Kameradschaft mit der Wirklichkeit / Bergson, de Chirico

 

„Man erhält nicht von der Wirklichkeit eine Intuition, wenn man nicht ihr Zutrauen durch eine lange Kameradschaft mit ihren Offenbarungen gewonnen hat. Und es handelt sich nicht bloß darum, sich die bedeutsamsten Tatsachen zu eigen machen; man muss eine ungeheure Masse anhäufen und zusammenschmelzen … So nur wird die rohe Stofflichkeit der Tatsachen aufgehoben.“

Henri Bergson, Schöpferische Entwicklung

cook spaghetti fire

„Vor allem ist ein großes Feingefühl nötig. Sich alles auf der Welt als Rätsel vorstellen, nicht nur die großen Fragen, die man sich immer wieder gestellt hat – warum die Welt erschaffen wurde, warum wir geboren werden, leben und sterben -, denn vielleicht liegt in all dem, wie ich schon gesagt habe, kein Sinn. Aber das Rätsel mancher Dinge verstehen, die im Allgemeinen als belanglos betrachtet werden. Das Geheimnis mancher Phänomene im Bereich der Gefühle, der Merkmale eines Volkes spüren, so weit kommen, dass man sich sogar die schöpferischen Genies als Dinge vorstellt, als äußerst merkwürdige Dinge, die wir nach allen Seiten drehen und wenden. Auf der Welt leben wie in einem unermesslichen Museum voller Seltsamkeiten, voller wunderlicher, bunt gescheckter Spielsachen, die immer wieder anders aussehen, die wir manchmal kaputt machen, um zu sehen, was drinnen ist, und enttäuscht merken, dass sie leer sind. – Die unsichtbaren Bande, die ein Volk mit seinen Schöpfungen vereinen. – Zum Beispiel, warum die Häuser in Frankreich auf ihre bestimmte Weise gebaut sind und nicht anders; man kann noch so viel Geschichte zitieren; die Gründe nennen, die zu dem oder zu jenem beigetragen haben, man beschreibt, doch erklärt man nichts, aus dem ewigen Grund, dass es nichts zu erklären gibt und das Rätsel doch immer bleibt.“

Giorgio de Chirico, Das Geheimnis der Arkade

dream wiese12 heaven