Kommissarin Galehr fährt zum Tatort, der Firma, wo ein spektakuläres Verbrechen stattgefunden hat: Die rumänische Diebesbande hat in der Firma alles gestohlen! Kommissarin Galehr ist zuversichtlich, die Gaunerbande endlich auszuheben und freut sich, am Tatort neue Männer kennenzulernen, da sie sich hinter ihrer schroffen und für ihre Umwelt oft rätselhaften Fassade nichts sehnlicher wünscht als einen Mann. Bald stellt sich heraus: In der Firma gibt es nur Idioten, und die Verhöre gestalten sich schwieriger als Kommissarin Galehr es erwartet hatte. Da ist die despotische, übellaunige Chefsekretärin Olga, die von einem Augenblick zum anderen freilich zu einem freundlichen und redseligen Wesen wird, wenn man ihr Gelegenheit gibt, über ihr Privatleben oder ihren letzten Urlaub zu plaudern. Die befremdliche Natalie, die für jeden statt einem normalen Gruß nur ein abschätziges kurzes Lachen bereit hat und selten antwortet wenn sie was gefragt wird, freilich aber ganz freundlich wird, wenn es darum geht, dass man ihr ihr selbstgebackenes Brot abkauft. Der halbbeschäftigte alternde Philosoph und Schriftsteller ohne Namen, der stets zwanghaft und reflektierend von seiner „Mittelmäßigkeit“ redet und darüber brütet und dessen Verhalten und Innenleben so verworren ist, dass man es kaum für möglich halten würde. Der dicke und gutmütige Lasse Benissen, der sich bei den harmlosesten Gelegenheiten und oft gänzlich unerwartet in die Ecke gedrängt fühlt, und dann nervös – aggressiv – unbeholfen sofort damit droht, die Polizei zu holen, die Anwälte, die Gerichte einzuschalten, das Innenministerium u. dergl., und der nicht zur Ruhe kommt bevor er nicht lange, penible Eingaben bei der Firma gemacht hat. Der rätselhafte, undurchsichtige, stets nur nachts, oftmals aber auch gar nicht arbeitende EDV – Techniker John, der zwar sehr beflissen ist, Kommissarin Galehr mit Informationen und Einschätzungen zu füttern, dessen Aussagen jedoch fast immer widersprüchlich sind oder sich überhaupt gegenseitig ausschließen, sofern sie nicht mit der Realität gleich gar nichts zu tun haben. Watscheslav, der Firmenkasperl und Scherzbold, der alle aufheitert, aber auf dem Höhepunkt seiner Witzvorträge immer wieder plötzlich inne hält und dann zu weinen anfängt aus Schuldgefühl, „so fröhlich zu sein, während sein armes Polen gedemütigt in Ketten liegt.“ Yussuf, Atef und Göcksel, die sich die ganze Zeit über ihre eigene geistige und sprachliche Primitivität und ihren mangelnden Willen, sich in die heimische Kultur zu integrieren, selbstironisch lustig machen, oder aber ihren homosexuellen Kollegen, den verschüchterten Heinerle, drangsalieren, dem dann niemand in der Firma hilft. Die Hausfrauen und Mütter jenseits der Fünfzig, die überall gleich sind. Das geschwätzige, tuschelnde und ständig kichernde Eiserne Dreieck, das boshaft alle Leute ausrichtet, vor allen Dingen schwache, zu dem sich Kommissarin Galehr freilich unweigerlich hinzugezogen fühlt. Und über all dem thront als Chef der weltfremde Althippie Werner. Kommissarin Galehr findet zwar heraus, dass 98 Prozent der Angehörigen der Firma glauben, dass die Juden an der Weltwirtschaftskrise „zumindest mitschuldig“ sind oder dass ein Viertel nicht weiß, wer den letzten Weltkrieg gewonnen hat, und stößt überhaupt auf eine schier unglaubliche Ahnungslosigkeit und Begriffsstutzigkeit der Leute gegenüber Angelegenheiten, die nicht unmittelbar den kleinsten, persönlichsten Lebensumkreis betreffen, im Hinblick auf die Täter tappt sie jedoch mehr und mehr im Dunkeln, und scheint wichtige Spuren zu übersehen, während sie die Falschen (unter anderem die von dem EDV – Techniker John absichtslos ins Blickfeld gerückten) konsequent verfolgt – und dann dieser Sexismus bei der Polizei! Auch ihre ansonsten bestens bewährte Intuition scheint Kommissarin Galehr im Stich zu lassen: Die Sterne, die sie jeden Morgen nach ihrer eigenen Methode berechnet, scheinen zu lügen, und ihre Träume scheinen so sinnlos, dass sie auch mit Hilfe von ihrem bewährtem „Handbuch der Traumdeutung“ nicht schlau daraus werden kann. Gleichzeitig hat es Kommissarin Galehr in ihrem Privatleben nicht einfach, wo sie an einer schrecklichen Einsamkeit und sexuellen Frustration leidet, da sie ja auch schließlich jeden Mann, dem sie begegnet, reflexmäßig als Idioten abqualifiziert. Kommissarin Galehr weiß natürlich, dass das allein eine Rationalisierung der Ergebnisse ist, die ihre sehr niedrige soziale und emotionale Intelligenz mit sich bringen. Doch trotzdem sie den Zusammenhang erkennt, kann Kommissarin Galehr da gar nichts dagegen machen. Da bringt die italienische Firmenputzfachkraft Silvio mit seinem hochgradig primitiven, aber hochgradig wirksamen Charme Kommissarin Galehr jedoch ganz, und gegen ihren Willen, aus der Fassung! Ist sie eine Idiotin, wenn sie auf den hochgradig primitiven, aber hochgradig wirksamen Charme von Silvio reinfällt? Oder ist sie eine Idiotin, wenn sie auf den hochgradig primitiven, aber hochgradig wirksamen Charme von Silvio nicht reinfällt? Fragen ihres Herzens, über die die unentschlossene Kommissarin Galehr den eigentlichen Fall immer mehr aus den Augen zu verlieren droht, und von der rumänischen Diebesbande, die alles gestohlen hat, verliert sich Spur um Spur. Doch war es denn wirklich die rumänische Diebesbande, die alles gestohlen hat?
(2009)