflexion über die Reflexion sprengt er schließlich die Begrenzungen und die materielle Hyle und gelangt in ein neues Reich der Bedeutungen, und gelangt in das Reich der ewigen Bedeutungen, wenn der Geist sich vollständig realisiert hat, und somit die ewigen Bedeutungen begreift.

Das Begreifen der, scheinbar starren, ewigen Bedeutungen ist dabei ein höchst dynamischer, sich ständig wandelnder Prozess, eben die Reflexion der Reflexion, als der letzten Wirklichkeit des Geistes. In dieser Ewigkeit (des Geistes) ruht nichts. Es rotiert und fluktuiert alles herum, um eben das ideale ewige Zentrum des Geistes, das in Stasis ist, da es in sich selbst ruht, und keine Bedingungen anerkennt als seine eigene reine Subjektivität und die möglichst reine Objektivität der Dinge und der Vorgänge, die der Geist beobachtet.

Wenn der Geist sich verwirklicht hat, eben indem er sich permanent verwirklicht, über die Reflexion der Reflexion, erscheinen die Zeichen der Ewigkeit und die Räume und Felder der Ewigkeit. Die Zeichen und die Räume und die Felder der Ewigkeit sind ebenso universell, wie sie privat sind. Sie sind zum Beispiel die Erleuchtung, das Satori, oder auch die unio mystica. Sie erscheinen in der großen Kunst, in den Landschaften von Tarkowskij oder Antonioni zum Beispiel hat man einen Blick auf die ewigen Felder.

Wenn mir die Zeichen und die Perspektiven auf die Ewigkeit erscheinen, ist das etwas Geistiges und es ist etwas Körperliches. Der Geist tritt aus sich selbst heraus, und nimmt den Körper mit, die starren Formen der Ewigkeit wiederum fixieren den Geist, und sie fixieren den Leib. Es sind starre, einfache Architekturen, die unendlich robusten Verstrebungen, sie wachsen aus dem Leib heraus und durch ihn hindurch, so dass der Geist und der Leib nicht wegkönnen; von ihrem in die Zeitlichkeit geworfenen Reflektieren, das die Ewigkeit zum Gegenstand hat. Was mich anlangt, so kann ich von dort nicht weg. Das ist, bei allen ekstatischen Erlebnissen, nicht immer angenehm, sondern durchaus auch dessen Gegenteil. In meiner radikalen Freiheit bin ich gefangen, in meiner Gefangenschaft in Zeit und Ewigkeit bis ich radikal frei. Die Zeichen der Ewigkeit treten vor mein geistiges Auge und in mein inneres Erleben mal so, mal so. Jetzt zum Beispiel erscheint mir folgendes Zeichen der Ewigkeit:

Dieses Zeichen der Ewigkeit erscheint vor meinem Geist, und wandert jetzt auf das Firmament, brennt sich in den Himmel ein und ist dann dort.

Das Zeichen der Ewigkeit hängt am Himmel, einigermaßen groß, und blickt stumm und ein wenig ernsthaft, ein wenig überwältigend, ein wenig durchdringend auf uns hinab. Sein metaphysisches Charisma liegt dabei nicht darin, dass es kommuniziert, denn es kommuniziert nicht. Es liegt nicht darin, dass es tatsächlich blickt, denn es ist augenlos. Inwieweit es Wissen beinhaltet, weiß man nicht. Es ist unkompliziert, es ist simpel, aufdringlich und unwandelbar. Es ist präsent. Sein metaphysisches Charisma ist es, einfach präsent zu sein. Es gemahnt an die ewige Möglichkeit einer anderen Ordnung, und damit an die Relativität der jeweiligen zeitlichen Ordnung. Es gemahnt an die Ewigkeit. Dass es sich in das Firmament eingebrannt hat, gemahnt, genau gesagt, an das Wechselverhältnis zwischen Zeitlichkeit und Ewigkeit. Von der Ewigkeit aus blicke ich auf die Zeitlichkeit und relativiere sie so (ein wenig, da ich trotzdem der Zeitlichkeit angehöre), von der Zeitlichkeit aus blicke ich auf die (sich der definitiven Kommunikation entziehende, und offenbar eigentlich dumme und stumme) Ewigkeit, und transzendiere so die Zeitlichkeit, und ermögliche in der Zeitlichkeit großen Fortschritt.

Das Zeichen der Ewigkeit hat sich in das Firmamen eingefressen und besteht dort. Es wird dort noch bestehen, wenn die Sonne längst verloschen ist, so mächtig ist es. Vielleicht wird es irgendwann einmal anfangen, zu verblassen. Sein Verblassen wird erst in ferner Zukunft stattfinden und der Prozess seines Verblassens wird sich noch viel länger hinziehen als die Zeit seines unverblassten ursprünglichen Bestehens. Irgendwann, in der fernsten Zukunft des Universums, mag es ganz verblasst sein. Wobei das nur eine Möglichkeit ist, es ist nicht einmal sicher. Es erscheint nur wahrscheinlich, auch weil die Zeitlichkeit in der fernsten Zukunft des Universums, in der alle Ordnungen zerfallen sein werden, eine andere sein wird, und damit auch ihr ewiger Reflex ein anderer. Das metaphysische Charisma des Zeichens der Ewigkeit wird nicht mehr in der Präsenz liegen, sondern in seiner verblassenden Absenz.

Das ist die Ewigkeit des Geistes. Dann gibt es die Ewigkeit, die in der Seele liegt. Die Substanz der Seele liegt darin, gute, empathische Bezüge zu schaffen, zu sich und zu dem, was sie umgibt. Zu dem, was in ihr liegt, und zu dem, was außerhalb von ihr liegt: zum Anderen. Die Ewigkeit der Seele ist der Himmel. Der Himmel besteht in der permanenten Kommunion mit Christus, dem Allesvereiniger, dem Hersteller des guten Bezugs und der guten Bezüglichkeit. Das ist die Ewigkeit der Seele. Sie ist, in ihrem Sinnbild, eher was Wolkenhaftes und Luftiges als was Starres.

Man sieht, die Ewigkeit der Seele zu beschreiben, ist nicht schwierig; ist weniger schwierig, als die Ewigkeit des Geistes zu beschreiben, die sich der definitiven Beschreibbarkeit und definitiven Anschaulichkeit entzieht. Angesichts der Ewigkeit des Geistes hat man nur verschwimmende Anschauungen oder eben, als Gegenteil, stumme und gänzlich unterkomplexe (allerdings hochsuggestive) Zeichen. Die Ewigkeit der Seele ist etwas Emotionales (und Moralisches!), und nicht etwas Intellektuelles oder Anschauliches. Das Emotionale hat seine Präsenz nicht in Anschauungen oder Zeichen, sonden in sich selbst. Das ist der Himmel.

Petrarca wäre aber dann doch nicht Petrarca, wenn nicht – trotz aller Besorgnis um Zeitlichkeit und weltlichen Ruhm – auch er zur Ewigkeit vorgedrungen wäre! Petrarca beschäftigt sich, als Universaldichter und Universaldenker und Universalmensch, zeitlebens mit dem pensare, der Ausdehnung des Geistes, um die horizontale Mannigfaltigkeit der Welt zu erfassen, die disparat und gottlos ist (im Gegensatz zu (dem ebenfalls sehr rumsüchtigen und daher folgerichtig von Petrarca getadelten) Dante, der die vertikale Mannigfaltigkeit der Welt erfassen will, also der göttlichen Seins- und Heilsordnung (und bei dem sich das Denken und die Anschauung angesichts der höchsten Instanz, des Göttlichen, auflösen; was bleibt ist die „Liebe, die bewegt die Sonn und Sterne“, also eben die Essenz des Himmels)). Das absolute pensare dringt einerseits in sich selbst, und ist andererseits von grenzenloser Ausdehnung (die aber nichtsdestoweniger einen Horizont hat, hinter dem das ewig Unbekannte liegt: die absolute Zukunft und das Wissen (in) der absoluten Zukunft, die von keinem Denken der Welt antizipiert werden können; das absolute Denken beherrscht es aber, so gut es geht, indem es das nicht antizipierbare Wissen antizipiert und sich darauf vorbreitet: insofern das absolute Wissen und das absolute Denken eben permanent auf neues Wissen und neues Denken sich vorbereitet). Der sich intensivierende Kraftakt des Denkens hat schließlich zum Lohn, dass es zum Stillstand kommt, und die „Welt in unbeweglichem und ewigem Zustand erblickt“, und Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft zusammenfallen; die unüberblickbare Vielheit der Welt wird im Rahmen einer überweltlichen Einheit der Weltanschauung und –introspektion begriffen. Die Sukzession der Zeit (und die disparate, gottlose Vielheit, die sich über die Suzession der Zeit entfaltet) wird aufgehoben und du erblickst dann ihre Vielfalt im Raum, in dem die Ereignisse der Welt zusammentreffen: eine Versammlung der Ereignisse der Zeit im Raum der Anschauung. Da tanzen sie also alle an, die Ereignisse und die Großen und die Kleinen der Weltgeschichte! Ich sehe sie alle wieder! In diesem Raum triffst du auch Petrarca wieder (ich nannte diesen kommunalen Raum schon mehrmals „das Kontinuum“). Ich treffe, genau gesagt, nicht Petrarca wieder, sondern seinen ewigen Geist. Dieser Raum, oder „das Kontinuum“, ist kein Raum des Triumphes des Ruhmträchtigen, der in der Zeitlichkeit stattfindet, sondern es ist der imaginäre Raum des Triumphes der Ewigkeit, eben über die Zeitlichkeit. Es ist der Raum des Ideals, das unzerstörbar ist, der Raum der abstrakten Unsterblichkeit. Abstrakte Unsterblichkeit heißt, dass etwas Sinn im Universum macht. Dass sich ein Text in die Struktur des Universums einbrennt. Das ist ein viel tieferes Ereignis als jeglicher Ruhm.

Ohne das jeweils andere sind beide nichts, ohne die Zeitlichkeit zerfällt die Ewigkeit, und umgekehrt. Das versteht ein jeder und eine jede. Vielleicht existieren beide auch nur, objektiv, als Wechselverhältnis. Doch das ist kaum beantwortbar (da es schon schwer genug ist, als zeitliches Wesen in der Ewigkeit anzulangen – wie also das Wechselverhältnis Zeitlichkeit – Ewigkeit möglicherweise auch noch transzendieren? (hier wird es „aufgelöst“, indem es wechselseitig immanent gemacht wird) Wie lässt sich, möglicherweise, ein solcher Raum betreten? Zu untersuchen!!; Anm.). Was wir hier versucht haben, war, das metaphysische Verhältnis zwischen Zeitlichkeit und Ewigkeit zu beschreiben, angesichts dessen die letzten Beschreibungen versagen, da es, inhärent, hinter dem Horizont liegt. Sein Rest ist Schweigen. Und diese Ausführungen hier eben sind beredtes Schweigen. Damit schließt sich der überdimensionale Zirkel. Und ein Zirkel läuft eben ewig fort. Ich bin schon gespannt auf das nächste Zeichen der Ewigkeit, das mir früher oder später erscheinen wird. Denn die Ewigkeit gibt mir (und auch dir) Zeichen. (Und wie sollte ich verstehen, was er meint, überlegt Wittgenstein, ich sehe ja nur seine Zeichen. Und wie sollte er verstehen, was ich meine, überlegt Wittgenstein weiter, er sieht ja nur meine Zeichen.) Momentan bin ich aber mit diesen drei Balken und der Art Türklinke drüber ganz zufrieden.

Petrarca und die angeschissene Wand

Ich bestreite nicht, dass ich von Natur aus aufs höchste nach Ruhm begierig bin, bestreitet der alte Petrarca nicht, und geht mir damit auf den Arsch. Bin ein armes Mägdelein, hab in mein` Leben kaum was erlernt, doch mein Herz ist rein, und eins weiß ich: dass die Eitelkeit und die Selbstsucht alles versaut. Ruhm – mit Handschuhen fasse ich diese Münze an, mit Ekel trete ich sie unter mich … Wer will bezahlt sein? Die Käuflichen… sagt der alte Nietzsche, der auch weiß: Und niemand lügt so viel wie die Dichter! Der Dichterfürst, der Petrarca, posaunt auch noch hinaus: Das Verlangen nach Ruhm ist nicht nur den gewöhnlichen Menschen, sondern ganz besonders den gelehrten und herausragenden eingeboren. Votze, Titte, Pimmel, Arsch! Der Sinn von Kunst, von Wissenschaft, von Religion, von Philosophie, ergo: der Sinn vom Geist ist die Schaffung einer Epiphanie der Wahrheit, des Schönen, des Guten, der Ordnung. Und das kann nur über Entäußerung geschehen, nicht über dessen Gegenteil, die Ruhmsucht. Das ist das Einzige, was ich weiß; das ist das einzige, was ich im Leben mitbekomm` hab! Beim Petrarcalesen muss ich immer so komisch schaun. Was ist da der Sinn dahinter? Aber was kann ein alter Geck wie son Petrarca auch schon zu sagen haben, welche Sinnhaftigkeit soll die Ruhmsucht schon haben? Zuviel der Worte, zu wenig der Inhalt, und rektal gedrechselt wirken diese Dinger außerdem, so wie die Anal Staircase von Coil, wie soll man sich da raufmühen, ohne dass einem scheißschwindlig wird und man dauernd die Orientierung verliert? Was für eine dünne Scheiße, das:

Lebt noch, Apoll, das an Thessaliens Wogen

Dich einst entbrannt, dein seliges Verlangen,

Gedenkst du noch, ob Jahre schon vergangen,

Des blonden Haares, dem du einst gewogen,

So schütze dieser heiligen Zweige Bogen,

Die dich zuerst und mich darauf gefangen,

Vor Frost und Wettern, die am Himmel hangen,

So lang dein Antlitz trübe sich umzogen.

Bei deiner Hoffnung fleh ich, deinen Flammen,

Die aufrecht dich erhielten einst im Leiden,

O nimmt die böse Luft von unsern Matten!

Dann sehen voll Verwunderung wir zusammen

Sitzen im Gras die Herrin von uns beiden

Und selbst mit ihren Armen sich beschatten.

Sagen Sie das meinem Arsch! entgegnet darauf Angeklagter Pimmel zu Richterin Votze im Jahr 1374, in der Gerichtsverhandlung, in der er zum Tode verurteilt wird, weil er die Kokosnuss geklaut hat, und das aufplatzende Gelächter des zuschauenden Pöbels ist unendlich – das ist es, was die guten Leute hören wollen! Ja, scheiß einer die Wand an, ich kotz gleich halb Europa voll!

Den 29. März anno 2020

Addendum: HA, was für eine göttliche Fügung, dass ich bei der Suche nach Manni über FB nach etwas dazu passendem gerade AUF DAS DA stoße: 

Gestern Abend, kurz vor dem Einschlafen, also zu dem Zeitpunkt, wo ich immer meine besten Ideen habe, schießt mir folgender Blitz durchs Hirn: Zwei matt glänzende schwarze metallene Quader, 5x5x2cm: Wenn die Katze sie frisst und sie wieder rausscheißt, wie soll das gehen, ohne dass sie sich dabei das Arschloch aufreißt? Ja, da raucht der Kopf, so eine schwere Denkaufgabe! Wenn mir die Lösung des Rätsels gelingt, wie soll das gehen, ohne dass mir vor Intensität das Arschloch explodiert? Wenn der B mich noch einmal, wie dauernd, einen Homo nennt, werde ich zu ihm sagen: Und du bist ein sehr schlechter Hetero! Yorick locuta, causa finita.

(Aus dem Buch vom seltsamen und unproduktiven Denken)

(Den Comic, wo das Murmeltier täglich grüßt mit den Worten: Ja scheiß einer die Wand an, das ist doch Manni, der alte Ficker! Mensch, grüß dich du alte Fickfotze! wenn Manni unten aufm Weg zur Arbeit bei ihm am Balkon vorbeikommt, und der sich dann frustriert denkt: Jeden Tag dasselbe…, habe ich leider nicht gefunden.)

Twin Peaks and Ethics

Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.

Immanuel Kant

Twin Peaks, created by Mark Frost and David Lynch, is, among other things, about „the battle between Good and Evil“. Many films, stories, fairy tales etc. are. Mankind seems to be obsessed by that. Men seem to like to see themselves within a battle between Good and Evil, as heroes. Usually, they like to see themselves as the good hero, not as the villain. That indicates: there is hope. Humans usually don´t, psychologically, thrive off conscious wrongdoing. There is hope.

In contrast to more simple-minded productions, Twin Peaks shows how demarcation lines between good and evil are blurred; as well as how their in-between, mediocrity, may kill off both just like as it might get corrupted by one as well as by the other, either in a stable or a more unstable, ever-changing fashion. Whereas the orginal series, aired at the turn of the 1990s, presents a more innocent, naive and easy-going world, that may be infected by evil, but not truly corrupted by it, Twin Peaks: The Return, aired a quarter of a century later, seems to entertain a more sinister and disillusioned perspective on humanity. In Twin Peaks: The Return you have a gallery of decent as well as indecent as well as mediocre characters as well, but the idea of a community between them – as you had it, nevertheless, and with all its twists and turns, in the original series – seems to be absent. People´s individual idiosyncrasies and quirks don´t appear as so funny or charming anymore, rather as something degenerative, and people, in general, as idiotic. In this world of disconnectedness where humans live in indifferent surroundings (also nature, so prominent in the original series, considerably has lost its charm), hardly anyone achieves anything, men are hardly able to transcend their circumstances, and failure is more prominent (actually, it is not – there are spectacular successes due to the effort of good people as well as the considerable, supernatural powers of the White Lodge and those associated with it : Killer BOB gets destroyed, Cooper/Dougie reconciled with his family, seemingly forever, the assassins get assassinated or into jail, the grotesque killer couple Hutch and Chantal get killed by an even more grotesque ad hoc assassin, the insurance company gets saved and its honest boss rid of his parasites, the warm-hearted criminals, the Mitchum brothers, get their compensation and thrive off philanthropy, Bobby Briggs has been redeemed (though lives a shockingly modest life now), Ben has become a businessman and a person of integrity, Norma and Ed get married (and Norma „saves her soul“ by resisting the temptations of capitalism), Nadine has been successful in „shoveling her way out of the shit“ thanks to the simple-minded ideology of Dr. Jacobi who seems to have become more successful and more caring for other people than in the original series, even Anthony Sinclair gets redeemed from his bad conscience as he confesses his previous crimes and gets ready to face the consequences; the psychopathic Richard gets destroyed (with a little help from his own father, the evil Cooper), and the trouble-making Steven Burnett disappears — it is just that, when Cooper, the Agent of the Good, leaves the worldy scene again (in Episode 17) which he just before had entered, to confront Evil in itself and to save Laura, very quickly relapses into a world of gloom and of failure, with Laura´s fate being paralleled by the incomprehensible sufferings and degenerative states of Audrey Horne or former child prodigy Gersten Hayward: overally, „Twin Peaks“ has become a seemingly gloomier place). Good and evil have become even more cryptic and the relationships between cause and effect even less clear (if they exist at all). More questions are left unanswered than at the end of the original series. Maybe there will be another season, maybe not, so that inconclusiveness and disappointment – that the Good cannot, finally, triumph (yet neither can Evil: shown in the scenes how Joudi/Sarah Palmer may be able to dislocate Laura and create confusion, but being unable to destroy the image of Laura, despite all her frantic efforts) – is meant to be the final statement. The world in Twin Peaks: The Return seems to finally be under the shadow of the Black Lodge (although that has also been stated in the original series), with the glimpses of light rather being something isolated and occasional than something overally or overarchingly effective. That cannot be tolerated and cries for resolution. If you think or feel like this, there is hope for you. Because the world is threatened by the shadow of the Black Lodge, counterbalancing via the powers of the White Lodge seems even more urgent. And: the more you are associated with one of the Lodges, the more prevalent the influence of the other Lodge will appear to you. After the good Cooper has created goodness everywhere by the end of Twin Peaks: The Return, it is just that because he never wants to rest in doing so that he is bound to confront a world of darkness time and again. (Note, however, that the ending could be interpreted quite differently as well, as the visceral scream of Laura Palmer/Carrie Page seems to immediately kill the powers/electricity of Joudi all in an instant before the series closes, so that we would have an almost sarcastically staged happy end where good magically and practically without true effort triumphs over evil (to fulfill the audience´s expectation).)

In Twin Peaks you have „good“ and „evil“ spirits that dwell in extradimensional places. The demarcation lines between their true character features are, as well, blurred (with former evil spirit MIKE having taken a U-turn to the good after he had an epiphany and the unclear identitiy of most other spirits that are not featured so prominently throughout the series), their functions and their motives are, to a considerable degree, unclear, they seem to cooperate as well as to compete with each other, and they have their own, although obviously not very deep, personalities. Their language is cryptic, and maybe they do not even understand themselves very well. In a way, they seem to resemble the gods of ancient Greece, including their cryptic communication to man via the oracle. They do not seem to be able to achieve so much, either against each other, or in their interactions in the human world. They seem to need humans, and need to possess humans, because in themselves, they are too one-dimensional. They seem to be more powerful, and less powerful than humans. It is true that they inhabit not exactly the same dimensions than humans. They seem a condensation of human qualities – BOB being, as Albert refers to him, „the evil that men do“ – as well as forces that are both more conscious/powerful and less conscious/powerful than humans in their entirety. BOB seems to resemble the id, the Giant/Fireman the super-ego; neither the id nor the super-ego are very deep, as desires, good or bad, just form ad hoc without a truly deeper reason (within the „id“), and the super-ego tries to ban or allow them for no deeper reason. The ego as the mediating instance is the interesting instance. The spirits – as they are representations or manifestations of „Good“ and „Evil“ – are no (or not much of) egos. They are entities (with the apparent master spirit of Evil – Joudy – being an „extreme negative entity“ (and, apparently, also an extremely unhappy entity that seems to be in a deadly conflict even with BOB/the evil Cooper)). As such they cannot, truly, think. They just are, and behave, according to their nature. In doing so, and in being so, they seem to play an indefinite chess game against each other and also try to influence and corrupt (or destroy) each other. Although fairly incomprehensible to us, there is no mystery behind that at all, much rather, an absence of mystery. They behave according to their nature (and are trapped inside theit nature). BOB as „the evil than men do“ is a force as well as a parasite that needs a host. It is the image of Laura Palmer that symbolises the good while, both in the original series as well as in The Return, as a human being she is prone to corruption, either in a more or in a less innocent fashion.

What is Good, and what is Evil – and what is their mitigation: ethics, ethical reflections and ethical principles? Are they something „outside“ and external to humans (with the possibility of being something divine), or are they just something entirely within, even beneath, humans (since „good“ and „evil“ are only elements within a wider range of things at the disposition of man, who can, as a conscious and complex being, manipulate and evolve notions of good and evil, and who is, in general (for these reasons and for others), „beyond good and evil“)? Are Good, Evil and ethics something „objective“, objective (quasi-) entities, or Platonic ideas, which, as such, may even govern the world? Or are they „forces“ that may consume and absorb men? As such, they are, all too often, experienced (with, for instance, people struggling with dysfunctional behaviour patterns often referring to them as their „demons“). As an educated person, you may refute such a notion – that Good and Evil are true forces or principles beyond human reach and understanding – as something archaic. Subjectivist notions, in one way or the other, refer to ethics as someting that arises from within humans, and that does not have objective existence. Thinking that ethics, or good and evil, were something objective would have to be considered as a man-made projection. Yet if this is so, and ethical considerations only arise within humans, how can it be ensured that they are not completely arbitrary or delusions (or, at least, completey culturally relative)? Although there is great subjective flexibility in interpreting notions of good and evil and ethical principles, it is strange to think about them as mere delusions. Ethics, good an evil have many aspects, and one of them is that they have normative implications, that they are normative by nature. Something that is normative by nature cannot really be thought as something merely subjective. It needs to, in essence, transcend subjectivity. By contrast, Ethical Realism means that ethics is not something that soley arises within the individual, but that ethical principles are actually inherent to the world and a part of objective reality. (Subjectivist) opponents of this view may argue: if ethical principles are an element of objective reality, where are they „located“? How are they substantialised, if we are not to believe in god or the devil? (And, apart from that, if ethical principles objectively exist, how can they exercise influence over humans and their considerations?) More recently deceased philosopher Derek Parfit offers compelling analyses that, if they should make any sense, ethical principles cannot be subject to human subjectivity and (therefore) subjective arbitrariness alone, but need to be something objective (that is, nevertheless, enlivened by subjective behaviour and subjective arbitrariness). Parfit proposes to see ethical principles and ethical truths not as platonic ideas, substantialised forces or divine intervention but as something comparable to logical truths or mathematical truths, as something that arises within the world but is neither an idea, a force or a substance and that is unlocated. Hell yeah, one of the most glorious notions I have come across in recent years is Parfit´s notion of ethical truths being someting resemblant to logical or mathematical truths! (The nature of logical and mathematical truths is not entirely clear neither, however; but that their true nature and substance would be something so confusing seems an overinterpretation as well to me.)

Ethical behaviour is something that is encoded within our genes. In this respect, it is actually both something objective and subjective; something more ancient than we as well as something, to a considerable degree, inferior to the powers of our intellect and our overall personality; something that determines our (free) will to a degree we cannot even truly oversee nor transcend as well as something that has to succumb to our (free) will. It is both beyond and beneath us. Not only humans but also animals, plants and even viruses exhibit „altruistic“ behaviour, even is this apparent „altruism“ is just some sort of cooperative group behaviour to increase the chances of survival or prosperity of that respective group (at the expense of others) (for instance, if a virus attacks a body, this means war with the body´s immune system; within that you may witness „heroic“ behaviour of the virus as it forms small „suicide squads“ and kamikaze commandos to attack the immune system at certain points and, likely, lethally fail, yet in order to distract the immune system and ensure the triumph of the overall attack). It is, from that perspective, true that „the realm of ethics“ is both something transcendent and out of our reach as well as it is primitive and archaic/atavistic, and something that can, within some limits, get overcome by human agency.

Good is associated with connectedness, altruism, light; evil with disconnectedness, egoism, and darkness. You may have the mental image of „the Good“ as being something of great cohesiveness and great undifferentiatedness (the „divine light“, etc.) Undifferentiatedness, however, cannot be truly thought as being able to process itself (therein resembling its apparent counterpart: total chaos/maximum entropy). Creation, per se, refers to creatures. Creatures are differentiated from each other and they need to struggle for existence, within cooperation with other creatures, and at the expense of other creatures. Therein lies their potential for altruism and egoism (as well as for self-saturated mediocrity). Because of them being creatures, they are vastly different from their creating principle (both larger and smaller, both more liberated and less liberated, etc.) and they are tiny and small. That is, finally, creation. That creation carries relative „darkness“/egoism and relative „light“/altruism within itself is its inherent quality (philosophically, this view can most definitely be attributed to Friedrich Schelling). Creation manifests itself in (differentiated) creatures, which are, per se, individuals as well as parts of a larger collective. Therein, they behave in egoistic and altruistic ways, as individuals as well as a (part of a) collective. Ethics adresses the optimal state of balancing individual and collective welfare. For conscious beings, who can manipulate their environment and who have the power to create themselves, ethical considerations derive from the structure of being. Ethics is inherent to existence. We, as conscious beings, have some flexibility to manage (or neglect) ethics, we can create (or at least derive) exuberant virtue, but it also, and substantially, refers to something that is above us, to a coordinate of our existence or a dimension in which we are trapped in. As the confession of Kant illustrates, there are some people who see and internally experience THE LAW. They have a distinct mental represenation of THE LAW. Respectively, THE LAW is not an actual, and distinct, law, it is a distinct mental represenation of the ethical structure of the world, or of creation. Holy men are absorbed by THE LAW (a mental image of THE LAW might rather not be undifferentiated light, but an simple but extremely solid structure before the inner eye, and experienced as being within, or affecting, the body).

The good is transcendent as it always seeks to improve itself and become better. Therein, it refers to a potential that is actually infinite, as it is always beyond our reach. (Therein also lies the possibility of its own corruption: in the striving for goodness becoming a zealous and unempathetic quest for its own sake, something that may be overly guided by principles, something resembling obsessive-compulsive behaviour, spiritual pride (and prejudice) or megalomania, or an (inherent) pleasure principle: at the very end of Twin Peaks: The Return Cooper obviously has become such an obstinate, unempathetic zealot, therein alienating Diane/Linda and, maybe because of this, being unable to „save“ Laura Palmer, due to him himself having become impure). Striving for the good means becoming and self-transcendence, finally having achieved virtuousness, nevertheless, means having ceased to (seemingly endlessly) „become“ but to finally have arrived at the state of Being. From a theological perspective, having achieved an undivided state of Being is somehow resemblant to being God-like (and therefore, from a Leibnizian perspective (or other perspectives), man, and all creatures, necessarily must be fragmented and incomplete, otherwise they were God themselves and, if so, there would be no creation). Having arrived a state of completeness and of Being means something absolute. Yet, this absoluteness gets only confirmed in acknowledging its own relativity. Kierkegaard (respectively one of his (distant acquaintances of one of his) alter egos) raves about the joy that lies within the thought that against God we are „always in the wrong“. The highest level of virtuousness and absoluteness of Being lies within acknowledging the notion that against God it is „always in the wrong“ (i.e. acknowledging its very own relativity), and raving about it (i.e. that it supposes the existence of an instance infinitely superior – be it only a hypothetical instance – against which one is always „in the wrong“ for good, therein the possibility for self-purification being infinite. And as such an instance would serve THE LAW). Evil may also strive for its own intensification, yet that would mean degradation and perversion. Perversion may be bottomless and transcenting the limits of ordinary human understanding, yet it is hard to imagine its trajectory of intensification as infinite or unlimited or excessively open. Rather, the more perverse it gets, and the more shocking and the more harm it may inflict, the more it seems to get segregated, comprised and trapped within its own tiny box. (Note however, that this may only appear so from the perspective of the good. From the perspective of evil it may just appear the other way round: note however furthermore, that this usually does not seem to be the case. And note that „infinite“ perversion may of course be possible if, like Shakespeare´s/Verdi´s Jago, we were thinking about creation as being the work of a malicious and scornful god where anything good is just an illusion and its purpose just feeding us with false hope. Such a worldview is not logically inconsistent. Maybe it is even the truth. But it does not seem ultimately being infinite, since such a god would appear, eventually, idiotic).

Evil is, or may be, a labyrinth. And, as concerns its intensification and ego-syntonism, it may strive for becoming ever more a labyrinth. Its language, the way it talks to us, may be difficult to understand, not least because it is degenerated and beyond (or beneath) ordinary understandig, but also because it is manipulative and deceitful. It likes to mask itself. It does not want tob e truly understood (also since that would reduce its power). Many people are fascinated by evil (note that there is also a quite consistent interpretation of the entire series as playing, and being sarcastic, with the audience´s voyeuristic desire to see evil unfold and also desire for closure and simplicity that has both killed the original series as well as the film Fire Walk With Me (that got very negative reviews at its time); so that in The Return Lynch and Frost purposefully present an overly lifeless, evil and unattractive world, where all the postive that happens gets overlooked in the desire for the next sensational unfolding of evil, and with finally presenting a true mystery wrapped in an enigma). What I find truly fascinating, nevertheless, is the good. The good is not labyrinth-like, it is complex. It does not wear masks, it is authentic. Because of that, it is outside the norm and does not accord to ordinary patterns and therefore frustrate ordinary pattern recognition. Because of its complexity and authenticity, and its transcendent appeal, it may be difficult to understand as well. Both (great) good and evil escape the ordinary. Therefore also their powers are limited. Mediocrity, at times, seems to be the true governing force. To see it in such absolute terms is, of course, inappropriate on all accounts. What you have, in this world, is a chaosmotic balancing of forces. You may think that the world is an eternal struggle, a grand chessgame between good and evil, that seems to go on, without a clear result, indefinitely. Neither good, nor evil, nor mediocrity seem to truly understand themselves. As entities they just are. Beyond the Black and White Lodges and the mediocrity of Twin Peaks, in the icy mountains, there lives the intellectual balancer, who observes, and calculates. In serenity, in agitatedness, in confusion.

Herbert Marcuse und der eindimensionale Mensch

Die meisten Menschen können kaum denken. Aber sie sind gerne eingebildet, größenwahnsinnig und rechthaberisch, außerdem ziemlich feindselig. Sie können die Realität nicht eigenständig intellektuell interpretieren und, da sich ihr Denken und Empfinden auf keiner abstrakten Ebene abspielt, auch keine Abstrakta bilden, d.h. wenn, dann sind es sehr simplifizierende Abstrakta wie „die Juden“, „der Islam“, „der Kapitalismus“, „das Patriarchat“, „der Werteverfall“, „die Konsumgesellschaft“ oder eben „das System“, von denen sie sich dann einbilden mögen, dass diese an ihren wirklichen oder eingebildeten Problemen schuld seien. Das ist offensichtlich zu kurz gedacht. (Kritisches) Denken bedeutet, dass man zu dem, was man gerade im Kopf hat, ein hinterfragendes Negativ errichten kann; bei diesem sehr plakativen alltäglichen Denken fehlt diese Fähigkeit aber, zu viele Schritte einer logischen Schlussfolgerung können nicht unternommen werden, und so benennt die jeweilige Kategorie – „die Juden“, „die Islamisierung des Abendlandes“ etc – dann eben eine Negativität, die, ins Positive substantialisiert, dann eben ein Feindbild ergibt, an dem man sich abarbeitet und zu dem man sich dann auch noch einen „Guten“ ausdenkt: sich selber, der dann ebenfalls in dieser Eigenschaft nicht hinterfragt wird.

Einem solchen Habitus fehlt es offensichtlich an Dimensionalität. Jetzt habe ich eben „Der eindimensionale Mensch“ von Herbert Marcuse gelesen, eine sozusagen populärphilosophischere Pointierung des Denkens der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule; eine „Studie zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft“, ursprünglich erschienen 1964, das für die 68er Generation wichtig wurde. Dort steht in der Vorrede an und für sich: „Gegenüber dem totalen Charakter der Errungenschaften der fortgeschrittenen Industriegesellschaft  gebricht es der kritischen Theorie an einer rationalen Grundlage zum Transzendieren dieser Gesellschaft. Dieses Vakuum entleert die theoretische Struktur selbst, weil die Kategorien einer kritischen Theorie der Gesellschaft während einer Periode entwickelt wurden, in der sich das Bedürfnis nach Weigerung und Subversion im Handeln wirksamer sozialer Kräfte verkörperte. Diese Kategorien waren wesentlich negative und oppositionelle Begriffe, welche die realen Widersprüche der europäischen Gesellschaft des neunzehnten Jahrhunderts bestimmten. Die Kategorie „Gesellschaft“ selbst drückte den akuten Konflikt zwischen der sozialen und politischen Sphäre aus – die Gesellschaft als antagonistisch gegenüber dem Staat. Entsprechend bezeichneten Begriffe wie „Individuum“, „Klasse“, „privat“, „Familie“ Sphären und Kräfte, die in die etablierten Verhältnisse noch nicht integriert waren – Sphären von Spannung und Widerspruch. Mit der zunehmenden Integration der Industriegesellschaft  verlieren diese Kategorien ihren kritischen Inhalt und tendieren dazu, deskriptive, trügerische oder operationelle Termini zu werden. Ein Versuch, die kritische Intention dieser Kategorien wiederzuerlangen und zu verstehen, wie diese Intention durch die gesellschaftliche Wirklichkeit entwertet wurde, erscheint von Anbeginn als Rückfall von einer mit der geschichtlichen Praxis verbundene Theorie in abstraktes, spekulatives Denken: von der Kritik der politischen Ökonomie zur Philosophie.“

Das Interessante ist nun aber, dass, entgegen dieser Einsicht, der gesamte „eindimensionale Mensch“ einen solchen Rückfall darstellt!  Das Dilemma: Man will also was Nonkonformistisches machen, man will in die Opposition gehen – und wenn das also erfolgreich ist, verschmilzt es mit dem Mainstream, und wird scheinbar kontaminiert oder korrumpiert (verändert aber eben auch gleichzeitig den Mainstream). Wenn sich irgendein Phantasma von der absoluten Reinheit nicht erfüllt, muss man daraus dann den Schluss ziehen, dass überhaupt alles Bestehende falsch ist? Diesen Gestus hat man aber eben in der Kritischen Theorie, und im „eindimensionalen Menschen“ vom Marcuse (oder auch im späteren „Empire“ von Negri und Hardt). Die westlichen Industriegesellschaften diesseits der Eisernen Vorhanges haben in der Nachkriegszeit ihre Probleme im Wesentlichen recht gut gelöst. Wenn man grundsätzlich gegen die westliche Industriegesellschaft oder gegen den Kapitalismus oder gegen die Demokratie ist, bleibt einem da nur mehr wenig anderes als die Ohnmacht und das Verharren in der Dimensionslosigkeit. „Zu dem Zeitpunkt, da die letzten Verbote verblassen, reden zahllose Intellektuelle nach wie vor über sie, als seien sie immer erdrückender. Oder sie ersetzen den Mythos des Verbots durch den Mythos einer allgegenwärtigen und allmächtigen „Herrschaft“ – eine neue mythische Übersetzung der mimetischen Strategien“, sagt Renè Girard; und „sehn doch viele von ihnen schon aus, als hätten sie immerfort nur Einen und denselben Gedanken, unfähig irgend einen andern zu denken“, sagt Schopenhauer über die „allermeisten Menschen“. Allein schon einmal deswegen mag es Leute mit bestimmten prononcierten Ansichten und politischen Anliegen immer nur in die eine Richtung treiben, gleichgültig, wie intensiv die entsprechenden realen Missstände praktisch noch vorhanden sind. (Natürlich mag sich aus dieser Dimensionslosigkeit, oder aber dimensionalen Undefiniertheit vieles Interessante ergeben, wie etliche schöne Blüten der (damaligen und permanenten) Protestkultur zeigen. Allerdings hat man in den Protestkulturen aller Art auch Biotope der Eigensinnigkeit, in denen das seltsame und unproduktive Denken (in der negativen Art) kultiviert wird. Wie Zizek einmal launisch bemerkt hat, ist es ja viel eher der Mainstream, der offen und freundlich und unvoreingenommen und aufnahmebereit erscheint, während die Oppositionellen griesgrämig, egozentrisch und höchst possessiv im Hinblick auf ihre (geringen) Besitztümer wirken (worauf Zizek übrigens in seiner bisweilen hellsichtigen und lehrreichen Fundamentalopposition gegen die heutige Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung eigentlich hinauswill, weiß ich ebenfalls nicht). „Die Schizos, die wahren wie die falschen, finde ich inzwischen dermaßen zum Kotzen, dass ich mich fröhlich zur Paranoia bekehre. Es lebe die Paranoia“, antwortet Gilles Deleuze einem strengen Kritiker (bereits im Jahre 1973, also nur ein Jahr nach dem Erscheinen des „Anti-Ödipus“).) Die Welt hat einen schizoiden und einen paranoiden Pol. Man muss sie beide so gut wie möglich begreifen. Interessant ist, wie im Fall von Marcuse die Schizo-Dynamik so weit getrieben wird, dass sie in Wirklichkeit, und von ihrer Grundlage her, als was Paranoides erscheint; als etwas sogar Totalitäres, als die Eindimensionalität selbst. Als ein eindimensionales Menschsein, dass seine Eindimensionalität in etwas anderes paranoid projiziert.

Marcuse konstatiert in der Vorrede zum „eindimensionalen Menschen“ also die „zunehmende Integration der Industriegesellschaft“, also die zunehmende politische, wirtschaftliche und soziale Integration ihrer Mitglieder „in die etablierten Verhältnisse“. Es ist richtig, dass durch Integration allgemein was verlorengehen kann, bestimmte Ursprünglichkeiten und mehr oder weniger gute Impulse, die sich aus ihnen ableiten könnten. Aber es scheint eher, oder häufiger, der Fall zu sein, dass die Integration das Richtige und Produktive ist. Marcuse löst nun aber die Dialektik dieser Integration immer nur in das Falsche auf, den gegebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang nicht in etwas, das sich positiv verändert, sondern negativ in ein immer umfassenderes und rein manipulatives „Empire“ des Bösen, in die Verabsolutierung von (irrationaler und sachlich unbegründeter) „Herrschaft“. Schreibt er zum Beispiel: „Die abstoßende Verschmelzung von Ästhetik und Wirklichkeit widerlegt die Philosophien, die die „poetische“ Einbildung der wissenschaftlichen und empirischen Vernunft gleichsetzen. Der technische Fortschritt ist von einer zunehmenden Rationalisierung, ja Verwirklichung des Imaginären begleitet. Die Archetypen des Grauens wie der Freude, des Krieges wie des Friedens verlieren ihren katastrophischen Charakter. Ihr Erscheinen im täglichen Leben der Individuen ist nicht mehr das von irrationalen Kräften – ihre modernen Ersatzgötter sind Elemente technischer Herrschaft und ihr unterworfen.“ Oder (da natürlich auch die Sinnlichkeit nicht verschont bleiben darf): „Diese Gesellschaft verwandelt alles, was sie berührt, in eine potentielle Quelle von Fortschritt und Ausbeutung, von schwerer Arbeit und Befriedigung, von Freiheit und Unterdrückung. Die Sexualität bildet keine Ausnahme.“ Nun ja, man kann ja auch sagen: von Ausbeutung und Fortschritt, von Unterdrückung und Freiheit, und sozusagen die positiven, transzendenten Aspekte als die realeren, höherinstanzlichen begreifen. Vielleicht wäre das die eigentlichere Freiheit, der eigentlich – zwar nicht „kritische“, aber – schöpferische Akt. Über die zunehmende Verwirklichung des Imaginären (obwohl die eigentlich gar nichts Neues, sondern eher so alt wie die Welt ist) kann man sich freuen; man sehe sich einmal an, wie herrlich und schön sich diese Architektoniken in den Filmen von Antonioni ausmachen! Wenn Kritische Theoretiker von einer Verarmung der Wahrnehmung sprechen, und von einem verdinglichenden, verobjektivierenden, herrschaftlichen Blick, kann das ja vielleicht daran liegen, dass ihre eigene Wahrnehmung verarmt ist, und ihr eigener Blick verdinglichend und verobjektivierend (und herrschaftlich). Schau, noch einmal, wie schön die Architektoniken und Landschaften der fortgeschrittenen Industriegesellschaften sind (im Zusammenhang mit dem ich eben auch den „eindimensionalen Menschen“ gelesen habe)! Gut, sie haben auch was Beklemmendes, eine Weitläufigkeit, die ihrer selbst nicht sicher ist, Jeanne Moreau flaniert in La notte durch diese Landschaften, die scheinbar gleichermaßen Freiheiten servieren, wie von Unfreiheit und Machtlosigkeit. Aber diese stummen Architekturen sprechen nicht und wissen nicht (was auch ihren eigentümlichen Reiz ausmacht), uns häppchenweise Freiheiten zu servieren und dann wieder Sackgassen, das tut das Dasein selbst. Das ist die ontische Struktur. Gibt es ein tatsächliches Außerhalb? In einer Geschichte des „exzentrischen“ Science-Fiction-Autors R. A. Lafferty gelangt einer immer wieder von neuem an die Grenzen des Universums. Mit der Zeit stellt er fest, dass es in den entlegensten Winkeln des Universums überall etwa gleich aussieht. Die Wiedererkennbarkeit ist wohl auch notwendigerweise so, das „ganz andere“, von dem Eskapisten träumen, ist ja nicht notwendigerweise was Gutes, das Gegenteil von Ordnung ist Chaos, und im reinen Chaos und der reinen Mannigfaltigkeit kann es schwer Ordnung geben. Ja, das ist ein Problem. Aber es ist ein letztendlich unlösbares Problem. Man kann es so lösen, indem man die Landschaften bei Antonioni als etwas außergewöhnlich Schönes sieht. Das ist der geheime Kern der Kunst. „Das Unbehagen der modernen Zeit ist das Unbehagen jeder Zeit. Es fehlt den Menschen der Zugang zu ihrem Geist … Neunundneunzig Prozent der Menschen haben keinen Zugang zu ihrem Geist … Die Geschichte ist für mich ein schwarzes Loch. Was zählt, ist der GEIST. Der Rest ist Schnickschnack“, (so einer der größten Künstler, Beckett, im Gespräch mit Patrick Bowles, Nov. 1955). Natürlich sieht Marcuse auch in der Kunst und der Schriftstellerei einen ursprünglich „kritischen“ Kern (der in der fortgeschrittenen Industriegesellschaft ebenfalls korrumpiert werde), eine Abarbeitung an der „Entfremdung“; ja, gut, aber diese Welt der Kunst ist doch viel tiefer, als der Tag von Marcuse gedacht wird, und reicht tief in die Aporien des Seins hinab. Kritische Theoretiker, die eine ursprüngliche und latent manifeste „Brüderlichkeit“ unter den Menschen angenommen haben, die leider nur von irgendwelchen ephemer herrschenden Verhältnissen korrumpiert werde, und die ganz leicht wiederhergestellt werden könne, wenn man nur diese Verhältnisse ändere, waren große/tiefsinnige Künstler eher selten – wenngleich sie vielleicht die einzigen sind, die dieses brüderliche Band unter den Menschen tatsächlich sehen und als Ideal begreifen (daran aber eben melancholisch verzweifeln, dass es eben ein Ideal bleibt). James Baldwin sagt: Die Poeten (damit gemeint sind Künstler generell) sind die einzigen, die die Wahrheit über uns wissen. Soldaten wissen sie nicht. Politiker wissen sie nicht. Priester wissen sie nicht. Gewerkschaftsführer wissen sie nicht. Nur die Poeten wissen sie. Viele (kritische) Intellektuelle scheinen sie bekanntlich auch nicht zu wissen, und auch nicht wissen zu wollen. Sie verharren in normativen Vorstellungen vom Menschen, und können und wollen von dort auch nicht weg (was vielleicht auch ganz gut ist, da normative Vorstellungen genauso ein Element, und ein Steuerelement, in der Realität sind, wie eben die „harte“ Realität). Gasdanow wundert sich auf seinen „Nächtlichen Wegen“ wie selten es sei, dass Menschen versuchen würden, tatsächlich andere Menschen, die aus tatsächlich anderen Milieus kämen, tatsächlich zu verstehen, wobei Intellektuelle da keine Ausnahme machen würden (nur die Schriftsteller wären eben anders, sonst wären sie ja auch keine Schriftsteller).

Die Kritische Theorie, wie linke und (geschlechter)emanzipatorische Befreiungsideologien leiden an dem Widerspruch, dass sie einerseits die individuelle Selbstermächtigung und Artikulierung der Subjektivität ihres jeweiligen Klientels begrüßen und fordern und fördern, andererseits aber ratlos sind, wenn sich dann was anderes artikuliert, als sie politisch im Sinn haben. (Wenn man so will, leiden sie an dem Widerspruch, dass sie einerseits Programm der individuellen Selbstermächtigung sind, aber auch der politischen; individuelle Selbstermächtigung bedeutet aber eben Freiraum von Politik und einen individuellen Rückzugsraum, wo man von der Politik auch gerne in Ruhe gelassen wird.) Nun, das lässt sich, aufgrund der doppelten (bzw. vielfältigen) Natur von Selbstermächtigung (mit ihren individuellen und politischen Implikationen) auch gar nicht ändern. Es ist eine Sache der Enge oder Weite der BefreiungsideologInnen, wie viel Spielraum sie da zulassen wollen, und es gibt solche, die da enger sind und solche, die da weiter sind. Allerdings haben Befreiungsideologien halt mal einen gewissen, mehr oder weniger absoluten, mehr oder weniger apodiktischen Anspruch, der, wenn es um die Wurst geht, schlagend werden kann, so dass sich die Freiheitsideologie realiter als Gulag-Ideologie erweist. Das Verstörende (das gegen die übermächtige Herrschaft von einzelnen schnell eine übermächtige Herrschaft des Kollektivs oder eben der Reinheitsideologie gesetzt wird) hat man in diversen Befreiungsideologien und Utopien ja überall. Eine letztendliche rechthaberische und machtverliebte Disposition kommt auch immer wieder zum Vorschein, wenn subjektive Äußerungen, die nicht ausfallen, wie es die Befreiungsideologie vorsieht, als irrelevant abgetan werden, oder als Ausdruck eines „falschen Bewusstseins“. Wenn die Leute, die Proletarier, die Unterdrückten, die Frauen, was tun, ist das aus der Sicht der Befreiungsideologen selten das Richtige. Das bedeutet aus ihrer Sicht dann: sie lassen sich manipulieren, und von ihren „wahren Interessen“ ablenken. Da sehen sie zum Beispiel fern (und lassen sich direkt wie auch indirekt manipulieren). Also sollen sie doch aufhören, fernzusehen und sich ablenken zu lassen, und stattdessen „innehalten“ und „nachdenken“ (und, am Besten, „das System infrage stellen“). Die Penetranz, mit der Kritische Theoretiker und Befreiungsideologen immer wieder einfordern, die anderen sollten doch mal „innehalten“ und „nachdenken“ ist ein Hinweis darauf, dass sie es eben von sich selbst nicht kennen, das mit dem Innehalten und dem Nachdenken und dem kritischen Hinterfragen, und dass die gedankenlose Übernahme von Gedankengut, das einem Realitätscheck gar nicht wirklich gewachsen ist, die sie also bei den anderen vermuten, halt mal der Rahmen ist, durch den sie selbst in die Welt blicken.

Natürlich besteht dann aber die Möglichkeit, Realitäten überhaupt gleich „kritisch“ wegzudenken und zu entsubstanzialisieren: „Wenn wir auf der Tiefe und Wirksamkeit dieser Kontrolle bestehen, setzen wir uns dem Einwand aus, dass wir die prägende Macht der „Massenmedien“ sehr überschätzen und dass die Menschen ganz von selbst Bedürfnisse verspüren und befriedigen würden, die ihnen jetzt aufgenötigt werden. Der Einwand greift fehl. Die Präformierung beginnt nicht mit der Massenproduktion von Rundfunk und Fernsehen und mit der Zentralisierung ihrer Kontrolle. Die Menschen treten in dieses Stadium als langjährig präparierte Empfänger ein….“ Unter kritischen Theoretikern und Linken ist der Habitus stark verbreitet, handfeste Realitäten (weniger kritisch zu hinterfragen als) zu delegitimieren, wonach sie (tatsächlich oder angeblich) einfach nur (von einer bösartigen Instanz) „gemacht“ seien, wodurch sie die Konfrontation mit unliebsamen Realitäten ideell einfach beliebig hinausschieben kann, und den Fehler einfach immer nur beim anderen verorten, aber niemals bei sich selbst. Marxisten behaupten (zumindest indirekt), dass das „wahre Wesen“ des Menschen der „bessere sozialistische Mensch“ sei, wie auch, dass es ein „wahres Wesen“ des Menschen gar nicht gibt, da dieser einfach die Summe der gesellschaftlichen Verhältnisse sei. Das ist jeweils in etwa gegenteilig (und außerdem ist beides falsch), was sie aber in der Praxis kaum daran hindert, mal so, mal so zu argumentieren (genauso wie Feministinnen gerne mal genderdekonstruktivistisch, mal biologistisch/essentialistisch argumentieren, je nachdem, wie es die Frauen in der momentanen Situation besser dastehen lässt). Die marxistisch geprägte „wissenschaftlich sozialistische“ Linke klopft sich gerne auf die Brust, (dialektisch) „materialistisch“ zu denken („denken“), und nicht „idealistisch“. (Dialektisch) „materialistisch“ müsse man denken, nicht „idealistisch“ etc., lautet die Devise! Mit ihrer gleichzeitigen Fixierung darauf, dass vorgefundene soziale, wirtschaftliche, politische oder Geschlechterverhältnisse (sofern sie ihnen nicht in den Kram passen) „nichts Naturgegebenes“, sondern (nichts als) „sozial konstruiert“ seien, glaubt sie dann aber wieder, ganz reale Faktizitäten, die (gleichsam) materiell vorhanden und in der Wirklichkeit verankert sind, idealistisch in Luft auflösen zu können. Ihren Fluchtpunkt errichtet sie in einem reinen Imaginarium wie dem Kommunismus, dem „Reich der absoluten Freiheit“, einem „Reich Gottes“ oder einem Dritten Reich, dessen Überlegenheit gegenüber den bestehenden Verhältnissen gar nicht bewiesen ist, das gar nicht theoretisch ausformuliert ist, und das auch gar nicht theoretisch ausformuliert werden kann: Aufgrund der Verschiedenartigkeit der Menschen gibt es keinen Kommunismus und kein Reich der Freiheit oder ein herrliches Reich, in dem alle Konflikte abgeschafft sind. Es gibt die liberale Demokratie und die soziale Marktwirtschaft, die das bislang Beste sind, was der Menschheit passiert ist – eben die „fortgeschrittene Industriegesellschaft“, gegen die Marcuse sich in einer totalisierenden Geste wendet. Was bestimmte, radikale Teile der „kritischen Linken“ wollen, ist diese Gesellschaft durch etwas zu ersetzen, das offensichtlich schlechter ist, als das „System“, gegen das sie sich wenden, was sie aber in ihrem revolutionären Elan gar nicht wahrnehmen oder eben kritisch hinterfragen wollen. Im schlimmsten, allerdings durchaus herkömmlichen Fall führt das dann dazu, dass die materialistischen Idealisten nie intellektuell und moralisch die Verantwortung übernehmen wollen, wenn sich ihre Realsozialismen in der Realität als was durchaus nicht so Positives erweisen, wie sie es sich – in ihrer Gedankenlosigkeit – erwartet hätten. Dann ist nicht die Idee (des Sozialismus) falsch, sondern halt leider, unglücklicherweise (immer wieder) nur die Umsetzung.

Marcuse nennt die Mitglieder der fortgeschrittenen Industriegesellschaft „Sklaven“, wobei (meines Wissens) weder Marx noch Engels bei der Beschreibung der gesellschaftlichen Verhältnisse hundert Jahre zuvor solche Begrifflichkeiten in Anspruch genommen haben (die nicht einmal auf die damalige Feudalgesellschaft in Russland korrekt angewendet werden könnten). Allegorien oder Metaphern (oder auch ganz buchstäblich gemeinte Bezeichnungen) kann man anwenden, um gewisse Symptome hervorzuheben und schärfer zu bezeichnen, genauso gut kann man damit aber auch daneben greifen bzw. aus der Fokussierung auf einen bestimmten Gegenstand den Gesamtzusammenhang, in den er eingelassen ist, verkennen (ein allgemeines Charakteristikum und Problem ideologischer und tendenziöser Sichtweisen: einerseits erkennen diese bestimmte Probleme schärfer und hellsichtiger, andererseits ignorieren sie andere oder aber größere Zusammenhänge, die nicht unmittelbar auf ihrem Radar erscheinen). Oder aber die Verwendung solcher Bezeichnungen ist überhaupt falsch – oder verlogen. Und wenn man die Mitglieder der fortgeschrittenen Industriegesellschaft als Sklaven bezeichnet, so ist das eben falsch, oder verlogen. Übertriebene, utopische, transzendente Freiheits/Befreiungsideologien sind, an und für sich, inhärent verlogen. Im „eindimensionalen Menschen“ hat man Ausführungen zur „Rationalisierung“ der Sprache in der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, von wegen, wie Begriffe ihrer Konnotationen beraubt werden, beschönigende, verharmlosende, ästhetisierende Begriffe verwendet werden, u. dergl. mehr (allerdings übrigens in keiner Weise aus feministischer Sicht oder im Hinblick auf gegenderte Sprache). Wenn man jetzt einmal unvoreingenommen an Diskurse wie den über den eindimensionalen Menschen aus kritischer Sicht herangeht, wird man glauben, feststellen zu können, dass man eine derartige Totalisierung und Hermetisierung, ideologische Versiegelung der Sprache und der Begrifflichkeiten in erster Linie in den Werken der Kritischen Theorie selbst hat. Dahinter steckt ein totalisierender, versklavender Geist, der sich sozusagen an seiner eigenen Neurose abarbeitet und sein eigenes Spiegelbild auf Verhältnisse wirft und projiziert. Die Wahrnehmung der Ontologie ist mehr oder weniger durch die jeweilige Epistemologie bestimmt, und die beklemmende Enge und Aussichtslosigkeit, die die Kritische Theorie überall und in allem, was mit der „fortgeschrittenen Industriegesellschaft“ zu tun haben will, erblickt, erscheint so (irgendwie) als Emanation der eigenen beklemmenden Enge und Unfreiheit. Was, wenn Marcuse et al wilde Angriffe gegen die fortgeschrittene Industriegesellschaft reiten, die dann aber nur sagt: „Du gleichst dem Geist, den du begreifst; nicht mir“?

Als ein weiteres Beispiel dafür, wie man etwas, das eigentlich nur als Redensart Gültigkeit beanspruchen kann, trotzdem ungeniert als wissenschaftliches begriffliches Instrumentarium gebraucht, bezeichnet Marcuse die fortgeschrittene Industriegesellschaft gerne als „irrational“. Aber an welchem Maßstab könnte man die Rationalität oder Irrationalität einer Gesellschaft messen (wenn man sich nicht in ein idealistisches, unverifizierbares „Außerhalb“ schmeißen will, das eben kein wirklicher Maßstab sein kann)? Man kann vielleicht sagen, das Ziel einer Gesellschaft sei, sich zu reproduzieren; qualitativ gesehen, sich jeweils auf einem höheren Level zu reproduzieren. Das Ziel einer Gesellschaft sei, dass Positivsummenspiele gespielt werden, dass Win-Win-Situationen entstehen und gefördert werden. Tatsächlich gibt es viele Gesellschaften, in denen das weitreichend nicht der Fall ist; korrupte Gesellschaften, in denen kein kollektives Verantwortungsgefühl herrscht, Laxheit gepaart mit Selbstüberschätzung, ein Misstrauen gegenüber dem Staat und ein betrügerischer Staat, gegenüber dem ein solches Misstrauen sogar gerechtfertigt ist; im schlechtesten Fall Gesellschaften, in denen die Mentalität verbreitet ist, den anderen übers Ohr zu hauen (was dann in eine gesamtgesellschaftliche Lose-Lose-Situation führt). Die fortgeschrittenen Industriegesellschaften sind aber solche Gesellschaften, in denen diese Charakteristika vergleichsweise wenig ausgeprägt sind (falls man jetzt Umweltzerstörung hernimmt, sei dazu gesagt, dass die Verantwortungslosigkeit gegenüber der Umwelt in Ländern, die nicht den fortgeschrittenen Industriegesellschaften angehören, oftmals noch viel sensationeller ist, in einigen Fällen, wie z.B. in der Sowjetunion oder in Rotchina unter Mao im Zusammenhang mit der sozialistischen Industrialisierungs- und Fortschrittsideologie sogar regelrecht psychopathische Züge angenommen hat). Eine Gesellschaft ist gut und rational, wenn sie dem Individuum viele Freiheiten ermöglicht, gleichzeitig die freien Individuen ein hohes Verantwortungsbewusstsein gegenüber dem gesellschaftlichen Ganzen aufweisen (wenn also die Tugenden und die guten Eigenschaften von Gesellschaften mit individualistischer und solcher mit kollektivistischer Ausrichtung zusammengeführt werden, und deren jeweilige Negativa dadurch kompensiert werden). Wie mir scheint, ist das in der Schweiz am Idealtypischsten der Fall. Allgemein: Wenn man sich dafür interessiert, wie eine Gesellschaft im Rahmen ihrer Möglichkeiten am besten ihre Probleme lösen kann, ist es vielleicht am Hilfreichsten, wenn man mehr die Schweiz studiert und weniger (kritische oder auch andere) Theorien. Wenn das theoretisch hochtrabende „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ dann in der Praxis auf ein „sie tun so als würden sie uns bezahlen, wir tun so, also würden wir arbeiten“ hinausläuft, ist das eine Lose-Lose-Situation.

„Ich habe das Düstere übertrieben, der Maxime folgend, dass heute überhaupt nur Übertreibung das Medium der Wahrheit sei. Missverstehen Sie meine fragmentarischen und vielfach rhapsodischen Anmerkungen nicht als Spengelerei: die macht selbst mit dem Unheil gemeinsame Sache (…) vieles spricht dafür, dass die Demokratie, samt allem, was mit ihr gesetzt ist, die Menschen tiefer ergreift als in der Weimarer Zeit. Indem ich das nicht so Offenbare hervorhob, habe ich vernachlässigt, was doch Besonnenheit mitdenken muss: dass innerhalb der deutschen Demokratie nach 1945 bis heute das materielle Leben der Gesellschaft sich reicher reproduzierte als seit Menschengedenken, und das ist dann auch sozialpsychologisch relevant. Die Behauptung, es stünde nicht schlecht um die deutsche Demokratie und damit um die wirkliche Aufarbeitung der Vergangenheit, wenn ihr nur Zeit genug und vieles andere bleibt, wäre sicherlich nicht allzu optimistisch…“, gesteht Adorno 1959 am Ende einiger seiner üblichen, düsteren Ausführungen ein. Ja also: die Festigung der Demokratie und der liberalen Gesellschaft hat man also der fortgeschrittenen Industriegesellschaft zu verdanken! Dass die Leute nicht in irgendwelche Extremismen verfallen, hat man der Konsumgesellschaft zu verdanken! Etc. Adorno ist also skeptisch, inwieweit die kritische Position die richtige sein kann. Das ist gut. Hauptaufgabe und Habitus eines Intellektuellen sei doch eigentlich, dass er skeptisch ist, nachdenklich und vorsichtig; nicht notwendigerweise kritisch (was in der Praxis dann oft bedeutet: vorsätzlich polemisch). Von unendlichem Tiefsinn sei der Intellektuelle, optimalerweise! Im unendlichen Tiefsinn liegt das intellektuelle (und spirituelle) Optimum! Natürlich hat der unendliche Tiefsinn aber auch was (scheinbar) Unbewegliches. Daher ist es auch gut, ja, notwendig, wenn es weniger tiefsinnige, also eben kritische – Intellektuelle gibt, die sich an den Sachen stoßen, während wir unendlich Tiefsinnigen uns an allem stoßen und an nichts, indem wir die Sachen transzendieren. Das ist eine gute, notwendige intellektuelle Arbeitsteilung. Das, was hier unternommen wird, ist eine kritische Kritik an der Kritischen Theorie, die vor den Reaktionären zwar beschützt gehört, nicht aber vor sich selbst. Ich will nur nicht, dass die Kritische Theorie (oder irgendjemand sonst) allzu stolz wird und apodiktisch. – Am Schluss vom „eindimensionalen Menschen“ steht: „Die kritische Theorie der Gesellschaft besitzt keine Begriffe, die die Kluft zwischen dem Gegenwärtigen und seiner Zukunft überbrücken könnten; indem sie nichts verspricht und keinen Erfolg zeigt, bleibt sie negativ. Damit will sie jenen die Treue halten, die ohne Hoffnung ihr Leben der Großen Weigerung hingegeben haben und hingeben. Zu Beginn der faschistischen Ära schrieb Walter Benjamin: Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben. Die „Hoffnungslosen“ sind aber keine einheitliche Kategorie. Sie erregen das Mitgefühl, sie sind die Ersten, denen man helfen sollte. Was aber eben, wenn sie das nicht wollen, wenn ihre Hingabe an die Große Weigerung kein schöner lebensästhetischer Ausdruck oder ein produktiver Nonkonformismus ist, sondern ein moralisches Mäntelchen für einen beklemmenden Fundamentalismus, der eigentlich gar nichts wirklich will, als sich immer nur in der Opferrolle zu sehen, und, vor allem, der deswegen gegen (eine als quasi totalitär angenommene) bestehende Herrschaft und Macht ist, weil er selbst nicht an der Macht ist, der deswegen gegen (eine als quasi totalitär angenommene) bestehende Herrschaft und Macht sich positioniert und gegen sie polemisiert, weil er in seinem eigenen neurotischen Machtstreben sich frustriert fühlt (und der darin auch die anderen Charakeristika von Machtmenschen aufweist: Neid, Paranoia, ständiges Misstrauen, der Wunsch, sich zum großen Helden zu stilisieren etc.)? Wenn also der Hoffnungslose, den man gerne an die Brust nehmen will, der Ressentiment-Mensch ist? Die Hilflosen und Schwachen erregen, wie gesagt, das Mitgefühl; die Starken sollten den Schwachen mehr helfen – man sollte aber nicht vergessen, dass die Schwachen noch viel gefährlicher werden können als die „Starken“, wenn sie in eine Position falscher Stärke kommen. Marcuse formuliert zwar keinen Machtkomplex, sondern einen Freiheitskomplex. Ständig will er mehr Freiheit, in allem aber, was in der Welt passiert, sieht er perfide und totale Unfreiheit, die sich allein verwirkliche und triumphiere. So hat man den Eindruck, dass hinter dem schrankenlosen, gar nicht mehr spezifischem Freiheitsstreben, das bei Marcuse zum Ausdruck kommt, eine fundamentale mentale Unfreiheit und Unbeweglichkeit steht. Und dass Freiheit (bisweilen durchaus enge) Grenzen hat, der Gestus und der Wunsch nach einer „totalen“ Freiheit auf etwas hinzielt, was gar nicht existiert, Herrschaftzeiten, das weiß doch, ganz grundsätzlich, jeder Depp! Wenn akademische Intellektuelle sich immer wieder, zumindest heimlich, eingedenk sind, dass sie von saufenden Stammtischgenossen durchaus unter den Tisch geredet werden können, hat das seinen Grund darin, dass sie in ihrer intellektuellen und moralischen Weltflucht entscheidende Sachen vergessen.

Aber ach, scheiß drauf, die Kritische Theorie, die Frankfurter Schule, die Hippies, die Studentenproteste, die Verweigerungshaltung, der Nonkonformismus, sind natürlich gut! Wenn es in der Realität nicht auch das Element „Kritische Theorie“ geben würde, wäre sie eine schön blödsinnige und stumpfsinnige Realität. Ihr Gestus ist es, Öffnung anzuzeigen, Hoffnung, Mut zur Selbstermächtigung, sie steht in der Tradition der Aufklärung und des Humanismus, und stellt, in ihrer konkreten Form, zumindest für die Vergangenheit, eine brauchbare Ideologie und ein gesellschaftliches Selbstverständnis dar. Wenn man das glaubt, runtertun zu können, soll man erst mal was Vergleichbares auf die Beine stellen! Jetzt ist die Kritische Theorie eine einigermaßen politische Philosophie, aber Politik ist eine Domäne, wo die meisten Karrieren im Versagen enden und wo ständig unvorhergesehene Dinge passieren. Ich nehme, trotz meiner gewaltigen geistigen Fähigkeiten und meiner großen Lauterkeit, nicht notwendigerweise an, ein besserer POTUS sein zu können als Trump, dessen historisch positive Bilanz es eventuell sein könnte, dass er die größte Gefahr für unsere Zeit – China – richtig erkannt und bekämpft und besiegt hat, während wir Liberalen uns irgendwelchen Illusionen hingegeben haben und uns auf irgendwas Unwichtiges fokussiert haben. Politik, und Versuche, den Weltenlauf zu beeinflussen, sind überhaupt etwas ziemlich seltsames (das gilt freilich nicht für Lokalpolitik, die ja auch nicht versucht, den Weltenlauf zu beeinflussen; aber zur Lokalpolitik kann man sich übergeordnet intellektuell kaum äußern). Ich werde mich vor der Politik eher hüten. Ich bin auch nicht unbedingt ein politischer Denker. Ich weiß auch nicht so genau, inwieweit ich ein gesellschaftlicher Denker bin (aber das muss ich ja auch nicht, denn als Schriftsteller bin ich ja auch der Einzige, der die Gesellschaft und die Menschen letztendlich tatsächlich versteht). Laut Burkhardt stehen die Menschen den geschichtlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen, in die sie geworfen sind, ohnmächtig gegenüber, und erleben ihre Herrschaft als erdrückend. Vielleicht tun sie das, vielleicht tun sie das auch nicht. Vielleicht sind sie das, vielleicht sind sie das auch nicht, und die Macht der gesellschaftlichen Verhältnisse ist auch zu einem gewissen Grad Einbildung, der man auch mit mehr Gelassenheit gegenübertreten kann. Auf mich selber üben die Gesellschaft und ihre (angeblichen) Normierungen praktisch keine Macht aus; ich bin kein Wesen der Gesellschaft, insofern kann ich vielleicht sehr viel und sehr wenig zur Gesellschaft überhaupt sagen. Ich sehe die Gesellschaft auch gar nicht wirklich, ich sehe nur (ha! „nur“!) die Unendlichkeit, inklusive der Fallen, die sie bereithält. Die Vorkommnisse in der Welt nehme ich als Farben- und Formenspiel wahr, als Statiken und Dynamiken, von denen ich nicht einmal genau sagen kann, ob sie besonders gescheit oder ziemlich blöd sind. Wenn jetzt ein Vulkan ausbricht hat man da auch Asche, Schwefel, Lärm, Eruption, Lava, die rauf spritzt und die vor sich hin mäandert: und man kann auch nicht sagen, ob das besonders gescheit oder ziemlich blöd ist; es ist ein Naturphänomen. Ein anderes Referenzsystem, ein anderer Bezirk des Seins. Und Politik ist für mich auch so was wie ein Vulkanausbruch, einfach ein ganz anderer Teil der Welt, mit dem man auch nicht wirklich kommunizieren kann (und von dem man besser, beobachtend, Abstand nimmt). Ich verstehe (ha! „verstehe“!) meine Position. Ich bin ein absoluter Sonderfall. Aber gleichzeitig bin ich auch äußerst universal, und keineswegs „exzentrisch“. Ich frage mich, ob ich alles zur Gesellschaft sagen kann, oder nichts. Ich frage mich, ob ich unzählige sinnvolle Beiträge leisten kann, oder keinen einzigen. Ob mein Geist, ob das Einheits-Bewusstsein, das alles begreift, was Gutes ist, oder was Sinnloses. Naja. Wahrscheinlich liegt der Effekt irgendwo in der Mitte. Und überhaupt. Meine Strategie scheint es eher zu sein, und meine Aussage scheint es eher zu sein, dass man sich über die Kritische Theorie der Frankfurter Schule, und über alle Theorien aller Schulen, bei genauer Kenntnis derselben, einfach so weit überheben soll, dass alle diese zu Elementen auf einem gigantischen Monitor werden, in die man sich beliebig rein- und rauszoomen kann; und dass man die Politik – also (laut Hannah Arendt) das Management der Vielheit und Diversität unter den Menschen – einigermaßen überwinden soll, indem man selbst zu einer gigantischen Vielheit und Diversität wird (und das Ego als der zentrale politische Akteur also abfällt). Einfach, dass man die menschlichen Verhältnisse insgesamt überwindet, während man zu selbst zu einem Punkt am Monitor verschwindet, der allerdings die komplette Information über das Ganze enthält. Oh ja, ich finde, so sollte man das machen! Und so wird es geschehen. – Es soll doch jeder machen, was er am besten kann, und was ich am besten kann, ist eben das mit der Allwissenheit. Das ist, soweit ich sehen kann, sogar mein Alleinstellungsmerkmal. Also sollte ich das weiter vertiefen. Vielleicht stiftet es ja sogar noch mal irgend einen Nutzen.

8. – 14. März 2020

(Anm.: Dieser sehr nichtlinear verfasste Text hat stilistisch vielleicht was Furchtbares. Aber es würde mich interessieren, wie man das noch viel weiter treiben könnte. Auch ist dieser Text ziemlich fahrig. Aber wie soll der korrekte und eindeutige Kommentar zur Frankfurter Schule anders sein als fahrig?)