Der gegenwärtige Zustand meines Geistes

Der gegenwärtige Zustand meines Geistes ist insgesamt ein sehr guter. Ich arbeite, bekanntermaßen, am absoluten Geist in der absoluten Form. Der absolute Geist erscheint, bekanntermaßen, über Wissenschaft, Kunst und Philosophie (und Religion/Ethik). Der absolute Geist in der absoluten Form passiert über solchen disziplinären Segmentierungen und Auffächerungen seiner selbst, er arbeitet auf einem höheren Verständnislevel; seine Rede ist Fusion und Synthese von Wissenschaft, Kunst, Philosophie und Religion/Ethik. Es ist die absolute Begegnung des Geistes mit sich selbst und die absolute Begegnung des Geistes mit der Welt. Das ist der absolute Geist in der absoluten Form.

Ich habe (vor ein paar Jahren und allgemein) gesagt: Ich will meinen Geist reinigen und mich erweitern und vertiefen. Ich will meinen bisherigen Geist demolieren und zu reinen Anschauungen vorstoßen, um so neue Begrifflichkeiten und meinen Geist neu konstruieren zu können. Dadurch gelangt man in die höchste Höhe, geht in die größte Breite, und mittlerweile arbeite ich ziemlich tief. Mein fortschreitender Tiefbau ist viele Etagen unten; im Reich, hoffe ich, der Fundamentalontologie; so profund ist meine Betrachtungsweise und so universal mein Blickwinkel. Ich will nicht eine Philosophie oder Theorie oder Kunst machen oder ethische Schule. Philosophie, Religion, Kunst etc. besteht unglücklicherweise aus Sachen, die Philosophen et al. gesagt haben und geistigen Gebilden, die Philosophen et al. errichtet haben. Ein geistiges Gebilde ist aber nicht der absolute Geist, und noch weniger der absolute Geist in der absoluten Form. Was Philosophen sagen, und die geistigen Gebilde, die sie errichten, steht in einem universalen Bezug zur Wirklichkeit, oder strebt diesen zumindest an, ist aber auch subjektiv beschränkt (und, meistens, neben Vorstellung auch Wille, sich etwas so und so vorzustellen). Die Lehre der Philosophie etc. besteht aus dem, was bedeutende Philosophen gesagt haben, die Kunst besteht aus dem, was einzelne Künstler gemacht haben; die Substanz der Philosophie etc. gilt aber der absoluten Erkenntnis der Welt. Was ich anstrebe, ist nicht eine Philosophie zu machen, sondern, dementsprechend, die Philosophie. Ich will nicht eine Philosophie machen, sondern die Philosophie – freilegen, aus dem absoluten Grund des Seins. Das steht im Zusammenhang mit dem absoluten Geist in der absoluten Form.

Ich klebe, bekanntlich, sehr stark fest an der Welt und bin tief in ihr verankert. Ich kann, genau genommen, von dort nicht weg, auch wenn ich es wollte und teilweise auch will. Mittlerweile empfinde ich es so, dass ich an etwas arbeite – nicht mehr an Kunst, Philosophie etc. – sondern an so was wie an der Mathematik; an einer Art Mathematik des Seins. Die Mathematik beschäftigt sich mit der abstrakten und formalisierbaren Bestimmung, wie sich Quantitäten zueinander verhalten. Sie wird vom Menschen entdeckt und freigelegt, der in einer Welt von Quantitäten, von Raum, Zeit und Materie lebt. In der Bestimmung dieser Verhältnisse entdeckt der Mensch die Mathematik und legt sie frei, die gleichzeitig allgemeiner und unerschütterlicher als alle Welt ist, über die Welt hinausgeht. Sie ist eine robuste Struktur. Der (absolute) Geist versucht eher, die Qualitäten des Seins zu bestimmen. Auf diesem Verständnislevel, tief unten in der Fundamentalontologie, glaube ich zu erkennen, dass ich dies im Allgemeinsten tue: Ich versuche, die Qualitäten des Seins zu bestimmen und eine Art Orientierung des In-der-Welt-Seins freizulegen, eine Struktur, die damit so fundamental und robust ist/sein soll wie die Mathematik. Die Mathematik der Seinsqualitäten, entlang des Koordinatensystems des In-der-Welt-Seins. Das ist dann die Philosophie und der Geist (und damit der absolute Geist in der absoluten Form). Daran klebe ich dann umso stärker fest. Der Mathematik kann man nämlich nicht entkommen.

Was ich versuche, ist, über mein In-der-Welt-sein das In-der-Welt-sein zu ergründen. Das tue ich, indem Bewusstsein auspräge und mir die Dinge in der Welt und mein In-der-Welt-sein vergegenwärtige. Wenn ich einen Text über einen Philosophen oder eine Künstlerin produziere, so sehe ich den weniger als einen Essay oder eine Abhandlung oder eine Studie an (wenngleich es all das ist), sondern als einen Versuch der Vergegenwärtigung dieses Philosophen oder jener Künstlerin. Meine Literatur ist „experimentell“, insofern sie auch unter der Fragestellung geschehen ist: Wie ist Literatur möglich? Wie ist Kunst möglich?, vor allem aber als Erkenntnisinstrument, als Hilfsmittel zur totalen geistigen Durchdringung der Welt (der Subjektivität und der Objektivität) über ihre Vergegenwärtigung. Es handelt sich bei meinen schriftlich niedergelegten Mitteilungen um Stufen im Erkenntnisprozess, genauer gesagt um Plateaus eines Erkenntnisprozesses, die über dem Abgrund errichtet werden und die übereinander geschichtet werden, um Begehrbarkeit zu ermöglichen. Es handelt sich um den Ausgang zum Himmel, und zum absoluten Geist in der absoluten Form, der sich über diesen fortschreitenden Prozess dann eben ausbildet. Ich sitze vor der Wand der Erscheinungen und betrachte sie, über meinen Geist vergegenwärtige ich mir sie. Was kann es Höheres und Profunderes geben? Die Vergegenwärtigung ist etwas Meditatives und Penetratives (synthetisches und analytisches) zugleich. Das Meditative ist die ruhige und kontemplative Betrachtung der Gesamterscheinung, das Penetrative gilt dem Treffen von umso schärferen Unterscheidungen. Der Geist ist meditativ und penetrativ, der absolute Geist in der absoluten Form verwirklicht sich in dieser meditativ-penetrativen Anschauung und Prozessierung.

Der Geist steht im Zusammenhang mit Bewusstsein, und das Bewusstsein ist letztendlich eine Paradoxie, über die man nicht hinauskommen kann (insofern man Bewusstsein letztendlich nur wieder über Bewusstsein erklären kann u. dergl. sind Erscheinungsformen dieser Paradoxie). Aber man kann diese Paradoxie relativ subvertieren, indem man sie imitiert. Dementsprechend gelangen die radikalsten Geister und Yogis letztendlich zu Zuständen und Weltwahrnehmungen, die sich nur mehr in Paradoxien beschreiben lassen: eine Abwesenheit, die gleichzeitig ein Anwesenheit ist; eine Leere, die gleichzeitig eine Fülle ist; ein Weg, der weglos ist; wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen etc. Das sind die absoluten Grenzen des Denkens und auch die absoluten Grenzen der Welt. Das Absolute und Totale kann wohl – nicht anders als die Mathematik im Hinblick auf den Gödelschen Unvollständigkeitssatz – nicht anders sein, dass es Paradoxien hinsichtlich seiner Qualitäten beinhaltet (da diese in einem Veweisungszusammenhang zueinander stehen). Das absolute Bewusstsein lässt sich von diesen Paradoxien nicht erschrecken, macht vielmehr Mimesis zu ihnen. Daher ist das Bewusstsein auch nicht unbedingt das, was Aspiranten auf ein höheres Bewusstsein sich gerne vorsellen mögen. Das Bewusstsein des Menschen ist höher als das des Tieres. Damit verfügt der Mensch über mehr Fähigkeiten und mehr Freiheitsgrade als, gemeinhin, das Tier. Einige Menschen streben ein höheres Bewusstsein an, aus diesen und jenen Gründen. Sie erhoffen sich dadurch ein Mehr an Kompetenzen und Freiheitsgraden. Der absolute Geist in der absoluten Form hat das höchste Maß an Kompetenzen und Freiheitsgraden. Sein Träger wird ein Maradona des Geistes, mit übernatürlichen Fähigkeiten und einer übernatürlichen Manövrierfähigkeit und übenatürlichem Ballgefühl und Spielfeldüberblick. Glücklich macht ein höheres Bewusstsein nicht unbedingt. Es kann sogar das Unglück vermehren. Aber „das Glück“ ist sowieso selten und uneindeutig. Es gibt jedoch Daseinsqualitäten wie Freiheit, Schönheit, Reichtum, Wissen, Moral etc. die, auch wenn sie nicht „glücklich“ machen, erstrebenswert sind. So ist ein höheres Bewusstsein erstrebenswert; die meisten Menschen irren durch enge, hoch eingepfrechte Gassen und sehen die Hand vor Augen kaum; das höhere Bewusstsein sieht hingegen den Stadtplan. Das noch höhere Bewusstsein den Schaltplan. Es hat ein höheres Maß an Kompetenz gegenüber Raum, Zeit und Materie. Das mag dem höheren Bewusstsein zu Kopf steigen und eitel machen. Nicht aber dem absoluten Geist in der absoluten Form! Der absolute Geist in der absoluten Form ist ja nur dadurch und stabilisiert und erhält sich darin, dass er sich seiner Kleinheit und relativen Ohnmacht stets bewusst ist. Die Abarbeitung am Relativen und an der Ohnmacht macht ihn ja absolut und bringt ihn in so absolute Form. Der absolute Geist in der absoluten Form sieht sich selbst am Relativsten und er ist der Relativierendste, am wenigsten Verabsolutierende. Daher kann er am Besten richtige Unterscheidungen treffen. Das Bewusstsein ist etwas Aufmerksames, und es ist etwas Flackerndes. Je aufmerksamer ist wird, desto flackernder wird seine Wahrnehmung der Welt, wird es selbst. Deswegen lehrt uns der Zen-Buddhismus, dass Festes und Flackerndes eine Einheit bilden, und eine Einheit des Geistes bilden. Wenn man den Geist letztendlich so erfährt, hat man Erleuchtung erlangt, ein so genanntes absolutes Bewusstsein. Das absolute Bewusstsein ist der Stabiliät und der Instabilität in der Welt gleichermaßen gewahr.

Zu einer stabilen Instabilität der Welt gehört für mich persönlich: Mit meinem absoluten Geist in der absoluten Form habe ich keinerlei weltlichen Erfolg. Das wird mir immer wieder bewusst und es ist sehr unangenehm. Meinen Geist aber eben ficht das gar nicht an, denn mein Geist ist nicht von dieser Welt, er ist Ideal. Das wird ihm über seine Erfolglosigkeit in der Welt geradezu und immer prompt bestätigt. Wisse denn, Schwester, was ich sehe und erlebe ist ungeheuerlich! Ich kenne maßlosen Reichtum, grenzenlose Freiheit und Macht, das Aufblühende, ich sehe klar das stabile Reich der Ideale, ich weiß, was das Paradies und der Himmel ist – und ich kenne das jeweils genaue Gegenteil davon. Ich lebe außerhalb der Platonischen Höhle und sehe in die gleißende Sonne der Platonischen Ideen; wie Kafka, wie van Gogh, wie Betty Davis, wie Sokrates. Da ich nicht in dieser Höhle lebe, lebe ich in dieser Welt notwendigerweise unbehaust. Im Reich der Ideale, im Kontinuum bin ich frei und lebendig. Das heißt nicht, dass ich weltfremd bin, sondern eben das Gegenteil. Indem ich gleichzeitig die platonischen Ideen als auch die Erscheinungen sehe, habe ich eine umfassendere und totalere, eindringendere, diese durchwirkendere Sicht auf die Realität. Wenn ich über die Realität im Irrtum sein sollte, dann wahrscheinlich nicht lange. In der Kunst, und allem, was damit zusammenhängt (also eben die Sachen des Geistes) habe ich das höchste und endgültige Stadium erreicht. Die Möglichkeiten des Ausdrucks und die Möglichkeiten, Sachen heranzuziehen, die ausgedrückt werden sollten, sind bei mir ausgeschöpft, es gibt dazu kein Jenseits mehr. Selbst die größten und erfolgreichsten Schriftsteller haben gemeinhin irgendwelche Minderwertigkeitsgefühle, hinsichtlich ihrer Kunst. Ich aber, der am wenigsten Erfolgreiche von allen, und der so was aus der schriftstellerischen Vergangenheit gut kennt, ich nicht. Die endgültige spirituelle Wahrheit in der Kunst, ich habe sie erreicht, aufgrund meiner glücklichen spirituellen Anlagen. Die laufenden Zeiger des Ausdrucksvermögens und dessen, was ausgedrückt werden soll, sind bei mir zu Ruhe gekommen, und ich bin superstabil. Jetzt ist es bei mir also jeder Zeitpunkt des Weltkreislaufs gleichzeitig. Möglicherweise braucht die Menschheit noch lange, bis dass sie sich von einem solchen Schock erholt. Gleichzeitig habe ich damit erreicht, was laut Badiou das höchste ist, was Kunst in einem plappernden, allesfressenden Kommunikationszeitalter erreichen kann: indem sie so autonom ist, dass sie innerhalb dieser Kreisläufe nicht kommuniziert und nicht zirkuliert. Erst in späterer Zeit wird der Geist befreit über den Segmentierungen schweben können.

Stabilität ist es, was wir in der Welt suchen, was der Geist sucht. Wie kann sich aber eben der Geist sicher sein, dass er stabil ist? Der absolute Geist – sich ausdrückend in Wissenschaft, Kunst, Philosophie und Religion/Ethik – beschäftigt sich mit Qualitäten, und Qualitäten sind nicht ganz eindeutig und nicht notwendigerweise stabil. Wie kann also der absolute Geist – sich ausdrückend in Wissenschaft, Kunst, Philosophie und Religion/Ethik – in einer absolut seiner gewissen Form erscheinen? Der Künstler strebt, wie Motherwell es ausdrückt, danach, „the real thing“ zu sehen, zur Darstellung des „real thing“ vorzustoßen. Das gelinge fast nie. Dazu muss man permanent nachdenken, verknüpfen, trennen und empfinden, um zum real thing vorzustoßen. Diese schweren Konvulsionen und seelischen Belastungen, wenn man als Künstler nicht das Gefühl hat, zum real thing vorstoßen zu können, kenne ich sehr gut. Ich habe sie sehr intensiv erlebt und wahrscheinlich intensiver als andere. Aber ich bin zum real thing vorgestoßen (wahrscheinlich eben deshalb). Dazu muss man aber eben die Realität am profundesten erkennen. Das real thing, die tiefste Schicht des Realen, ist mir bekanntlich der Chaosmos, das Zusammenspiel von Zufall und Ordnung. Dieser Chaosmos ist freilich etwas sehr Allgemeines, fast immer aber wird in den diversen Metaphysiken entweder das kosmische oder das chaotische Prinzip bevorzugt; nie gleich gewichtet, was dann also zu Verhärtungen und Missverständnissen führt. Das aber tue und gewährleiste ich nicht, ich gewichte das gleich. Notwendigerweise ist auch das Bild vom Chaosmos eine scheinbar so blasse Allgemeinheit, weil es eben so allgemein und universal und fundamental ist. Wie soll das Fundamentalste den anders sein als sehr, sehr allgemein?  Wenn man aber diesen Chaosmos sieht, seine Stabilisierungen und Verformungen, hat man die Welt gesehen. Ich halte es zwar nicht für unmöglich, sehe aber nicht, wie es etwas noch Grundsätzlicheres geben kann als den Chaosmos. Sogar mathematisch betrachtet ist jedes dynamische System – und damit jegliche mögliche Welt – ein Zusammenspiel von Ordnung und Zufall, also ein Chaosmos. Meine Metaphysik von Chaosmos trifft sich also nicht mit einer fortgeschrittenen oder profunderen Physik, sondern in der ortlosen ewigen Allgemeinheit der Mathematik. Die unabhängig von der inneren Beschaffenheit unseres Universums ist. Wenn sich die Naturkonstanten und damit die innere Beschaffenheit und die Qualität des Universums ändert, ist die Metaphysik vom Chaosmos weiterhin anwendbar, da sie allgemeinerer und unzerstörbarerer Natur ist. Das ist gut, denn so überblicke ich die Metaphysik von allen möglichen Universen.

Die Kunst kann nie sicher sein, ob sie objektiv richtig oder falsch ist, da es dafür keine objektiven Kriterien in der Welt gibt, da sie eine Verbindung von subjektiven und objektiven Anteilen ist (es gilt daher, die Kunst so profund zu machen, dass sie zum Objektiven und Unumstößlichen vordringt; was nur geschehen kann über eine absolute Reinigung des Geistes und einer absoluten Reinigung innerhalb der Kunst). Die Wissenschaft wird nie mit sich fertig und ist nie endgültig. Das ist ihr Unglück und das ist ihr Glück. Der Naturwissenschafter weiß nie, wie nahe er schon am endgültigen Sein ist. Bei den Sozial- und Geisteswissenschaften kommt neben ihren an sich weniger klaren Gegenständen noch dazu, dass der Blick auf diese Gegenstände interpretativ ist (und zu je mehr interpretativen und intellektuellen Blickwinkel auf das Soziale und Geistige imstande ist, desto näher ist man am Verständnis des Sozialen und des Geistigen und desto näher ist man am absoluten Geist in der absoluten Form). Der Gottesmann ruht sicher im Glauben. So stellen wir uns das große Glück vor aller Sterblichen. Allerdings kann der Gottesmann nicht sicher sein, dass er diesen Glauben nicht irgendwann verliert (abgesehen davon, dass das Leben des Gottesmannes gar nicht einfach sein muss, in Bezug auf seinen neurotisch-asketischen Lebensvollzug, den Versuchungen des Teufels, denen er sich ständig ausgesetzt fühlt und die er beständig abwehren muss und allgemein der Fassade, die er meistens aufrechterhalten muss). Die Mathematikerin einzig ist absolut sicher. Der von ihr freigelegte mathematische Beweis oder dergleichen ist ewig und unzerstörbar, selbst wenn sich Struktur des Universums verändert. Diese absolute Sicherheit des Geistes kann es also nur über so etwas wie der Mathematik geben. Ich habe gesagt, ich habe mittlerweile den Eindruck, gar nicht mehr so was wie Kunst, Wissenschaft oder Philosophie freizulegen, sondern etwas so Profundes und Universales wie die Mathematik, eine Mathematik der Seinsqualitäten, eine Mathematik des In-der-Welt-seins. Deren Robustheit und mit so einer Struktur belastet zu sein, bringt mich fast um. Ich muss diese Mathematik unbedingt bekannt machen. Der Geist ist schließlich dazu da, dass er mit anderen Geistern sich verbindet. Derweil lebe ich in der so gut wie absoluten Sicherheit dieser Mathematik.

Der absolute Geist in der absoluten Form mag gleichgültig, unbeteiligt, unpraktisch und unpolitisch wirken. Natürlich ist aber nichts an allem beteiligter und es ist nichts politischer als eben der absolute Geist in der absoluten Form! Was der Geist gundsätzlich tut, ist zu reflektieren um sachlich richtige Unterscheidungen zu treffen und gute Dinge zusammenzuführen, um den allgemeinen Nutzen zu maximieren. Damit ist der absolute Geist in der absoluten Form eminent politisch. Natürlich nicht in dem herkömmlichen Sinn, wonach es politischen Menschen und innerhalb der Politik meistens darum geht, den eigenen, subjektiven Standpunkt durchzusetzen. Der absolute Geist in der absoluten Form ist politisch, insofern Politik letztendlich das Management von sozialer und menschlicher Diversität ist. Er sitzt vor der Wand der Erscheinungen dieser Diversität und meditiert sie. Er mischt sich aber in die Kämpfe dieser Diversitäten nicht unmittelbar ein, da er dafür zu allgemein ist. Er wird reflektieren, wie man politische Probleme lösen kann. Wenn er danach gefragt wird. Es kann natürlich, um ein weiteres Mal so sein, dass der absolute Geist in der absoluten Form danach eben nicht gefragt wird. Indem der absolute Geist in der absoluten Form die relativen Positionen und die Segmentierungen überwindet, wird er sich bei den Relativierungen und Segmentierungen immer wieder sehr unbeliebt machen, insofern die Segmentierungen in der Regel gerne an sich festhalten und die relativen Blickwinkel sich am liebsten absolut setzen. Am vollständigsten mag es die Relativierungen und Segmentierungen empören und die Parteigeister, wenn sie sehen, dass sie auch das relative Zentrum der Welt nicht sind (dass man selber nicht das absolute Zentrum der Welt ist, ist für jeden, abgesehen von Fanatikern, einleuchtend), sondern ein Stein im Weltmosaik unter anderen. Der absolute Geist in der absoluten Form kann aber ein solcher nur sein, wenn er politisch und unpolitisch ist, beteiligt und unbeteiligt, die Politik als ganze betrachtend, dabei keiner politischen Liebhaberei anhängend. Abermals hat man hier den meditativ-penetrativen Blick. Der absolute Geist in der absoluten Form ist ja auch kein absolutes Zentrum. Der absolute Geist in der absoluten Form ist deswegen das, was er ist, indem er das Weltmosaik einer zentrumslosen Welt absolut betrachtet (und versucht, Zentren darin zu finden). 

Wenn man davon spricht, nicht eine Philosophie zu machen, sondern die Philosophie, steht das in unweigerlicher Verbindung mit der Meta-Philosophie, von der ich auch bereits dann und wann gesprochen habe. Die Philosophie muss eine Meta-Philosophie sein, die über allen philosophischen Systemen stattfindet und diese reflektiert. Der Meta-Philosoph bewegt sich über allen philosophischen Systemen. Er wandelt auf dem Dachkamm der Welt, unter seinem Schritt knirschen die philosophischen Systeme, sowie die Moralsysteme. Sokrates ist so gewandelt, Kierkegaard, Nietzsche oder Wittgenstein. Man könnte meinen, der knirschende Gang der Meta-Philosophen zerstört die Systeme, zerstört die Ordnung in der Welt. Was die Meta-Philosophen aber tun, ist, vom Blickwinkel einer höheren Dimension aus, Licht und Schatten in Systeme und Ordnungen zu werfen. Die Meta-Philosophen sprengen die menschliche Matrix und legen den Blick auf die menschliche Matrix frei: wonach Menschen sowohl Einzelwesen als auch Kollektivwesen sind, ein Zufall, der mit einer Ordnung konfrontiert ist und umgekehrt; und die Aufgabe darin besteht, daraus eine Win-Win-Situation zu generieren. Die Meta-Philosophen, als enigmatische Verkörperungen der enigmatischen Matrix, sind extreme Individuen, die gleichzeitig einen extremen Überblick über die Ordnung und das Gesetz in sich tragen. Sie sprengen die Systeme und die Moralsysteme, servieren aber Anschauung, Idee und Beispiel vom absolut kompetenten Individuum. Das ist ihre Leistung. Ich will auch irgendeine Leistung erbringen, denn ich bin ja pflichtbewusst. Dass ich in der praktischen Welt absolut keine Leistung erbringe, hoffe ich wiedergutzumachen, indem ich die meta-philosophische Leistung der Freisetzung des absoluten Geistes in der absoluten Form erbringe. Das ist dann auch keine kleine Leistung. Denn vor allem sehen die Meta-Philosophen, in und trotz all ihrem zerstörerischen Werk was, das so robust ist, dass es über die Robustheit aller philosophischer Systeme hinausgeht, so etwas wie das Weltgitter, an das sie gespannt sind, das Welt-Koordinatensystem, entlang dessen ihr Geist verläuft, die Mathematik des In-der-Welt-Seins. Wie auch immer man das bezeichnen mag oder wie es ihnen jeweils erscheint. Daran haben die Meta-Philosophen ungemein schwer zu tragen und sind daran angespannt, wie an ein Folterinstrument; das Folterinstrument der Welt. Meta-Philosophen wie Sokrates, Kierkegaard, Nietzsche, Wittgenstein oder Otto Weininger hatten viel schwerer zu tragen und waren viel stärker angespannt als es bei Philosophen gemeinhin der Fall ist. Das ist dann keine kleine Leistung.

Der absolute Geist in der absoluten Form und also das Absolute. Wenn mich eine fragt: Was ist denn deine Homepage da, was soll das denn sein? So antworte ich möglicherweise: Das ist die Unendlichkeit (des Geistes)! Oder: Das ist das Absolute. Der absolute Geist in der absoluten Form ist unendlich und absolut. Das Absolute ist einerseits allumfassend und unumstößlich, andererseits getrennt und eine andere Ordnung als das Relative und Kontingente. Insofern die Kommunikation zwischen dem relativen und dem absoluten Denken schwer gestört und ungleichzeitig ist, das relative und das absolute Denken zwei sehr verschiedene Qualitäten sind, ist das Absolute auch immer bedroht, das Einsame zu sein (was es ihm also verunmöglicht, tatsächlich als das Absolute zu wirken). Insofern das Absolute sich selbst vollständig durchdringt und prozessiert, eine Meditation, die die Gegenstände der Welt als auch die Meditation über diese Meditation beinhaltet, ist sich das Absolute auch selbst genug. Allerdings kann es sich dann eben nicht mit der Welt verbinden und in der Welt wirken, somit ist es nur relativ absolut. Allerdings weiter ist das Absolute notwendigerweise von einer Relativität durchzogen, sonst kann es sich gar nicht prozessieren und Unterscheidungen treffen. Das Absolute ist das alles Zusammenfassende und daher auch von allem ein wenig verschieden. Diese Relativität ist überall und nirgends vollständig vorhanden, wie ein Zeiger bewegt es sich in der Uhr des Absoluten, die eben nur über die Anzeige des Relativen (im Absoluten) Sinn macht. Man fühlt aber: Es gibt in unserem relativen Sein eine Anwesenheit des Absoluten, eine Parusie mit dem Absoluten. Der absolute Geist in der absoluten Form durchdenkt das Sein und durchwirkt geistig das Sein. Das Absolute ist im Sein vorhanden, das Streben nach dem Absoluten lässt uns das Sein tiefer erfahren. Widerstände gegen Erfahrung müssen weggeräumt werden. In mir ist nichts Festes und es gibt keine Widerstände, es ist da ein farbiger Nebel der sich durch sich selbst wälzt, in unregelmäßigen Formen. Es gibt da keine (krankhafte) Psychologie, sondern nur Klarheit und Philosophie. Das Absolute ist das was sich absolut selbst durchdringt. Der absolute Geist in der absoluten Form durchdringt sich so weit, als das eben relativ für ihn möglich ist. Aristoteles sagt, der fortschreitende Geist ist in die Reflexion über immer mehr Gegenstände der Welt versunken. Gott letztendlich, der diese Gegenstände beinhaltet, ist in die Reflexion über sich selbst versunken. So in der Art ist also der absolute Geist in der absoluten Form. Gott ist von seiner Schöpfung unter- und verschieden. Das ist die Relativität Gottes gegenüber der Schöpfung, die wiederum nach dem Göttlichen, dem Absoluten strebt. Der absolute Geist in der absoluten Form ist eine Annäherung an dieses Göttliche.

Man mag sich den Geist und den absoluten Geist in der absoluten Form als harmonisch und befriedet vorstellen, als ätherisch. Die übersinnliche Welt (die der Geist anschaut, Anm.), ist hiermit ein ruhiges Reich von Gesetzen; wie es in der Phänomenologie des Geistes steht. Tatsächlich ist er das, befriedet und in absoluter Ruhe, wenngleich nur entlang einiger seiner dimensionalen Achsen. Denn neben diesem in-sich-Ruhen ist der Geist rege Tätigkeit. Der Geist ist am wenigsten in Ruhe und Harmonie, und am allerwenigsten der absolute Geist in der absoluten Form. Der absolute Geist in der absoluten Form ist ständige Hyper- und Metareflexion, und was er produziert, versteht er als vorläufige Ergebnisse und eventuell experimentelle Anschauungen. Diese Gleichzeitigkeit von Ruhe und Agitiertheit adäquat zu verstehen, ist selbst für den absoluten Geist in der absoluten Form ein wenig schwer. Aber notwendigerweise ist der absolute Geist in der absoluten Form Einheit der Gegensätze. Bedenke, die Begegnung des Geistes mit sich selbst und die Öffnung des Geistes hin in den offenen Raum über die Erleuchtung ist nichts Einfaches, sondern recht Kompliziertes und passiert über gottsuchende Anstrengung und Askese in der Wüste. Der Weg zum Satori führt über das superkomplexe Koan. Die Offenheit des Geistes ist gleichzeitig seine extreme Ausdifferenziertheit. Durch Hyper- und Metareflexion schließlich sprengt der Geist die materielle Hyle der Dinge. Indem er die materielle Hyle seiner Gegenstände sprengt, wird er absolut und frei. Dann ist er der absolute Geist in der absoluten Form. Der große Geist gleicht bekanntermaßen dem offenen Raum. Gleichzeitig finden im großen Geist unermüdliche Prozesse statt, Reflexionen, die teilweise hohe Wellen schlagen. Und nur wenn das passiert, prägt sich Geist aus und gleicht immer mehr dem offenen Raum, in seiner zunehmenden Unbeschränktheit. Was kümmert es das Meer in seiner Ruhe und seiner Selbstversunkenheit, wenn dort und da hohe Wellen schlagen?

Der absolute Geist in der absoluten Form ist alles andere als ohne weiteres zu mir gekommen. Ich habe ihn – so – auch gar nicht angestrebt, nicht einmal von ihm gewusst. So wie die Menschheit bislang noch nichts weiß vom absoluten Geist in der absoluten Form. Lange hat es gedauert, bis dass sich diese höchst exzentrischen und idiosynkratischen Formen, die mein Geist und mein Erleben stets produziert hat, zusammenfügen, zusammenpassen, ineinandergreifen wie Zahnräder in einem gigantischen Uhrwerk: das ist das, was fortwährend nun passiert. Lange habe ich mich für eher geistlos gehalten, aufgrund der Unbestechlichkeit meines Geistes. Bis ich endlich das Buch vom seltsamen und unproduktiven Denken beendet hatte, hatte ich noch keine systematische philosophische Basis und daher kein einheitliches Bewusstsein, keinen einheitlichen Geist. Aber es ist halt einfach so, dass das dauert, bis dass sich so was entwickelt, bis dass alles ineinandergreift, bis dass Geist produziert wird. Mittlerweile ist das Netz meines Wissens schon sehr umfassend und sehr dicht und dadurch sehr robust. Es lässt sich nicht mehr vom Tisch wischen. Seit jüngerem produziere ich, vor allem, überhaupt am absoluten Geist in der absoluten Form. Der Albtraum des Werdens ist zu Ende, mein Geist ist im Sein angelangt. Es ist ein Sein im Werden und ein Werden, das ist. Das ist somit das absolute und stabilisierte Werden und das absolute und stabilisierte Sein (die logischerweise jeweils aufeinander verweisen und ineinander gegenseitig geborgen sind: das ist der Chaosmos). Was meine Wenigkeit anlangt, so kann man sich ansehen, was an den Grenzen des Denkens passiert und wie diese Grenzen durch mich weiter hinausgeschoben werden, der Raum des Denkens und des Erlebens also erweitert wird. Daher ist es wichtig, dass ich Zeugnis ablege von meinem Denken und meinem Geist, denn es ist von allgemeiner Wichtigkeit und Bedeutsamkeit. Ich aber hatte immer die Eigenart, Dinge nicht auf mich bezogen, sondern objektiv zu betrachten und dahingehend, wie man eine Sache so ordnen kann, dass es objektiv-moralisch den meisten Sinn macht. Natürlich musste ich auch das ausprägen, aber es wird wohl so sein, dass diese selbstlose und objektive Betrachtungsart bei den meisten peripher ist, während sie bei mir das eigentliche Zentrum ist, und ein jeder gravitiert viel eher zum Zentrum anstatt zur Charakterperipherie. Daher ist der absolute Geist in der absoluten Form, der auf einer solchen Disposition beruht, wohl so selten; dabei aber notwendig. Bislang weiß die Menschheit noch nichts vom absoluten Geist in der absoluten Form. Deshalb fühle ich mich verpflichtet, das zu tun, und will hiermit Zeugnis ablegen von der Beschaffenheit und den Qualitäten vom absoluten Geist in der absoluten Form.

Da die sozialen Einrichtungen durchgängig durch Bewegungen der Erde beunruhigt werden, – so vieler anderer angehäufter und unerledigter Krisen nicht zu gedenken, –

Würde es ein wunderbares Schauspiel, freilich aber nicht für zeitgenössische, irdische Wesen sein, dem Geist der Menschheit erkennend nachzugeben, der über all diesen Erscheinungen schwebend und doch mit allem verflochten, sich eine neue Wohnung baut. Wer hiervon eine Ahnung hätte, würde des Glückes und Unglückes völlig vergessen und in lauter Sehnsucht nach dieser Erkenntnis dahinleben.

Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen

KW 4 2021