R.I.P. Hermes Phettberg

„Ich kam nie zur Ruhe: Am Tag danach, Fr: 11:12:2015, schob mich Sir eze mit dem 57A in die Galerie „Karenina“ nach Wien 1., Opernring 21/2. Stock/Tür 12, zur Lesung der heute unvorstellbar großen Dichterpersönlichkeit PHILIP HAUTMANN.

Er las aus seinen Texten: Erstens: „Yorick. Ein Mensch in Schwierigkeiten“ (2010), zweitens: „Der uninterpretierbare Traum“ (2015) drittens: „Das Buch vom seltsamen und unproduktiven Denken“ (2015). Sir Philip Hautmann’s Hirn thront auf seinem Körper, vollbegossen mit Sperma. Unvorstellbar, dass soetwas Göttliches heute noch aufblühen kann! Philip sitzt unter seinem Hirn und schreibt sekundenpenetrant mit, was sich gerade durch sein Hirn schießt.“

Das war ein schöner, sensibler Mensch. Aus seinen lebenslangen Depressionen hat er leider erst herausgefunden, als ihn seine vielen Schlaganfälle mehr oder weniger zum Schwerbehinderten gemacht hatten. Aber da war er dann geradezu von einer Lebensgier getrieben, und wollte überall hin, trotz seiner sehr eingeschränkten Mobilität. Wenn er bei einer Veranstaltung oder sonstwo war, hat er sich nach jedem umgesehen, der reinkam, alles erregte seine Aufmerksamkeit. Also ein sehr achtsamer Mensch, von der Gumpendorferstraße; ganz anders als die üblichen Menschen-Zombies, die über die Mariahilferstraße laufen und die sich nach nichts umsehen, und deren Aufmerksamkeit scheinbar nur durch Brände oder krachende Verkehrsunfälle erregt werden und dahin abgelenkt werden kann: das ist ihr Verhältnis zur Welt. Leider konnte ich mich mit ihm kaum unterhalten, weil er ja nur mehr schlecht sprechen konnte. Aber wir haben uns verstanden und durchschaut. Ich bin ihm auch früher im Leben schon mal begegnet, in den 1990er Jahren, als er am Zenit seines Ruhmes war, denn er war kurioserweise ein Bekannter meines Freundes David, der leider mittlerweile ebenfalls gestorben ist. Ich war damals ein gottähnlich schöner junger Metaller mit langen Haaren und, bei der Gelegenheit, einer eng anliegenden Lederhose. Das hat seine Aufmerksamkeit sichtlich erregt, aber angemacht hat er mich nicht. Es hat mir auch irgendwie leid getan, dass ich ihn so, ungewollt, quasi provoziert habe, aber geben konnte ich ihm nichts, denn insgesamt hätte ich ihm gerne mehr gegeben. Naja, dafür hat er später meine Bücher bekommen. Wie es Hermes in seinen letzten Jahren gegangen ist, weiß ich nicht, da ich ihn da nicht mehr gesehen habe. Leider finde ich auch keine Fotos von ihm und mir mehr wieder, aber es waren auch keine guten Fotos, da er einfach schon sehr krank war. Zum Begräbnis kann ich nicht, da ich weit weg weile. Tut mir leid auch für dich, Eze.

Na gut, doch noch gefunden. Aber es ist kein angenehmes Foto.